Spätestens mit der Schließung der Notfallpraxis wird in Bad Säckingen der gesetzliche Auftrag zur medizinischen Grundversorgung nicht mehr erfüllt. Dies erklärt Michael Merle, Rechtanwalt in Bad Säckingen, ehemaliger Bürgermeister in Laufenburg und ehemaliger Vorsitzender des DRK-Kreisverbands Säckingen.

Neben der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBW) macht er dafür vor allem die gesetzlichen Krankenkassen und die Politik verantwortlich. Merle bringt ein Gutachten ins Spiel, das objektiv klären könnte, ob die Schließung der Notfallpraxis wirtschaftlich notwendig und medizinisch zumutbar sei.

Michael Merle hat unter anderem 1992 bis 1998 als Vorsitzender des DRK-Kreisverbands Säckingen und viele Jahre als Justiziar des ...
Michael Merle hat unter anderem 1992 bis 1998 als Vorsitzender des DRK-Kreisverbands Säckingen und viele Jahre als Justiziar des DRK-Landesverbands Expertise in Fragen der medizinischen Grundversorgung erklangt. | Bild: Werner Probst

Die Verantwortung für die Situation bei der Gesundheitsversorgung im westlichen Landkreis Waldshut tragen laut Merle die gesetzlichen Krankenkassen gemeinsam mit der KVBW „und über allem die Politik und der Gesetzgeber“. Druck sei bisher vor allem durch die gewählten Abgeordneten und die 9000 vom Verein Pro Spital gesammelten Unterschriften zum Erhalt der Notfallpraxis auf die KVBW aufgebaut worden, so Merle.

Schließung der Notfallpraxis: Wer hat was zu entscheiden?

Die „eigentlich Verantwortlichen“ seien aber die gesetzlichen Krankenkassen, erklärt Merle. Diese hätten bisher nicht in Erscheinung treten müssen. Sie hätten weder Finanzierungslösung zum Erhalt der Notfallpraxis noch gegenüber der Versichertengemeinschaft deren Schließung begründen müssen.

In Notfällen müssen Patienten 30 Kilometer fahren – oder gefahren werden

Merle weist darauf hin, dass bei medizinischen Notfällen Gesetzlich Krankenversicherte aus Bad Säckingen und Umgebung inzwischen eine Fahrzeit von etwa 30 Minuten nach Waldshut oder Lörrach in Kauf nehmen müssten. Neben den individuell bei Notfällen Betroffenen belaste die Situation die ganze Versichertengemeinschaft. Denn im Landkreis würden bei Notfällen verstärkt Rettungs- und Krankenwagen für Transporte in Anspruch genommen, die Notfallambulanz des Krankenhauses Waldshut könne den Andrang nicht mehr bewältigen, Hilfesuchende müssten bis nach Titisee-Neustadt gefahren werden.

„Die nicht mehr ausreichende Gesamtzahl der Rettungs- und Krankenwagen gefährdet die Gesamtnotfallversorgung im Landkreis erheblich“

„Dieser auch finanzielle Mehraufwand kann von den Krankenkassen nicht übersehen werden“, schreibt Merle. „Vor allem aber folgt aus der Überbelastung von Krankenhaus und Rettungsdienst, dass die so nicht mehr ausreichende Gesamtzahl der Rettungs- und Krankenwagen mit dem notwendigen Rettungsdienstpersonals die Gesamtnotfallversorgung im Landkreis Waldshut zumindest erheblich gefährdet.“

im Kreiskrankenhaus LörrachDie Notfallpraxis im Krankenhaus Schopfheim ist seit dem 25. Oktober 2023 geschlossen. Bild: André Hönig
im Kreiskrankenhaus LörrachDie Notfallpraxis im Krankenhaus Schopfheim ist seit dem 25. Oktober 2023 geschlossen. Bild: André Hönig | Bild: Gramespacher Daniel

Unter Beteiligung ihrer Spitzenverbände und Arbeitsgemeinschaften könnten die gesetzlichen Krankenkassen prüfen, ob die Schließung für ihre Mitglieder zumutbar sei, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass zuvor bereits das Kreiskrankenhaus Bad Säckingen geschlossen worden ist, so Merle. Ein Gutachten hätte den erkennbaren Missstand bei der Grundversorgung und die Frage, ob der Betrieb einer Notfallpraxis dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspreche, nach objektiven Kriterien bewerten können.

Gutachten könnte das verlorengegangene Vertrauen wieder herstellen

Die Veröffentlichung eines Gutachtens und dessen Begründung würde verloren gegangenes Vertrauen wieder herstellen. „Ob in Bad Säckingen eine ärztliche Notfallpraxis wieder eingerichtet werden soll und welche Auswirkungen dies auf die nach dem Gesetz von der Versichertengemeinschaft als Solidargemeinschaft zu erbringenden Beiträgen hat, ist dann objektiv für alle erkennbar“, so der frühere Laufenburger Bürgermeister und ehemalige Säckinger DRK-Kreisvorsitzende.

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Offensichtlich sei es bisher nicht gelungen, das Interesse der gesetzlichen Krankenkassen am Erhalt der Versorgungssicherheit ihrer Versicherten als Mitglieder zu wecken, so Merle.