Schreckliche Bilder des Hochwassers aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland Pfalz haben in den vergangenen Wochen die Medienwelt dominiert. Egal ob im Fernsehen, Radio, der Zeitung oder im Internet – die Wucht der Zerstörung sprengte jede Vorstellungskraft. Auch bei uns am Hochrhein kam es zu Überschwemmungen und vollgelaufenen Kellern. Aber wie kommen Tiere mit solchen Extremsituationen zurecht?

Yonca Thurner, Vorsitzende der Ortsgruppe des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Waldshut-Tiengen, glaub nicht, dass bei einem Hochwasser viele Wildtiere ertrinken: „Betroffener sind sicherlich die Nutz- und Haustiere. Wenn sie in den Häusern zurückgelassen werden, ertrinken sie dort einfach.“

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Gerade beliebte Haustiere wie Kaninchen, Katzen oder Hunde sieht sie bei einem Hochwasser in der Falle. Für Wildtiere sei die Gefahr dagegen nicht so groß, da sie flexibel reagieren könnten. „Wenn sie die Möglichkeit haben auszuweichen, werden sie das auch tun. Außerdem können alle Säugetiere, im Gegensatz zum Menschen, spontan schwimmen“, erklärt Thurner.

Für Wildtiere sei die Gefahr nicht so groß, da sie flexibel reagieren können. „Alle Säugetiere, im Gegensatz zum Menschen, können spontan schwimmen. Wenn sie die Möglichkeit haben auszuweichen, werden sie das auch tun.“ Die Population bei Wildtieren werde deshalb nicht beeinflusst, wenn dann nur einzelne Tiere.

Treibholz als Lebensretter

Gerade große Flüsse wie der Rhein haben ihre Phasen, in denen sie immer wieder einen hohen Pegel haben. Volker Späth, Forstwirt und Leiter des Instituts für Landschaftsökologie und Naturschutz, erklärt: „Durch die Regelmäßigkeit solcher Hochwasserlagen sind die dort lebenden Tiere und Pflanzen daran angepasst.“ Gerade Säugetiere würden das Hochwasser kennen und genau wissen, wo sie hinmüssen, wenn das Wasser steigt. „Dann suchen sie sich vorübergehend eine neue Bleibe und leben einige Tage oder Wochen in höher gelegenen Gebieten“, so Späth.

Bei starker Strömung rettet die Feuerwehr Laufenburg eine Kuh aus dem Rhein: Eine solche Rettungsaktion wie hier im Jahr 2019 kommt am ...
Bei starker Strömung rettet die Feuerwehr Laufenburg eine Kuh aus dem Rhein: Eine solche Rettungsaktion wie hier im Jahr 2019 kommt am Rhein normalerweise nur sehr selten vor. | Bild: Feuerwehr Laufenburg

Problematisch werde es nur, wenn das Hochwasser tagsüber sehr schnell kommt. Rehe beispielsweise seien keine guten Schwimmer und könnten während des Schlafs überrascht werden. „Ein Fuchs dagegen kann schon auch mal auf einen Baum klettern“, weiß der Forstwirt. Selbst Rinder würden bei Hochwasser selbstständig in höher gelegene Weiden laufen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. „Die Natur braucht einfach nur Platz und regelmäßiges Training, dann sollten die meisten Situationen kein Problem sein.“

Meike Kleinwächter, Leiterin des Auenökologischen Zentrums des BUND, scherzt: „Beim Hochwasser ist fliegen ist das Mittel der Wahl.“ Was sie damit meint: Alles und jeder würde versuchen, sich in Sicherheit zu bringen. „In tieferen Gebieten kommt ein Hochwasser ja doch häufig mit Ankündigung. Dann können sich die Tiere frühzeitig aus den Hochwassergebieten zurückziehen“, schließt sie sich Volker Späth an. Schwierig sei es dagegen in bergigen Gebieten. Dort komme ein Hochwasser häufig schnell und unvorhersehbar.

Kleine Nager im Nachteil

„Da hat dann sicherlich auch mal das ein oder andere Tier das Nachsehen“, sagt Kleinwächter. Vor allem kleinere Tiere die in Höhlen im Erdreich hausen betreffe es öfter. „Nagetiere können zwar schwimmen, aber wenn sie Jungtiere haben, erwischt es zumindest diese“, meint Kleinwächter. Auch wenn Tiere ein sensibleres Wetterempfinden haben, glaubt die Auenökologin nicht, dass sie im Vorhinein spüren, ob und wann es zu einem Hochwasser kommt. „Klar bekommen Tiere mit, dass es viel regnet und ihr Territorium nass wird, aber genau vorhersagen können sie es nicht.“

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Ist es dann doch mal soweit, reagieren vor allem Insekten kreativ, weiß die Auenökologin: „Sie nutzen alles, was in der Landschaft herausragt oder auf dem Wasser als Floß benutzt werden kann. Es kam auch schon vor, dass Menschen von Spinnen und Insekten als Rettungsinsel verwendet wurden.“ So wie Insekten würden auch andere Tiere bei Hochwasser Dinge wie Treibholz oder Ähnliches suchen, um sich zu retten. Im freien Gelände werde jede Erhöhung genutzt. „Bei Renaturierungen werden vielerorts direkt Wildtierrettungshügel mitberücksichtigt, auf die sich Tiere flüchten können, um eben einem Hochwasser zu entkommen.“

Arten sind gut angepasst

Bei größeren Flüssen wie dem Rhein ist häufig die Schneeschmelze im Quellgebiet im Frühjahr verantwortlich für ein Hochwasser. Die Tiere bekommen zwar nicht mit, wann wie viel Schnee schmilzt, aber durch regelmäßige Schmelzen über Jahrtausende hinweg, passten sich die Auenarten an diese Umstände an. Auenarten sind Tiere und Pflanzen, die in der Natur entlang von Bächen und Flüssen leben.

Laut Kleinwächter gebe es sogar Tiere und Pflanzen, die auf Störungen wie regelmäßige Hochwasser angewiesen sind. „Amphibien beispielsweise beeinflusst die Hitze der vergangenen Jahre stark. Sie trocknen aus. Dieses Jahr hat ihnen mit Sicherheit gutgetan“, erklärt Kleinwächter.

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Es gebe auch Fischarten, die darauf angewiesen sind, dass Altgewässer in der Aue hin und wieder geflutet werden. Der Hecht beispielsweise laiche in überfluteten Gebieten, da dort keine oder nur wenig Strömung herrsche. Eine natürliche Verknüpfung von Aue und dem dazugehörigen naturbelassenen Fluss sei heutzutage aber nicht mehr so häufig gegeben und die Bestände gingen zurück.

Meike Kleinwächter vom Auenökologischen Zentrums des BUND ist sich sicher: „Es gibt Verlierer im Tierreich bei Extremsituationen wie einem Hochwasser, aber das betrifft nicht unsere typischen Auenarten.“

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