12 Uhr: Das heißt in Deutschland traditionell, dass zu Mittag gegessen wird, ein warmes Gericht, womöglich ein mehrgängiges Menü. Ein zweigängiges Menü für vier Personen zubereiten – das ist hier die Aufgabe. Für die Vorspeise ist Knollensellerie vorgegeben, für das Hauptgericht Forellenfilet. Es ist praktische Prüfung und für vier junge Männer wird es ernst. Zwei machen ihre Abschlussprüfung als Fachkraft Küche, zwei absolvieren klassisch die dreijährige Kochlehre. Für sie ist es eine Teilprüfung, die zu 25 Prozent in die Endnote einfließt. Ort des Geschehens ist die Küche des Brauerei-Gasthofs Waldhaus an der B 500. Es ist Montag, Ruhetag und daher kein regulärer Betrieb.

Die IHK Hochrhein-Bodensee nimmt den Vieren die Prüfung ab. Sie heißen Alae Lakhal, Hiep le Van, Barnes Dandi Malan – und Finn Althoff. Sie kommen aus Marokko, Vietnam, Indonesien – und Deutschland. Drei haben Migrationshintergrund, einer kommt aus Weilheim. Drei sind aus dem Ausland – und der Deutsche, er macht die Kochausbildung im „Waldshuter Hof“ in Waldshut, ist der „Exot“.
Madagaskar ist der neue Trend
Es ist eine repräsentative Mischung, denn aus Marokko, Vietnam und Indonesien stammt aktuell ein Großteil migrantischer Fachkräfte in der deutschen Gastronomie. Und andere Staaten rücken nach: „Aktuell werden im Gastronomiebereich Verträge mit Azubis aus Madagaskar oder Indien eingereicht“, erklärt Sabine Gooßens, die IHK-Prüfungskoordinatorin. Vermittlungsagenturen vor Ort übernehmen den Papierkram, schauen, dass die Bewerberinnen und Bewerber über die nötigen Deutschkenntnisse verfügen: Das B1-Spachniveau wird dabei vorausgesetzt.

Fachkraft Küche – diese zweijährige Ausbildung gibt es erst seit August 2022 und sie zielt gerade auf Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund ab: verkürzt, praktisch orientiert, theoriereduziert und machbar auch ohne fehlerfreies Deutsch.
Großer Mangel an Fachkräften
Ende 2021 – direkt nach Corona – wurde der Riesenmangel an Fachkräften in der Gastronomie augenfällig. Deutsche hatten sich in der Krise daraus zurückgezogen und kehrten nicht mehr zurück. Die Branche musste gegensteuern – Migrantinnen und Migranten sollten die Lücke füllen. Inzwischen ist das Interesse riesig. Gooßens und die anwesenden Prüfer erzählen, dass regionale Gastrobetriebe teils regelrecht bombardiert würden mit Job- und Ausbildungsanfragen per E-Mail, gerade aus Marokko.
„Man merkt, sie wollen das wirklich, sie sehen das als große Chance“, sagt Maximilian Grether. Er bildet mit Peter Hartmann und Franziska Zimmermann die dreiköpfige Jury. Grether ist vom Hotel-Gasthof Sennhütte im Kleinen Wiesental, Hartmann vom „Adler“ in Oberlauchringen und Zimmermann Lehrerin an den Hauswirtschaftlichen Schulen Bad Säckingen.
Hartmann betont: „Mit einer deutschen Berufslehre ist man auf der ganzen Welt gesucht.“ Das duale System, bestehend aus Berufsschule und praktischer Ausbildung, sei international hoch anerkannt. Und das spricht sich herum: Rund 50 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der deutschen Gastronomie und Hotellerie sind aus dem Ausland, so viele wie in keinem anderen Wirtschaftszweig. Das meldet der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband.
Gutbürgerliche Küche aus Asien und Afrika
Das Prüfer-Trio in der Waldhaus-Küche ist sich einig: Ohne den Nachwuchs aus dem Ausland hätte so manches Gasthaus schon dichtmachen müssen. Auch Jan Bornhorst, bei Waldhaus angestellter Koch, er gibt den Vieren Hilfestellung in der ihnen fremden Küche, sieht das so.

Drei der vier Prüflinge machen eine Selleriesuppe. Einer, der Indonesier Barnes Dandi Malan, der im „Engel“ in Todtnauberg arbeitet, aber schneidet die Knolle in Scheiben, paniert sie, backt sie zu Sellerieschnitzeln aus und richtet das Gericht mit Feldsalat und karamellisierten Walnüssen an. Die Forellenfilets hat er mit frittiertem Lauch dekoriert. Dazu gibt es Kartoffeln und Blattspinat.
Grafenhausen als neue Heimat
Alae Lakhal, der im Rothaus-Brauereigasthof in Grafenhausen lernt, sagt: „Knollensellerie gibt es in Marokko nicht, nur Stangensellerie.“ Hiep le Van, der seine Kochausbildung in der „Tannenmühle“ in Grafenhausen absolviert, berichtet Ähnliches.

Und was kann Deutschland von den Einwanderern lernen? „In der Schnitttechnik sind uns gerade die Asiaten weit überlegen“, sagt Hartmann anerkennend und seine beiden Jurykollegen nicken. Auffallend: Die drei Prüfer halten sich weitgehend dezent im Hintergrund, rücken den vier Prüflingen nicht ganz nah auf die Pelle. „Einen gewissen Freiraum sollen sie haben“, sagt Hartmann, der schon seit mehr als 25 Jahren angehende Köchinnen und Köche prüft.
Doch dann rückt die Uhr doch stetig auf 12 Uhr vor – Zeit, für das Quartett, Suppe oder Vorspeise anzurichten. Bevor es so weit ist, erinnert sie Maximilian Grether noch an etwas: „Denkt daran, rechtzeitig die Teller warmzustellen“ – die Suppe sollte heiß sein.