Aus einem Probebetrieb wird Dauerzustand. War das auf einem Anhänger montierte Gerät zur Geschwindigkeitsüberwachung 2024 nur für 13 Wochen im Stadtgebiet im Einsatz, soll es künftig das ganze Jahr über „blitzen“. Dafür, die Stadtverwaltung entsprechend zu beauftragen, stimmte jetzt der Gemeinderat in seiner jüngsten öffentlichen Sitzung. Ein einstimmiges Votum war es indes nicht. Es gab auch zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen.

Einnahmen in Höhe von 145.000 Euro

Der Abstimmung vorausgegangen war die Bilanz des Probebetriebs, die Ralph Albrecht, Leiter des städtischen Ordnungsamts, in der Sitzung zog. Und diese fiel positiv aus, auch finanziell. Denn in den 13 Wochen entstanden Ausgaben in Höhe von 47.000 Euro. Dem standen Einnahmen in Höhe von 145.000 Euro gegenüber, wie Albrecht ausführte. Es muss also ordentlich geblitzt haben zwischen August und November 2024, als das angemietete Gerät an insgesamt 13 Messstellen zum Einsatz kam – an der B 500, an Landes-, Kreis- und Kommunalstraßen und in Zonen mit Tempo 30.

Mit 115 statt mit erlaubten 50 unterwegs

Je vier Mal wurde in Waldshut und Tiengen geblitzt sowie fünf Mal in diversen Ortsteilen. Teils sei so schnell gefahren worden, dass dafür Punkte in Flensburg oder gar Fahrverbote fällig wurden, erzählte Albrecht. Spitzenreiter sei einer gewesen, der bei erlaubten 50 Kilometern pro Stunde von Tiengen nach Lauchringen 115 gefahren sei.

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Speziell an dem verwendeten Messsystem ist, dass für beide Fahrtrichtungen und auf mehreren Spuren gleichzeitig gemessen werden und auch zwischen Autos und Lastwagen unterschieden werden konnte. Der Hersteller hat laut Albrecht angekündigt, dass sich derzeit eine Weiterentwicklung des Systems im Zulassungsverfahren befinde. Danach soll auch das Tempo bei Motorrädern verlässlicher gemessen werden können. Und es durch den Einbau einer zweiten Kamera möglich sein, bei Verstößen das bei Motorrädern nur hinten angebrachte Kennzeichen zu fotografieren. Womöglich könne dieses Ausstattungsmerkmal lediglich für die Dauer von März bis Oktober – also für die Motorradsaison – hinzugemietet werden, so der Leiter des städtischen Ordnungsamts.

Die Stadtverwaltung wollte einen Vorher-Nachher-Vergleich ziehen. Mit welchem Tempo sind eigentlich die Autofahrerinnen und Autofahrer in Waldshut-Tiengen unterwegs? Fährt das Gros überhaupt zu schnell? Um das herauszufinden, wurden vor und nach der Blitzeraktion mittels eines Zählapparats Vergleichsdaten erhoben – noch ohne Verstöße zu ahnden, nur zur Erfassung des Ist-Zustandes. Das Fazit: Lediglich an zwei der 13 Messstellen stieg das Tempo nach Abbau des Blitzers wieder an – ganz deutlich in Krenkingen, aber auch an der B 34/Baseler Straße in Waldshut. An elf Messstellen waren die Geschwindigkeiten indes entweder gleichbleibend oder gar zurückgehend.

Dennoch heißt es auch in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat: „Ob aus einer lediglich 13-wöchigen Pilotphase und zudem lediglich jeweils einmaligen Einsatz je Messstelle bereits eine Schlussfolgerung im Sinne eines sich positiv auswirkenden, verkehrserzieherischen Effekts angestellt werden darf, soll an dieser Stelle unbeantwortet bleiben.“ Wobei der Gemeinderat ja auch eigentlich länger blitzen wollte – für sechs Monate. Aus terminlichen Gründen wurden es dann tatsächlich aber nur drei.

Die an den Messstellen wohnenden Bürgerinnen und Bürger hätten den Einsatz des Blitzeranhängers begrüßt, sagte Albrecht in der Sitzung. Autofahrerinnen und Autofahrer, welche die Aufstellung der Anlage beobachtet haben, hätten beim Vorbeifahren den vor Ort tätigen Mitarbeitenden der Bußgeldstelle, Jan Siebold und Leni Böttiger, aber teils auch obszöne Gesten gezeigt, räumte er ein. Achtmal sei die Anlage von Vandalismus betroffen gewesen. „Allesamt stellten sich diese jedoch als unproblematisch handhabbar heraus“, so der Ordnungsamtsleiter. Farbschmierereien hätten leicht entfernt werden können. Beschädigungen an den verglasten Öffnungen seien anstandslos vonseiten des Vermieters ersetzt worden.

Einnahmen von 506.000 Euro erwartet

Ausgaben von 47.000 Euro, Einnahmen von 145.000 Euro: Da ist die Rechnung für den 13-wöchigen Probebetrieb. Aufs Jahr hochgerechnet, wären die Zahlen laut Stadt: Ausgaben von 184.000 Euro, Einnahmen von 506.000 Euro. Aber auch klar: Das sind nur Annahmen. Sollte der „verkehrserzieherische Effekt“ größer sein und weniger geblitzt werden, wären die Einnahmen geringer – bei gleich hohen Ausgaben.

Stadtrat Harald Würtenberger (FW) sagte in der Debatte: „Einen erzieherischen Effekt sehe ich in diesen Zahlen nicht.“ Die ohnehin schon im Einsatz befindliche mobile Blitzeranlage reiche daher völlig aus. Man dürfe die Autofahrer, die ohnehin schon viel im Stau stünden, nicht noch weiter „schröpfen“. OB Martin Gruner konterte, sagte: „Ob im Stau stehend oder nicht, die Regeln müssen eingehalten werden und die Stadt muss für ihre Einhaltung sorgen.“