Für Verkehrsteilnehmer mit Motorrad oder Auto gilt eine Versicherungspflicht. Sollte jemandem beispielsweise bei einem Unfall ein Schaden entstehen, ist damit sichergestellt, dass er keinen finanziellen Nachteil hat, denn dann zahlt die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Soweit die Theorie.

In der Praxis kann das manchmal anders aussehen, nämlich dann, wenn Uneinigkeit über die Höhe des Schadens besteht, weil es unterschiedliche Auffassungen vom Wert der Sache gibt. So wie im Fall von Manuela Löker aus Grenzach-Whylen. Welche Sache beschädigt wurde? Ihre Hündin Bella.

Weil die Behandlungskosten von der Versicherung höher eingeschätzt wurden, als der Wert ihres Tieres, muss sie die Behandlungskosten selbst übernehmen. Ihr Schicksal teilt sie in den sozialen Medien und erfährt hier viel Zuspruch. Schlussendlich führten die Recherchen des SÜDKURIER bei der Versicherung zu einem kleinen Hoffnungsschimmer.

Doch von Anfang an.

Was war passiert?

Am 3. Juli 2020 waren Manuela Löker und ihr Hund in ihrem Auto von Grenzach nach Herten unterwegs. Ein anderer Autofahrer habe der Frau die Vorfahrt genommen, woraufhin es zu einem Zusammenstoß mit einem Aufprall mit einem weiteren Fahrzeug gekommen sei.

Ein Bild vom Autounfall am 3. Juli 2020.
Ein Bild vom Autounfall am 3. Juli 2020. | Bild: Manuela Löker

Bella sei auf der Rückbank angeschnallt gewesen, ihr Kopf laut Löker gegen die Rückbank geprallt. Das Tier habe sich den Halswirbel verletzt. Was dann folgte, war eine Odyssee für Halterin und Hund.

„Die Tierärztin hat gesehen, dass mein Hund lebensfähig ist, also wollte ich ihn nicht einschläfern lassen“, erzählt Manuela Löker. Der Hund habe aber in der Tierklinik in Freiburg behandelt werden müssen – ein Kostenfaktor, der für die Hundehalterin eigentlich unbezahlbar sei.

Das Schicksal wird öffentlich

Für sie begann damit ein Kampf, die Gelder für die Behandlungen ihres Podenco-Mischlings Bella zusammen zu bekommen. Auf einer Facebook-Seite führte Manuela Löker eine Art Tagebuch, um über die Behandlungsfortschritte von Bella zu berichten.

Manuela Löker und ihr Hund Bella kurz nach der ersten Behandlung.
Manuela Löker und ihr Hund Bella kurz nach der ersten Behandlung. | Bild: Manuela Löker

„Mit meiner Transparenz habe ich keine negativen Erfahrungen gemacht“, sagt sie. Diese Offenheit sei so wichtig. „Es ist wichtig, dass die Leute verstehen, was passiert, wenn man plötzlich nicht zahlen kann.“ Dabei möchte sie kein Mitleid, sondern nur Verständnis, wie sie betont.

Bella kann wieder laufen und Stöckchen holen.
Bella kann wieder laufen und Stöckchen holen. | Bild: Manuela Löker

Auf der Seite zeigt sie auch Bilder zur Entwicklung des Hundes, anfangs noch komplett gelähmt, lernte er irgendwann wieder laufen und schwimmen.

Bella trainiert.
Bella trainiert. | Bild: Manuela Löker

Durch die Physiotherapie wurde nach der linken nun auch die rechte Körperseite von Bella wieder aktiviert.

Mit Anwalt geht der Kampf ums Geld weiter

Das Problem: Für die Tierklinik kamen zusätzliche 5500 Euro Kosten auf Manuela Löker zu. Geld, das sie nicht hatte, wie sie sagt.

Die Versicherung des Unfallverursachers bezahlt laut Löker die Kosten für die Behandlung nicht. Seit einem Jahr laufe der Schriftverkehr zwischen Lökers Anwalt und der Versicherung. Bisher ohne Erfolg.

Die Versicherung begründet das damit, dass die Rechnung den Wert des Hundes übersteige. Als Mischling sei der Hund nicht mehr wert, erklärt Löker im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Die Versicherung habe lediglich 400 Euro für die Erstversorgung übernommen. „Sie sagen, ich hätte sie ja einschläfern können“, erzählt sie. Für die 42-Jährige keine Option.

Das sagt die Versicherung dazu: Behandlungskosten übersteigen Wert des Tieres

Die Nachfrage des SÜDKURIER bei der Kfz-Versicherung des Unfallverursachers, der Verti AG, ergab: Zum Fall selbst könne man nichts sagen. Auch mit der vorliegenden Schweigepflicht-Entbindung der Hundehalterin gab es zum Fall selbst keine konkrekten Auskünfte.

Christopher Schummert von der Verti AG erklärt jedoch, wie der Wert eines Tieres berechnet wird: „Die deutsche Rechtsprechung sieht vor, dass der Wert eines Tieres sich an dem sogenannten objektiven Verkehrswert orientiert.“ Das bedeutet, dass im Falle einer Verletzung des Tieres die Heilbehandlungskosten durch den Verursacher zu tragen sind. Dabei sei jedoch eine Verhältnismäßigkeit der Kosten des Tieres zu den Behandlungskosten zu beachten.

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Und genau diese Bewertung der Verhältnismäßigkeit werde durch eine Vielzahl an Parametern wie unter anderem Rasse, Alter oder Gesundheitszustand des Tieres vorgenommen. Dabei seien etwaige Folgekosten zu berücksichtigen.

Basierend auf dem Ergebnis wird dann jeweils eine Einzelfallentscheidung getroffen. Im Falle von Bella hieß dies eben, dass die Behandlungskosten den Wert des Tieres überstiegen hätten.

Eine sehr enge Bindung

Im Gespräch mit dem SÜDKURIER wird immer wieder deutlich, wie wichtig der Hund für Löker und wie eng die Beziehung zwischen Mensch und Tier ist.

„Bella ist für mich alles, sie ist der Grund, warum ich noch lebe.“
Manuela Löker, Hundehalterin aus Grenzach-Wyhlen

Seit neun Jahren lebt Bella bei ihr, damals war der Hundewelpe gerade einmal sechs Wochen alt. Seitdem seien die beiden unzertrennlich. „Uns gibt‘s eigentlich nur zu zweit“, beschreibt Löker.

Regelmäßig berichtet die Hundehalterin über die Fortschritte von Bellas Behandlung.
Regelmäßig berichtet die Hundehalterin über die Fortschritte von Bellas Behandlung. | Bild: Manuela Löker

Sie prangert an, dass das Tier als Sache gilt und die Versicherung sich so querstellt. „Ja, es hätte die Option gegeben, den Hund ins Tierheim zu geben, aber das hätten wir beide nicht überlebt.“

SÜDKURIER-Recherchen sorgen für Hoffnungsschimmer

Durch die Anfrage des SÜDKURIER warf auch die Versicherung erneut einen Blick auf den Fall von Bella. Einige Tage nach der ersten Anfrage rief Christopher Schummert von der Verti bei der SÜDKURIER-Redakteurin an mit einer guten Nachricht: „Der Fall wird nochmals von uns geprüft.“

So wolle sich die Versicherung nun Möglichkeiten anschauen, wie Manuela Löker vielleicht doch noch mehr unterstützt werden könne. Versprechen könne Schummert nichts, aber eine Prüfung werde in jedem Fall stattfinden.

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