Fast 1000 Jahre lang galt St. Blasien als mächtigste Abtei im Schwarzwald. Von etwa 855 bis 1806 nach Christus belebte ein Benediktinerkloster das Städtchen an der Alb. Ihrem heiligen Schutzpatron Blasius verdankt die Stadt ihren Namen. Und der riesige Dom mit seiner imposanten Kuppel ist heute noch Zeuge dieser wichtigen Zeit des Glaubens.
Schon bei der Anfahrt kann man seinen Augen kaum trauen – zu wuchtig wirkt die Domkuppel in grünlichem Kupferpatina mit ihren 62 Metern Höhe und 36 Metern Durchmesser. Sie ist tatsächlich die größte Kirchenkuppel nördlich der Alpen. Als Gast möchte man in der Domstadt verweilen, durch die Gärten und an der Flusspromenade rund um den Schwarzwalddom schlendern und sich Zeit für das Innere der beeindruckenden ehemaligen Klosterkirche nehmen. Hinter wuchtigen Massivholztüren überrascht weißer Marmor und lässt die Rotunde hell und heiter wirken.
Aufbruch in der Domstadt
Über die Jahrhunderte weitete das Kloster St. Blasien in der Region zwischen Schwarzwald, Hochrhein und der nahen Schweiz sein Herrschaftsgebiet immer weiter aus. Beschwerlich muss der lange Weg über Stock und Stein hinab in die Rheinebene damals für die Benediktiner gewesen sein. Wer möchte, kann heute auf dem rund 30 Kilometer langen Klosterweg auf den Spuren der einstigen Mönche wandern – und das wollen wir heute machen.
Von St. Blasien aus folgen wir dem Wanderwegweiser „Klosterweg“ mit gelber Raute den dem Dom gegenüberliegenden Hang hinauf. Über schattige Schotter-Waldwege erreichen wir bereits nach rund 30 Minuten den Windbergwasserfall. Tosend ist er nicht, aber mit seinen sechs Metern Gefälle doch recht hübsch anzusehen.
Entlang des Bachlaufs geht es über Wurzelpfade und moosbedeckte Steine entlang der Windbergschlucht wieder ein Stück weit hinab ins Tal und schließlich vorbei an wilden Wiesen hinauf an den Ortsrand der Gemeinde Häusern – einer einstigen Siedlung aus klösterlichen Höfen.
Nachdem wir mit etwas Geduld die stark befahrene Landstraße zwischen Häusern und St. Blasien überquert haben, werden wir linker Hand von einem Wegkreuz mit Marienfigur begrüßt.
Wir lassen den Verkehrslärm hinter uns und schreiten durch hohe Tannenwälder am östlichen Hang des Albtals in Richtung Süden. Nach etwa vier Kilometern erreichen wir den Aussichtspunkt „Obere Albtalschanze“.
Bis tief hinab ins Tal kann man hier den Blick schweifen lassen und bei einer Vesperpause auf einer Bank oder einer Himmelsliege grüne Wiesen und urige Höfe entdecken. Der Sage nach soll dieser Aussichtsfelsen den Mönchen einst als Beobachtungsposten gedient haben, um herannahende Eindringlinge im Albtal frühzeitig zu lokalisieren.
Der Wanderwegweiser verspricht in drei Kilometern den nächsten Höhepunkt am Wegesrand, das Naturschutzgebiet „Tiefenhäuserner Moor“.
Das Ziel im Kopf motiviert bei den etwas bergigen Abschnitten, ebenso wie üppige Heidelbeersträucher, blühende Wildblumen und verwunschene mit Moos bedeckte Wälder.
Der Eingang zum Hochmoor ist schließlich kaum zu verfehlen: Ein angelegter Weg und erhöhte Stege sollen Besucher dazu animieren, die Wege nicht zu verlassen, um die sensible Artenvielfalt nicht zu gefährden.
Bauern stachen hier in früheren Zeiten Torf. Doch 1951 wurde das Moor am Rande des Höchenschwander Ortsteils Tiefenhäusern zum Naturschutzgebiet ernannt. Pflanzen, die es nur in Hochmooren gibt, kann man hier zwischen den Wasserlöchern entdecken – darunter auch der fleischfressende Sonnentau. Durch die Feuchtigkeit im Boden steigen hier im Frühjahr und Herbst in frühen Morgenstunden weiße Nebelschwaden empor. Vielleicht hat dieses Naturphänomen dazu beigetragen, dass ein Frachtfuhrmann in der Vergangenheit einen Spukt beobachtet haben will: Ein Kloster soll an dieser Stelle einst gestanden haben, das laut Schwarzwald-Tourismus „auf geheimnisvolle Weise über Nacht in der Tiefe versunken sein soll.“ Um Mitternacht sollen hier seither drei weiß verschleierte Nonnen umherwandern, späten Heimkehrern ins Gesicht spucken und vorbeikommenden Liebespaaren einen Schrecken einjagen. „Mit lauten Wehklagen“ verschwinden sie dann plötzlich wieder im Moor.
Der Aufstieg ist geschafft
Mit dem Bild der spukenden Nonnen im Kopf wandern wir weiter und lassen die höchstgelegenen Gemeinden der Route hinter uns. Der Aufstieg ist erst mal geschafft. Nach rund 20 weiteren Minuten auf dem Klosterweg erreichen wir den historischen Landgasthof „Rössle“. In der alten Posthalterei aus dem Jahr 1762 können wir nicht nur Oldtimer-Traktoren anschauen, sondern uns auch mit modernen badischen Spezialitäten stärken. Im Sommer lockt ein malerischer Biergarten. An kälteren Tagen kann man die urige Gaststube mit Kachelöfen und Wandmalereien bestaunen und dabei Luft der Vergangenheit schnuppern.
Frisch gestärkt erreichen wir schon fünf Wegminuten weiter südlich die Johannes dem Täufer geweihte Johanneskapelle.
Heute weiden in einem mobilen Gehege neben dem „Käppele“ Alpakas. Vom Wegesrand aus beobachten wir erheitert die pelzigen Tierchen beim eifrigen Kauen und Lümmeln.
Über Feldwege nähern wir uns anschließend dem Forstrand, durchwandern ein kleines Wäldchen und erblicken bereits in der Ferne, hoch über Bannholz, den Hausberg der Gemeinde Weilheim „Gupfen“.
An klaren Tagen hat man hier einen spektakulären Blick auf die Schweizer Alpenkette im Süden und den Hotzenwald im Westen. Die Alpen wollen sich heute nicht zeigen. Wunderschön ist es hier oben trotzdem: Uralte Bäume spenden Schatten, ein Pavillon und eine Himmelsliege laden zum Verschnaufen ein.
Nur wenige Schritte weiter steht eine Entscheidung an.
Denn hier gabelt sich die fünfte Etappe des Klosterweges in zwei Varianten: Wir können über das Naturschutzgebiet Samlischbuck, wo man im Frühsommer wilde Orchideen, Enzianarten und Silberdisteln entdecken kann, nach Gurtweil wandern (rund 7,5 Kilometer). Am Zielpunkt befand sich von 1697 bis 1807 die Benediktinerpropstei des Klosters St. Blasien. Weil die Orchideen längst verblüht sind und die heute als „Schloss Gurtweil“ bezeichnete Propstei leider von einer hohen Mauer umgeben ist, entscheiden wir uns für Variante zwei: Über Waldkirch hinunter nach Waldshut.
Wir durchwandern Waldkirch und blicken dabei auf die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt.
Sie wurde 1758 erbaut und überrascht mit einer ungewöhnlichen Größe im Verhältnis zum recht kleinen Örtchen (unter 200 Einwohner). Noch ein Stück die befahrene Landstraße entlang, können wir nach einem Einsiedlerhof endlich wieder auf ruhige Feldwege abbiegen. Wir erfreuen uns an üppigen Streuobstwiesen, einem steinernen Wegkreuz und ganz viel Stille. Dann erreichen wir die „Waldkircher Kapelle“, die sich unter einer uralten Linde versteckt.
Teilweise steil bergab geht es nun durch die bunten Mischwälder des Haspel-Hangs nach Waldshut. Tief unten im Tal erkennen wir hier und da den glitzernden Rhein. In der Hauptstadt des Landkreises angekommen, erwartet uns eine wunderschöne Altstadt – und eine wohlverdeinte Stärkung, in einer der zahlreichen Gastronomien.
Die Wanderroute
Der Klosterweg hat eine Länge von 29,72 Kilometern, 505 Höhenmeter geht es hinauf, 922 hinunter. Ambitionierte Wanderer können die Route an einem Tag gehen oder die fünf Etappen gemütlicher angehen:
Etappe 1: St. Blasien – Häusern (3,5 Km)
Etappe 2: Häusern – Obere Albtalschanze (4 Km)
Etappe 3: Obere Albtalschanze – Tiefenhäusern (2,5 Km)
Etappe 4: Tiefenhäusern – Bannholz (4 Km)
Etappe 5 A: Bannholz – Waldshut (6 Km)
Etappe 5 B: Bannholz – Gurtweil (8 Km)
An- und Abreise:
Am Busbahnhof in St. Blasien und am Kornhaus in Waldshut stehen Parkhäuser zur Verfügung. Da der Weg auf großen Teilen nahe der Bundesstraße 500 verläuft, kann man außerdem die Buslinie 7322 zwischen Waldshut und St. Blasien für die An- und Abreise zu den verschiedenen Etappen nutzen. Haltestellen gibt es in St. Blasien, Häusern, Tiefenhäusern, Bannholz, Waldkirch und Waldshut. Informationen zum Fahrplan im Internet (www.wtv-online.de).