Zwei Jahre ist es her, dass Russland die Ukraine großflächig angegriffen hat. Nach wie vor tobt der Krieg im Land. Bis heute halten Soldaten der ukrainischen Armee die Stellungen gegen den Gegner aus Russland. Zu diesen Soldaten gehören auch Oleksandr Sharii und Wolodymyr Contef, deren Frauen Liarysa Chernushyna und Ljudmila Contef im Gespräch mit unserer Reporterin darüber berichtet haben, wie es ist, wenn der eigene Mann im Krieg ist. Zugleich ziehen Liarysa Chernushyna und Nataliia Revutska, die in Waldshut und Herrischried-Hogschür Zuflucht gefunden haben, Bilanz darüber, wie sie sich nach zwei Jahren in Deutschland integriert haben.
„Es ist sehr schwer, zu ertragen, dass der eigene Mann täglich sein Leben aufs Spiel setzt“, sagt Liarysa Chernushyna, die ursprünglich aus Rubischne, einer Stadt in der Ostukraine kommt. Diese ist mittlerweile zu 70 Prozent zerstört.

Für ihren Mann Oleksandr ist das zwar nichts Neues, da er bereits vor der großflächigen Invasion 15 Jahre in der ukrainischen Armee gedient hat. Trotzdem besteht die Mutter der zehnjährigen Iryna darauf, dass sich ihr Mann täglich bei ihr meldet, damit sie weiß, dass es ihm gut geht.
Beim Videoanruf spielt Tochter für Vater Klavier
„Auch für Iryna ist das nicht leicht. Sie vermisst ihren Vater. Daher spielt sie ihm abends, wenn wir per Videoanruf telefonieren, manchmal etwas auf dem Klavier vor.“
Es komme jedoch häufiger vor, dass sich ihr Mann nicht melden kann, weil kein Internetempfang da ist oder er einfach zu müde ist. „Ich kann allerdings so lange nicht schlafen, bis ich etwas von ihm gehört habe“, sagt Chernushyna. Ihr helfe auch das Beten.
Ljudmila Contef, die eine Zeitlang in Murg unterkommen, aber bereits wieder zurück nach Schytomyr in die Zentralukraine gegangen ist, erzählt, dass sich ihr Mann Wolodymyr am 25. Februar 2022 freiwillig zu einem Militäreinsatz gemeldet hat.

„Er hat mir gesagt, wer außer unseren Männern soll die Ukraine beschützen?“ Beide Männer wurden unmittelbar in Frontgebieten in den Regionen Donetsk und Luhansk eingesetzt. Genaue Ortsangaben können aus Sicherheitsgründen für die Soldaten nicht gemacht werden.
Krieg hinterlässt Spuren am Körper
Oleksandr Sharii hat zu Beginn mitgeholfen, das Internetnetz wiederaufzubauen. Mittlerweile ist er Kraftfahrer und kümmert sich um den Treibstoffnachschub. Wolodymyr Contef ist Fahrer einer Haubitzenbatterie. Er hat sich an der Befreiung der Oblast Charkiw und der Stadt Izyum beteiligt.
Beide Männer haben den Krieg am eigenen Körper erfahren. Oleksandr Sharii hat Explosionen in nächster Nähe miterlebt und mit temporärem Gehör- und Orientierungsverlust zu kämpfen gehabt. Wolodymyr Contef sei sogar leicht verwundet worden. Seiner Frau habe er davon aber zunächst nichts erzählt, um sie nicht zu beunruhigen.
Vom Weiterkämpfen habe ihn das aber nicht abgebracht. „Sein Geist ist stark“, sagt Ljudmila Contef. Beide Männer und auch die Einheiten, in denen sie tätig sind, seien nach wie vor motiviert und glauben an den Sieg.
Dass die Stadt Awdijiwka vor Kurzem aufgegeben wurde, finden sie richtig, da es das oberste Ziel sei, Leben zu retten. Da Awdijiwka als Stadt nicht mehr existiere, mache es keinen Sinn, dort weiterzukämpfen. „Unsere Männer hoffen jedoch, dass sie sich nicht noch weiter zurückziehen müssen und weiteres Gebiet an die russische Seite fällt“, sagt Liarysa Chernushyna.
Oleksandr Sharii und Wolodymyr Contef sind seit zwei Jahren im Einsatz. Oleksandr Sharii konnte seine Familie im Sommer 2023 in Deutschland besuchen. Die Soldaten dürfen während ihres Urlaubs das Land verlassen, berichten die Ukrainerinnen.
Zu den Osterferien wird Sharii wieder von seiner Familie erwartet. Trotzdem seien das nur kurze Unterbrechungen. Die Zeit zwischen diesen Pausen und dem Hoffen auf den Sieg der Ukraine überbrücken die Frauen damit, sich in Deutschland zu integrieren. Nach zwei Jahren ist ihnen das auch gelungen und sie fühlen sich wohl.
Frauen ist es wichtig, gleich Arbeit zu finden
Für Nataliia Revutska, die aus der Westukraine kommt, war es sehr wichtig, dass sie gleich eine Arbeit in Deutschland findet. Alle Neuankommenden aus der Ukraine erhalten automatisch eine Arbeitsgenehmigung in Deutschland. Revutska hat von dieser bereits nach zwei Wochen Aufenthalt in Deutschland gebraucht gemacht.
Gemeinsam mit 17 weiteren Geflüchteten aus der Ukraine arbeitet sie im Seniorenstift „Sonnenrain“ in Herrischried-Hogschür. Da die Leiterin Oksana Tannert ebenfalls ukrainische Wurzeln hat, sei die Verständigung kein Problem gewesen.

Revutska hat in der Ukraine als Managerin gearbeitet, konnte diese Tätigkeit aber aufgrund der Sprachbarriere hier in Deutschland nicht weiterführen. Mittlerweile kann sie aber ein gutes B2-Niveau aufweisen und ist durch ihre Arbeit im Seniorenstift auch unabhängig von staatlichen Hilfen.
Liarysa Chernushyna hatte es in dieser Hinsicht etwas einfacher, da sie als Grundschullehrerin hier in Deutschland mit ukrainischen Kindern an der Fürstabt-Gerbert-Schule in St. Blasien arbeiten kann.
Beide Frauen haben sich gut eingelebt in Deutschland und auch Chernushynas Tochter Iryna besucht eine deutsche Schule. Sie sind den vielen freiwilligen Helfern aus Deutschland sehr dankbar für die anhaltende Unterstützung. „Wir müssen weiterleben und das Beste aus der momentanen Situation machen“, sagen die Frauen abschließend.