„Sie war schon blau angelaufen. Das ist kein gutes Zeichen“, berichtet Sebastian Gleichauf von dem drastischen Moment. Der Schwimmmeister und Betriebsleiter des Albbrucker Schwimmbads rettete vergangenen Sonntag denkbar knapp einem fünfjährigen Mädchen das Leben. Zwei Tage darauf hatte sie Geburtstag. Sebastian Gleichauf wurde erneut zum Helden von Albbruck, denn vor fast genau einem Jahr rettete er einen Sechsjährigen vor dem Ertrinken. Er und sein Vater Dieter Gleichauf erzählten dem SÜDKURIER drei Tage später, was genau geschah.

Die Fünfjährige konnte ihren sechsten Geburtstag in der Nacht zum Dienstag im Kinderklinikum feiern.
Die Fünfjährige konnte ihren sechsten Geburtstag in der Nacht zum Dienstag im Kinderklinikum feiern. | Bild: privat

Gleichauf greift beherzt ein

Sebastian Gleichauf rettet nicht zum ersten Mal einen Badegast. Seine Gedanken seien dabei immer beim nächsten Schritt zur Rettung eines ...
Sebastian Gleichauf rettet nicht zum ersten Mal einen Badegast. Seine Gedanken seien dabei immer beim nächsten Schritt zur Rettung eines Leben. „Da läuft ein Film im Kopf ab“, erzählt der Schwimmmeister. | Bild: Verena Wehrle

Am Nachmittag bei mittleren Betrieb saß Sebastian Gleichauf auf seinem Aussichtsturm. Plötzlich habe er ein kleines Kind ohne Schwimmflügel gesehen. Es habe hektische Bewegungen unter Wasser gemacht. Als der Bademeister darauf zum Nichtschwimmerbecken geeilt sei, sah er den Schreck: Das Mädchen war bereits regungslos zum Beckenboden gesunken.

Ausblick vom Turm: Vom Schwimmer- zum Nichtschwimmerbecken Video: Sebastian Ridder

Gleichauf sei sofort ins 1,36 Meter tiefe Becken gesprungen. „Da läuft ein Film im Kopf ab“, sagt er. Er habe nur noch daran gedacht, welche Schritte er abgehen muss, um das Kind zu retten.

Reanimation zu zweit am Beckenrand

Als er die Fünfjährige am Beckenrand niederlegte, habe er keinen Puls gefühlt. Die Atmung hatte ausgesetzt. Sebastian Gleichauf begann mit Herzdruckmassagen und Mund-zu-Mund-Beatmungen, während ein Badegast seinen Vater alarmierte, um den Rettungsdienst zu rufen.

Hier hat Sebastian Gleichauf das Kind gerettet Video: Sebastian Ridder

Ein weiterer Badegast sei dem Schwimmmeister zu Hilfe gekommen – eine Krankschwester. Nach drei mal 30 Herzdruckmassagen und sechs Mund-zu-Mund-Beatmungen endlich die Erleichterung: Das fünfjährige Mädchen spuckte Wasser aus und fing an, nach Luft zu japsen.

Mädchen feiert Geburtstag in der Kinderklinik

Das kleine Kind, zunächst desorientiert, habe nach seiner Mutter gerufen. Gleichauf brachte das Mädchen in den Erste-Hilfe-Raum. Kurze Zeit später seien der Rettungswagen und ein Notarzt eingetroffen.

Die Notkräfte fuhren mit dem Kind und ihrer Mutter in die Kinderklinik in Lörrach. Dort habe sie erneut Wasser erbrochen, berichtet Gleichauf. Am Abend erfuhr er noch telefonisch von der Mutter, dass es dem Mädchen wieder gut geht. Zur Beobachtung blieb sie noch zwei Tage dort. „Das ist Standard. Damit man Infektionen durch das Wasser in der Lunge ausschließen kann“, erzählt Sebastian Gleichauf.

Wiedersehen nach dem Geburtstag

Die beiden Schwimmmeister haben für ihre beherzten Einsätze immer viel Lob erhalten. So auch Sebastian Gleichauf am Sonntag, erst von den anwesenden Badegästen und später in den sozialen Medien. „Das ist schön und bestätigt auch unsere gute Arbeit“, sagt Dieter Gleichauf.

Zur Erinnerung haben die Schwimmmeister immer ein Foto mit den geretteten Kindern gemacht. Das fünfjährige Mädchen feierte jedoch zuerst ein mal ihren sechsten Geburtstag. Der ist nämlich genau am Tag ihrer Klinikentlassung gewesen. Die Familie hat mit dem Schwimmmeister aber bereits abgemacht, dass sie ihn zum Dank und für ein Erinnerungsfoto besuchen kommt.

Gleichauf verarbeitet erst nachts das Geschehene

Er sei erschöpft gewesen nach den Wiederbelebungsmaßnahmen, doch zum Ausruhen war keine Zeit, berichtet Sebastian Gleichauf. „Wir arbeiten ja und müssen das gewöhnt sein“, sagt sein Vater Dieter Gleichauf. Und so ging es am Sonntag auch nach dem Ereignis wieder auf den Aufsichtsturm für Sebastian Gleichauf. „Erstmal macht man alles, wie an jedem anderen Tag“, sagt er.

Von hier beobachten Schwimmmeister wie Sebastian Gleichauf das Albbrucker Schwimmbad. Hinter ihm befindet sich das Nichtschwimmerbecken.
Von hier beobachten Schwimmmeister wie Sebastian Gleichauf das Albbrucker Schwimmbad. Hinter ihm befindet sich das Nichtschwimmerbecken. | Bild: Sebastian Ridder

Erst abends verarbeite der Schwimmmeister das Geschehene. „Vor dem Schlafen, denkt man viel über das Kind nach, und ob man was hätte anders machen können, auch wenn alles richtig war“, so Sebastian Gleichauf.

Auch sein Vater hat bereits zwei mal Kindern so das Leben gerettet. Er machte die gleiche Erfahrung: „Man denkt vor dem Einschlafen an das Geschehene und wacht in der Nacht auf und muss wieder daran denken“, sagt Dieter Gleichauf. In den Tagen darauf geht die Arbeit aber wie gewohnt weiter. Wie es bei Todesfällen ist, können Vater und Sohn nicht sagen, denn die gab es zum Glück im Schwimmbad Albbruck nicht.

Fünf mal Nichtschwimmer ohne Schwimmflügel

Im Schwimmbad Albbruck war es das fünfte mal seit der Eröffnung, dass ein Badegast reanimiert werden musste. Zwei mal rettete Dieter Gleichauf 1989 und 1992 Leben und Sebastian Gleichauf nun bereits nach 2003 und 2022 zum dritten Mal.

Hier vor den Nichtschwimmerbecken lagen die Schwimmflügel des Mädchen. Sie war zum Unfallzeitpunkt ohne sie im Becken hinter der ...
Hier vor den Nichtschwimmerbecken lagen die Schwimmflügel des Mädchen. Sie war zum Unfallzeitpunkt ohne sie im Becken hinter der Zwischenwand. | Bild: Sebastian Ridder

Kurios ist, dass alle Unfälle fast gleich abliefen: Immer waren es Kinder, immer Nichtschwimmer und immer ohne Schwimmflügel. „Die Eltern müssen darauf aufpassen“, sagt Dieter Gleichauf. „Die Schwimmflügel müssen am besten auch am Platz anbehalten werden!“ Außerdem seien die Kinder immer ohne Bezugsperson in den Becken gewesen.