Es gibt durchaus viele Eltern, die möchten, dass die Schulen weiterhin geschlossen bleiben – als Hauptgrund wird immer wieder die Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus genannt. Eine großer Anzahl ist aber auch für die Öffnung der Schulen. Dies zeigt unsere Umfrage unter Eltern am Hochrhein. Viele Eltern berichten von den hohen Belastungen, die mit Arbeit, Homeoffice und Homeschooling erneut auf sie zukommen – „es ist nicht machbar“ oder „ich komme an meine Grenzen“, sagen sie zum Beispiel. Ein Überblick über das Stimmungsbild zu einem sehr kontroversen Thema.
Für die individuelle Lösung – jeder soll selbst entscheiden
Guiseppina Beickler aus Öflingen schreibt per Mail. Sie ist Mutter von zwei Kindern, 7 und 5, und gehöre durch ihren Schlaganfall zur Corona-Risikogruppe. Ihr Sohn geht in Tiengen zur Schule, wird dazu mit dem Taxi abgeholt.
Ihre Meinung: „Ich finde, man sollte es so machen, dass die Eltern selbst entscheiden, ob sie die Kinder in die Schule schicken und das Risiko eingehen.“ Homeschooling klappe bei ihr super. Dennoch ärgere sie sich über die Politiker, die trotz ausreichend Zeit kein Konzept für den Winter gehabt hätten.
Für die Schließung – es erspart die Angst
Brigitta Wilk, eine Mutter vom Hochrhein, schreibt auf unseren Facebook-Aufruf: „Für uns war es eine große Anspannung, das Kind tagtäglich in die Schule zu schicken, einfach aus Angst vor einer Infektion, mit dem Ergebnis, nur noch telefonischen Kontakt zu den Großeltern zu haben, die uns ansonsten unterstützen. Home-Schooling in Kombination mit Home-Office ist zweifelsohne anstrengend, aber tausend mal lieber als diese Angst vor dem Virus. Eltern aus der Schulklasse meines Sohnes haben sich zusammen geschlossen, um wieder Home-Schooling durchzuführen, im Wechsel und es funktioniert.“
Celina Geiger aus Wehr, Elternbeiratsvorsitzende der Gemeinschaftsschule Rheinfelden, ist ebenfalls für die weitere Schließung der Schulen. „Es kann nicht sein, dass große Teile der Wirtschaft nach unten gefahren werden und sich das Virus in Schulen und Kitas munter weiter verbreitet“, schreibt sie. „Wenn sich die Kids dann wieder in Quarantäne befinden, weil es Kontakte gab, Lehrkräfte in Quarantäne müssen oder erkranken, ist niemandem geholfen.“ Ihr Vorschlag: „Lassen wir die Schulen zu bis Ende Januar und verzichten dafür auf Fasnachtsferien und oder eine Woche Osterferien – das wäre pragmatisch.“ Geiger spricht von einem „totalen Versagen der Kultusministerin“. Denn: Seit März hätte man Zeit gehabt auf Hybridunterricht umzustellen, Klassenräume auszustatten und Lehrkräfte in der Digitalisierung weiterzubilden. „Man lässt lieber lange auf, um angeblich Eltern zu entlasten. Aber, wenn Kinder immer wieder zu Hause bleiben müssen und immer die Angst mit geht, krank zu werden, ist das auch nicht einfacher.“
Auch eine Lehrerin aus Wehr meldet sich auf unseren Aufruf und ist für die Schließung. Sie nennt sich in Facebook „Ja Ca Son“: „Ich habe nicht nur Kinder in der Schule, sondern arbeite auch dort. Es ist eine Zumutung für die Kinder bei offenen Fenster, von der Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln ganz zu schweigen.“
Auch viele weitere Eltern sprechen sich für die weiteren Schließung der Schulen aus. Darunter auch Karina Nayla. Sie hat neun Kinder, darunter vier schulpflichtige, teilweise aus der Risikogruppe. Sie sagt: „Allein den Gedanken an Schulöffnungen finde ich unmöglich, zumal zuhause lernen einfach nur Vorteile hat, der Familie gut tut und einfach jede Menge Angst erspart.“
Für die Öffnung – Eltern kommen an ihre Grenzen
Raffaele Lorusso aus Wehr findet die Entscheidung, die Schulen geschlossen zu lassen, nicht gut, wie er in einer Mail an die Redaktion schreibt. „Ich muss weiterhin zur Arbeit. Meine Frau kann Homeoffice machen, aber mit einem Kleinkind zu Hause ist es nicht so einfach, dem Kind und dem Job gerecht zu werden. Corona wird uns meiner Meinung nach noch sehr lange begleiten, also müssen wir irgendwie weitermachen: Kindergärten und Schulen öffnen und auf die Hygienekonzepte setzen.“
Sophie Brandt vom Hochrhein hat zwei Kinder, eines geht in die Grundschule, andere in den Kindergarten. Sie und ihr Mann seien beide in der Schweiz voll berufstätig. Die Großeltern leben in Norddeutschland. „Ich möchte das nicht noch einmal haben, diese Situation wie im Frühjahr: Ständig das Gefühl, keinem gerecht zu werden und das bei 200 Prozent Einsatz – das ist nicht tragbar.“
Auch für Sylin Bourja aus Murg mit drei schulpflichtigen Kindern sei die weitere Schulschließung keine gute Lösung. Ihre Kinder besuchen die 2., 4. und 7. Klasse, sie ist alleinerziehend und hat einen Vollzeitjob. „Es ist einfach nur eine Katastrophe, da die Kinder quasi den ganzen Tag auf sich alleine gestellt sind und sich alles alleine erarbeiten müssen. Klar für den Großen ist es nicht wirklich ein Problem, da er sehr selbstständig ist. Aber der Kleine hat extrem daran zu knabbern, weil eben alles neu ist, und er in der 1. Klasse durch den ersten Lockdown schon sehr hinterher ist. Alles was jetzt falsch gelernt wird bleibt und nach der zehnten Stunde Arbeit kann man dann noch Lehrer spielen. Ich finde es sollte dringend eine Lösung zumindest für Grundschulen her, eine mit der alle leben können.“
Samira Reitzig aus Wehr wünscht sich auch, dass die Schulen bald wieder öffnen. „Sonst weiß ich bald nicht mehr, wohin mit meiner Jüngsten“, schreibt sie. „Mein Mann und ich müssen arbeiten und wenn ich mich dann noch zusätzlich bei zwei Kindern um die Schulaufgaben kümmern muss, werde ich wieder sehr an meine Grenzen kommen.“
Auch Hafa Havic aus Laufenburg finde, es ist wichtig für Kinder, dass die Schulen offen bleiben. Diejenigen, die gefährdet seien, könnten ja daheim bleiben. „Von zuhause können die Kinder doch nicht lernen, so viel Stoff geht verloren, das sind unmögliche Zustände.“
Die Antworten zeigen ein breites Spektrum an Meinungen und persönlichen Herausforderungen von Familien mit jungen Kindern. Doch die Antwort von Stefanie Bär, zeigt noch weitaus größere Auswirkungen: „Für mich persönlich bedeutet die Schulschließung, dass ich meinen neuen Job nicht antreten kann und somit arbeitslos bin.“