Das Land schafft mit der Corona-Verordnung die Regeln und die Kommunen müssen sie umsetzen. Da wundert es nicht, dass Wehrs Ordnungsamtsleiter Stefan Schmitz besonders darauf bedacht ist, den Überblick zu behalten. Und so weiß er, was sich ab 9. Juni für Hochzeitsgesellschaften ändert. An einem fiktiven Beispiel erklärt er, was es zu beachten gilt und warum weiterhin Unsicherheiten bestehen.

Die Situation

Nehmen wir einmal an: Ein Brautpaar aus dem Kreis Waldshut möchte am 13. Juni heiraten und nach der Trauung mit Familie und Freunden feiern. Doch was ist dann eigentlich erlaubt? Erst am Freitag, 29. Mai, saß der Koalitionsausschuss zusammen und hat neue Regelungen für private Feste zuhause und in angemieteten Räumen beschlossen. Sie sollen ab dem 9. Juni in Kraft treten und bis dahin dann auch in der Corona-Verordnung des Landes aufgenommen werden. Die Details werden derzeit in den Ministerien ausgearbeitet und sollen bald veröffentlicht werden. Die Regeln gelten auch für weitere private Feste wie etwa Geburtstage oder Taufen.

Was gilt beim Fest im eigenen Wohnzimmer?

Nun zurück zu unserem Brautpaar, das am 13. Juni heiratet. Braut und Bräutigam vom Hochrhein möchten nach der Trauung in ihrem eigenen Zuhause feiern. Der Sitzplan für die Hochzeitsgesellschaft steht schon. Doch muss das Paar nun jemanden von seiner Gästeliste streichen? „Braut als auch Bräutigam dürfen so viele Verwandte einladen, wie sie möchten“, erklärt Stefan Schmitz, Ordnungsamtsleiter der Stadt Wehr unter Vorbehalt, dass die angekündigten Regeln auch genau so in die Verordnung aufgenommen werden.

„Die Gesetzgeber werden nicht von einer Regelung mit maximal 100 Personen zu einer mit maximal 10 000 Personen umschwenken“, ...
„Die Gesetzgeber werden nicht von einer Regelung mit maximal 100 Personen zu einer mit maximal 10 000 Personen umschwenken“, Stefan Schmitz, Ordnungsamtsleiter der Stadt Wehr. | Bild: Obermeyer, Justus

Christoph Neethen, Pressesprecher des Staatsministeriums, geht jedenfalls davon aus, dass dem so ist. „Wer eine große Familie hat, kann ein großes Fest feiern“, so Schmitz. Für Familienmitglieder und Personen aus dem gleichen Haushalt gilt also weiterhin keine zahlenmäßige Beschränkung.

Doch jetzt kommt der Haken: Lädt das Brautpaar noch weitere Gäste aus anderen Haushalten ein, dann gilt die maximale Zahl von 20 Gästen. Das heißt: Wenn das Brautpaar also mehr als 20 Familienmitglieder einlädt, darf es nicht noch weitere Freunde zu sich nach Hause einladen.

Kommen zehn Familienmitglieder, können nur noch zehn Gäste aus dem Freundeskreis kommen. Das bedeutet also: Werden Familie und Freunde bei der Feier zuhause „vermischt“, dürfen sie insgesamt nicht mehr als 20 Personen sein.

Gibt es Alternativen?

Unserem Brautpaar ist dies zu wenig. Denn Braut und Bräutigam haben eine große Familie mit über 30 Personen. Neben den Omas und Opas und allen anderen Familienmitgliedern sollen auch die Freunde aus dem Sportverein kommen dürfen. Doch wie ist das möglich in Zeiten von Corona?

Die Lösung kommt mit den neuen Regelungen: Das Brautpaar muss einen öffentlichen Raum anmieten, etwa in einem Gasthaus. Denn dann gelten ab 9. Juni die gleichen Personenzahlen wie bei öffentlichen Veranstaltungen. Das heißt: Sie können dort mit insgesamt 99 Personen feiern – ganz egal, ob diese miteinander verwandt sind oder nicht.

Das Infektionsrisiko steigt

„Ich persönlich finde das nicht gut, das ist zu hoch angesetzt“, sagt Stefan Schmitz. Natürlich müssten aber bei einer solchen „geschlossenen Gesellschaft“ in einem abgetrennten Raum auch die Hygienekonzepte der Gaststätten angewendet werden. Der Ordnungsamtsleiter mahnt zur Vorsicht: „Wir wissen, dass die Hauptausbreitung des Virus durch feucht-fröhliche Feiern wie in Ischgl entstand und sich dann schön in der Welt verbreitete“, so Schmitz.

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„Bei einer Hochzeit wird getanzt, sich umarmt, Hände geschüttelt“, beschreibt Schmitz die erhöhte Infektionsgefahr. Dass wiederum zuhause – selbst im Garten – nur mit 20 Personen gefeiert werden könne – während in einem geschlossenen Raum mit 99 Personen gefeiert werden dürfe, sieht Schmitz als einen Widerspruch an.

Wie wird das eigentlich kontrolliert?

„Die Kontrolle macht nur Sinn, wenn das Ganze bußgeldbewährt ist, und das ist noch nicht klar“, erklärt Stefan Schmitz, der Leiter des Ordnungsamts Wehr. Er hoffe nun, dass die Regelungen mit einem Verweis auf das Infektionsschutzgesetz oder die Corona-Verordnung veröffentlicht werden und bei einem Verstoß Konsequenzen drohen.

Die Kontroll-Behörden würden jedoch nicht von Haus zu Haus oder Gaststätte zu Gaststätte ziehen und private Feiern kontrollieren. Man werde nur kontrollieren, wenn ein Verstoß gemeldet werde. „Wir haben etwa schon Anrufe bekommen, wenn jemand in der Nachbarschaft eine Party feiert“, erzählt Schmitz. Da Hochzeiten in der Regel am Wochenende stattfänden, würden diese vom Polizeivollzugsdienst kontrolliert. Ohne Meldung sei es fast nicht möglich, die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren.

Es bleiben viele Unsicherheiten

Bei Stefan Schmitz werden immer wieder die Regelungen für bevorstehende Großveranstaltungen angefragt. Er selbst geht davon aus, dass diese in diesem Jahr nicht stattfinden können, so etwa Anfang Juli der „Sommer in Wehr„, zu dem rund 8000 Besucher erwartet worden wären. „Die Gesetzgeber werden nicht von einer Regelung mit maximal 100 Personen zu einer mit maximal 10 000 Personen umschwenken“, vermutet Schmitz. Er geht von einer schrittweisen Steigerung der Personenzahl aus, so dass die Veranstaltungen auch noch weiterhin kontrollierbar bleiben würden.

Die aktuelle Verordnung mit der Begrenzung auf 100 Personen bei öffentlichen Veranstaltungen tritt am 31. August außer Kraft. Doch Hochzeiten und Großveranstaltungen, die danach stattfinden, müssen schon heute geplant werden. Das Problem: „Ich kann keine rechtssichere Aussage machen, sodass die Veranstalter planen können.“ Schmitz nennt ein Beispiel: Möchte ein Brautpaar etwa im September mit 300 Gästen feiern, wäre es zwar Stand heute erlaubt, Schmitz kann aber nicht sagen, wie die Regel im September aussieht.

Auch Veranstalter von Straßenfesten im September möchten heute Planungssicherheit oder schon heute ein Verbot. Doch dieses kann Schmitz ihnen nicht geben. „Es fehlt an rechtlichen Grundlagen“, so der Ordnungsamtsleiter. „Das macht es schwierig für uns, aber auch für die Veranstalter.“ Auch, dass die Regelungen sich ständig ändern würden, mache es schwierig zu arbeiten. Mit der geplanten Überarbeitung der Corona-Verordnung sieht Schmitz nicht unbedingt eine Besserung der Lage. „Es kommt darauf an, was geändert wird“, sagt er.

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