Sorgen und Frust und noch keinerlei Anzeichen einer Corona-Entwarnung waren jüngst bei einer Pressekonferenz der Kreiskliniken Lörrach zu spüren. Der medizinische Geschäftsführer Bernhard Hoch und Hauptgeschäftsführer Armin Müller machten die aktuelle prekäre Lage mehr als deutlich. Einen Hoffnungsschimmer wie ihn viele wegen der Aussicht auf eine Impfung derzeit haben, konnten sie nicht teilen. Dafür aber ihre Enttäuschung über zu wenig Unterstützung durch die Politik.
Wie ist die aktuelle Corona-Lage in der Klinik?
Drei Isolierstationen sind aktuell voll belegt, eine vierte zum Teil. Rund 80 Corona-Patienten versorgt das Kreiskrankenhaus Lörrach dieser Tage, dazu zählen sowohl positiv getestete als auch Verdachtsfälle. Mit den vier Stationen könnten 90 Patienten aufgenommen werden. Wie es danach weiter gehe? Darüber müsse man sich dann Gedanken machen. Eine Verlegung in andere Krankenhäuser sei jedoch nicht möglich. „Wir müssen uns schon selbst helfen“, sagt der medizinische Geschäftsführer Bernhard Hoch. „Wir müssen täglich neu entscheiden, was wir tun“, so Hoch. „Wir befinden uns im absoluten Krisenmodus.“
Welche Alternative gibt es zur Beatmung mit Schlauch?
Aktuell gebe es zwar weniger Corona-Patienten, die beatmet werden müssten. Denn das Krankenhaus setzte nun darauf, Intubationen soweit es geht zu vermeiden und so bekämen viele Patienten nur eine Beatmungsunterstützung. Somit hätten sie keinen Schlauch in der Luftröhre und würden auch nicht in ein künstliches Koma versetzt. Mit dieser Sauerstoffzufuhr habe man Erfolg, so dass die Patienten eher genesen, so Hoch.

Eine Beatmung mit Schlauch sei vor allem dann nötig, wenn der Patienten noch andere Erkrankungen hat. „Das Virus hat bei bereits geschädigten Organen leichteres Spiel“, erklärt Hoch. Die aktuell mit Schlauch beatmeten Patienten in der Klinik seien jedoch wesentlich jünger als im Frühjahr. Lag das Durchschnittsalter damals bei rund 80 Jahren, liegt es heute bei 50, Anfang 60.
Gibt es noch Kapazitäten beim Personal?
Das Personal für die Intensivstationen sei zusammengelegt worden, so seien nun auch Mitarbeiter aus dem Standort Schopfheim oder aus der Anästhesie dort eingesetzt, so Hoch. „Wir haben noch Betten ohne Ende, aber beim Personal wird es knapp“, so der Geschäftsführer Medizin. Hinzu kommt:, Aktuell stünden 50 Mitarbeiter wegen Krankheit oder Schwangerschaft nicht zur Verfügung. Darunter sei auch nicht-medizinisches Personal.
Kann die Klinik die Grundversorgung noch gewährleisten?
Neben der Versorgung der Corona-Patienten müsste auch die Grund- und Regelversorgung aufrecht erhalten werden. Notfälle werden behandelt, dringende Operationen werden zwar durchgeführt. Aber: Hatten bisher Patienten ihre Operationen aus Angst vor Corona verschoben, ist es nun erstmals die Klinik selbst, die Operationen verschiebt. „Wir müssen künftig auf nicht dringende Operationen verzichten, weil wir es schlichtweg derzeit nicht leisten können“, sagt Hoch. Er bitte um das Verständnis der Bevölkerung.
Welche finanziellen Folgen hat dies für die Klinik?
Dass Operationen verschoben werden müssten, habe aber auch wirtschaftliche Folgen. Und so befinde sich die Klinik nun in einem ständigen Spagat zwischen Versorgung und Wirtschaftlichkeit. Bernhard Hoch und Hauptgeschäftsführer Armin Müller zeigen deutlich ihren Frust über die fehlende Unterstützung durch die Politik. „Im Frühjahr waren wir noch Helden und heute kommt von der Politik nur noch: ‚hoffentlich halten die Leute durch‘ – das ist bitter enttäuschend“, so Müller.
Im ersten Rettungsschirm seien die Kreiskliniken Lörrach mit über 13 Millionen Euro unterstützt worden. „Heute wird vorausgesetzt, dass alles so funktioniert“, so Müller. Die Politik habe die Kliniken nicht mehr auf dem Schirm. Es fehle auch jegliche Unterstützung bei der Steuerung der Unternehmen, so der Klinikgeschäftsführer.
Die Ausgleichszahlungen eines zweiten Rettungsschirm seien nun nachjustiert worden. Somit seien für diese die Hürden jedoch besonders hoch. Müller geht davon aus, dass zwar das Kreiskrankenhaus Lörrach die hohen Bedingungen für eine weitere Förderung erfülle, die anderen drei Häuser jedoch nicht. Auch wie hoch die Zahlungen seien, sei noch unklar – wie so vieles. „Da ist eine große Unsicherheit in einer sowieso schon schwierigen Situation“, ärgert sich Müller.
Gibt es einen Hoffnungsschimmer?
Die Aussagen der Ärzte geben wenig Grund zur Hoffnung, dass sich die Corona-Situation entschärft. „Ich gehe davon aus, dass wir das Plateau der Patienten so halten werden plus x“, sagt Bernhard Hoch. In den kommenden Wochen rechne er nicht mit einer Absenkung der Patientenzahlen. Und: Er sehe mit Sorge auf die Entwicklung nach den Feiertagen. Für ihn sei es nicht verantwortlich, dass sich Familien an den Weihnachtsfeiertagen treffen, wenn die Zahlen so bleiben wie jetzt. Denn: „Die Infektionen kommen aus den Familien heraus“, so Hoch. „Die genialste Maßnahme wäre, wenn sich jeder daheim verkriecht.“
Und auch wenn viele in dem Impfstoff eine Hoffnung sehen, sagt Hoch, dass die Pandemie auch damit nicht geschafft sei. „Wir werden auch 2021 noch das ganze Jahr über mit Mundschutz herumlaufen.“