Der SÜDKURIER beleuchtet die Drogenproblematik im Landkreis Waldshut. Diesmal geht es um Einblicke in die Erfahrungen der Fachstelle Sucht in Waldshut-Tiengen. Diesmal stellen wir die Präventionsarbeit der Polizei an Schulen vor.

Suchtprävention steht auf dem Stundenplan

„Ich habe selbst Familie mit schulpflichtigen Kindern und Präventionsarbeit ist für mich eine sehr wichtige Tätigkeit“, sagt Kommissar Jürgen Spill vor 22 Schülern der Klasse 8c der Hans-Thoma-Schule in Bad Säckingen. „Wenn sich nur ein paar Schüler einmal an diesen Tag erinnern, wäre das schon ein Erfolg“, fügte er nach dem Vortrag gegenüber dem SÜDKURIER an.

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„Durch Corona ist alles schwieriger geworden, die Schüler können nur die Augen der Leute sehen, die Mimik dazu fehlt leider“, merkte die Sozialpädagogin der Gemeinschaftsschule, Marion Hättich, an. Dennoch sei sie dankbar, dass die Polizei drei Tage lang jeweils zwei Klassen im Musiksaal über Gefahren und Wirkung von legalen und illegalen Drogen aufklärte. Und sie fragte gleich, ob die Polizei auch im kommenden Schuljahr wiederkommen könne. „Im Herbst ist die beste Zeit dafür!“, da die Polizei bis Mitte November in der Jugendverkehrsschule aktiv ist, so der Kommissar von der Abteilung Prävention beim Polizeirevier Waldshut-Tiengen.

Dialog mit den Jugendlichen

Fast zwei Jahrzehnte war Jürgen Spill im Streifendienst tätig. „Da ist man immer als Erster vor Ort“, und er habe alles gesehen und erlebt, was Polizeiarbeit interessant mache, erzählte er den Schülern. Oft treffe man auf Streife dieselben Leute, die mit dem Gesetz in Konflikt kämen. Man sehe öfter auch den Lebensweg, könne aber nicht alles hinterfragen, sonst mache man sich verrückt, antwortet er auf die Frage eines Schülers.

Polizeikommissar Jürgen Spill vom Revier Waldshut-Tiengen engagiert sich in der Prävention, um Kinder- und Jugendliche unter anderem auf ...
Polizeikommissar Jürgen Spill vom Revier Waldshut-Tiengen engagiert sich in der Prävention, um Kinder- und Jugendliche unter anderem auf Gefahren und Folgen des Drogenkonsums aufmerksam zu machen – in Corona-Zeiten auch mit Maske. | Bild: Gerald Edinger

Er selbst sei nur die „Vorgruppe“, formulierte er scherzhaft, als an diesem Tag Suchtprävention auf dem Stundenplan stand. Ein ehemaliger Drogenabhängiger werde später aus seinem Leben erzählen. Der Polizeikommissar suchte gleich zu Beginn den Dialog mit den Mädchen und Jungen. Dies sei allerdings mit Maske und Abstand in Zeiten der Corona-Pandemie eine Herausforderung, gestand er ein. Seine Einstiegsfrage: „Was wisst ihr über Drogen?“ Die offenbar gut vorbereiteten Schüler wussten, dass sie oft zur Sucht führen, sie eine verheerende Wirkung auf den Körper haben können, man dadurch viele Probleme im Leben bekommen könne.

Die Rolle der Polizei

Aufgabe der Polizei sei es, Jugendliche zu schützen, deshalb müsse die Einhaltung des Gesetzes zum Schutz der Jugend kontrolliert werden. Dabei gehe es oft um sogenannte „legale Drogen„ wie Tabak und Alkohol, mit dem die Jugendlichen „viel zu früh“ (Spill) in Kontakt kämen. Mit übermäßigem Konsum von Alkohol „wollen sich manche in eine andere Welt wegschießen“, sagt Spill und fügte mit klaren Worten an, um die Konsequenten ungeschminkt darzustellen: „Auch Mädchen saufen!“ Dabei bestehe für sie auch die Gefahr, im Rauschzustand Opfer von sexuellen Übergriffen zu werden.

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Spill erklärte, Alkohol und illegale Drogen würden das Denken, Fühlen und Handeln teils massiv beeinflussen können. Der Fall eines 13-Jährigen, der sich von einem 18-Jährigen an Fasnacht in Stühlingen vor einigen Jahren Wodka besorgen ließ, sein kein Einzelfall und er schockierte die Achtklässler offensichtlich: „Er landete mit einer Alkoholvergiftung auf der Intensivstation im Krankenhaus. Das kann nicht das Ziel sein, nach einer Party so aufzuwachen. Nur ihr selbst könnt das verhindern, denn nur ihr bestimmt, was und wie viel ihr trinkt.

Die Mär von weichen Drogen

„Warum ist Marihuana nicht legal?“, fragte ein Schüler. Der Kommissar erklärte, dass nicht nur Einfuhr und Handel, sondern auch der Besitz von illegalen Drogen nicht erlaubt sei. „Nicht jeder Kiffer ist kriminell, aber selbst der Besitz ist eine Straftat“, erklärte der Polizeibeamte. Er räumte auch mit der Mär von den „weichen Drogen auf“. Kiffen sei eben nicht so harmlos, wie viele denken, dies hätten kriminaltechnische Untersuchungen gezeigt.

Begriffserklärungen

Der THC-Gehalt bei Cannabis liege heute bei bis zu 20 Prozent und richte erhebliche Schäden an, sagte der Kommissar. „Gerade bei Jugendlichen in der Entwicklungsphase greife Cannabis das Gehirn an und hat negative Auswirkungen auf die Psyche“, erklärte Jürgen Spill. Auch Ecstasy, eine synthetische Droge, könne schon nach der ersten Einnahme psychischen Schäden und medizinische Folgen wie zum Beispiel epileptische Anfälle zur Folge haben.

Polizeikommissar Jürgen Spill und der ehemalige Junkie Dieter Prause machten Schüler der Hans-Thoma-Schule in Bad Säckingen im Rahmen ...
Polizeikommissar Jürgen Spill und der ehemalige Junkie Dieter Prause machten Schüler der Hans-Thoma-Schule in Bad Säckingen im Rahmen der polizeilichen Präventionsarbeit auf Risiken und Gefahren von Drogenkonsum aufmerksam. In Zeiten der Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung. | Bild: Gerald Edinger

Aufgeräumt wurde auch mit dem Irrglauben, dass sogenannte Legal-Highs (Neu: Neue Psychoaktive Substanzen/NPS) unbedenklich seien. Nach ihrem Konsum gab es bundesweit schon mehrere Todesfälle, erzählte er. Der Polizist berichtete auch von einem Schüler, der jeden Morgen drei bis vier Energydrinks zu sich nahm und nicht mehr davon loskam: „Alles kann süchtig machen, dann sind Eltern und das Umfeld gefragt!“

Gründe für den Konsum

Gruppenzwang, Neugierde, die Schwierigkeit Nein zu sagen, cool wirken zu wollen, aber auch Stress mit Schule, mit Eltern oder Verwandten nennen die Jugendlichen in Bad Säckingen als mögliche Gründe, Drogen zu nehmen. „Euer Körper, insbesondere euer Gehirn und eure Seele müssen den Drogenkonsum letztlich ausbaden“, sagte der Polizeibeamte. Hierdurch bedingt könne das Verhältnis zu „richtigen“ Freunden, der Familie und insgesamt das soziale Leben negativ beeinträchtigt werden.

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Jürgen Spill berichtete, dass der Einstieg in legale wie illegale Drogen immer früher erfolge. Deshalb setze die Prävention der Polizei auch schon bei den Zwölfjährigen an. Die Botschaft der Präventionsarbeit: Jeder bestimmt selbst, ob er Drogen nimmt oder ob er Nein sagt.

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