Etwas verzweifelt blickt Angelo De Rosa aus dem offenen Fenster seines Bistros „Rhybrugg“ in Bad Säckingens Fußgängerzone. Es sei nicht viel los, die Leute müssten sich erst wieder an das Ausgehen gewöhnen, meint er. Und dann leide er auch stark unter dem aktuellen Personalmangel in der Gastronomie. „Uns allen fehlt es an Mitarbeitern seit der Wiedereröffnung“, so De Rosa mit Blick auf die gesamte Branche.
„Normalerweise arbeiten wir hier zu fünft, jetzt müssen wir zu dritt Doppelschichten schieben.“Angelo De Rosa, Wirt
Nach sieben Monaten Schließung seien viele von der Gastronomie in andere Branchen abgewandert. Und: „Jetzt möchte einfach keiner in der Gastronomie arbeiten“, vermutet De Rosa. Dies sei jedoch verständlich, sei die Lage einfach noch zu ungewiss. Auch sein Gästehaus Hallwylerhof ein paar Meter weiter könne er aktuell nur eingeschränkt betreiben. „Wenn Sie jemanden kennen, der bei mir arbeiten will, dann schicken Sie ihn“, ruft er zum Abschluss des Gesprächs.
„Das ist wahnsinnig“ sagt Maurizio Cacciato, Chef des italienischen Restaurants „Vingioia“ in Bad Säckingen zu dem Personalmangel in der Gastronomie. Dabei ist er nicht einmal selbst betroffen. Er suche aktuell nur eine Küchenhilfe. „Ich selbst habe nicht das große Problem, bin zufrieden“, sagt er. Das liege aber vor allem daran, dass seine Familie mit seiner Frau und seinem Sohn mit im Betrieb helfen und auch die Mitarbeiter ihm treu blieben. „Den Koch habe ich seit 31 Jahren, den Pizzabäcker seit zwölf Jahren, den Kellner seit fünf Jahren“, zählt er auf.
Von so viel Betriebstreue profitieren viele nicht. Cacciato kenne die Probleme seiner Kollegen in der Branche nur zu gut. Viele aus allen möglichen Regionen hätten ihn angerufen und ihm von ihren Personalsorgen erzählt. Sie seien am Suchen, würden aber niemanden finden, erzählt er.
Situation am Hochrhein und im Land
Hermann Pfau, Vorsitztender des Dehoga-Kreisverbands Waldshut und Betreiber des Gartenhotels Feldeck in Lauchringen, kennt die Problematik ebenfalls.
„Unsere Situation ist akut. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass fast jeder Betrieb Mitarbeiter sucht.“Hermann Pfau, Dehoga
Weiter möchte er sich aber nicht dazu äußern. Auch bei Marcus Reichl vom Brauereigasthof Rothaus haben wir nachgefragt. Denn auch von diesem Betrieb sind aktuell einige Stellenanzeigen online zu finden. Er sagt dazu nur: „Da wir die weiteren Entwicklungen abwarten möchten, können wir uns zur aktuellen Lage nicht äußern.“

Keine einzige Bewerbung
Christian Herzog, Betreiber des Ringhotels Goldener Knopf in Bad Säckingen äußert sich ausführlich: Die Situation sei schlimmer als vor der Corona-Zeit und schlimmer als befürchtet.
„Keine einzige Bewerbung, keine Anrufe, gar nichts.“Christian Herzog
Ihm fehle aktuell ein stellvertretender Küchenchef, noch vor Corona sei es kein Problem gewesen, in der Führungsebene jemanden zu bekommen.

Der Personalmangel sei ein akutes Thema ohne Besserungsaussichten, so der Gastronom. Viele Mitarbeiter in der Gastronomie hätten während der Schließung nach einer finanziellen Sicherheit gesucht und eine neue Arbeitsstelle in einer anderen Branche gefunden. Die Folge: Auch der Goldene Knopf müsse sein Angebot reduzieren, seine Öffnungszeiten anpassen. „Unser Restaurant ist unter der Woche mittags geschlossen, aber auch, weil aktuell gar keine Nachfrage da ist.“

Auch die Schweizer Nachbarn teilen das Problem: „In der Tat haben auch die Restaurants und Hotels in der Ostschweiz, mindestens teilweise, größere Probleme, Mitarbeitende zu finden“, informiert Patricia Bucher, Geschäftsführeirn der Hotellerie Suisse, Region Ostschweiz.
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