Geschlechtsverkehr mit einem 13 Jahre alten Kind gilt in Deutschland als schwerer sexueller Missbrauch und wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft. Zeigt sich der Täter geständig und kommt es zu einem Täter-Opfer-Ausgleich, kann der Strafrahmen deutlich nach unten korrigiert werden.

Davon hat jetzt vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen ein 30 Jahre alter Angeklagter aus Norddeutschland profitiert. Das heute 16 Jahre alte Opfer nahm die Entschuldigung an; das Gericht verurteilte den Mann zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Dass es an einem Abend Mitte Mai 2022 am Busbahnhof in Waldshut zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr der Beiden kam, war vor Gericht unstrittig. Zunächst im Gebüsch und später auf der Frauentoilette wurde der Akt vollzogen.

Mädchen hatte bereits Geschlechtsverkehr

Für das damals 13 Jahre alte Mädchen war dies keine Premiere. Auf Nachfrage von Verteidiger Stefan Gast räumte sie ein, zuvor schon Geschlechtsverkehr mit fünf anderen Männern oder Jungen gehabt zu haben.

Eigengefährdung durch das Sexualleben des jungen Mädchens war denn auch einer der Gründe für die Unterbringung vom September 2022 an in einer geschlossenen stationären Jugendhilfeeinrichtung in Bayern. Zuvor lebte das Mädchen von 2021 an in Wohngruppen, zunächst in Bad Säckingen und Rickenbach, dann am Bodensee. Von dort, so bekannte sie, sei sie auch einige Male ausgebüxt. Alkohol- und auch Drogenkonsum gehörten in diesen jungen Jahren zu ihrem Alltag.

Sein Verhältnis zu einer Nachbarin des Mädchens führte den Mann aus Norddeutschland an den Hochrhein. Vor Gericht erzählte die junge Frau, dass sie damals als Zwölfjährige „in ihn verknallt“ gewesen sei. Mit zwölf sei es auch zum ersten Kuss gekommen.

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Auf Whatsapp habe man sich später gegenseitig die Liebe bekundet. Seit Sommer vergangenen Jahres lebt die junge Frau wieder bei ihrem Vater. Ihre Mutter starb im September 2021. Aktuelles Ziel ist der Hauptschulabschluss.

Den hat der Angeklagte nach drei Anläufen in Berufsschulen in der Tasche. Aktuell arbeitet er als Kundenberater in einem Callcenter in Norddeutschland. Seit einigen Monaten ist er auch wieder in einer festen Beziehung.

Gute Sozialprognose der Staatsanwältin

Staatsanwältin Anne Mehling bescheinigte ihm eine gute Sozialprognose. Das Bundeszentralregister weist für den 30-Jährigen 14 Einträge aus, darunter Diebstahldelikte, Fahren ohne Fahrerlaubnis, aber mit Alkohol im Blut und zuletzt eine Beleidigung und Bedrohung.

Der Geschlechtsverkehr am Busbahnhof in Waldshut im Mai 2022 war im vergangenen Jahr bereits einmal Gegenstand einer Verhandlung vor dem Amtsgericht. Wegen erforderlicher Nachermittlungen wurde damals abgebrochen. Jetzt bemühte sich Staatsanwältin Mehling am Vortag der Verhandlung um eine Verständigung mit dem Anwalt des Angeklagten.

Angeklagter: Keine Gedanken übers Alter gemacht

Dazu kam es nicht, der Angeklagte machte in der Verhandlung keine Angaben zur Sache. Zunächst. Nach der Vernehmung der heute 16-Jährigen aber bat die Staatsanwältin Richterin Maria Goj und den Anwalt zu einer kurzen Beratung. Danach ging es ganz schnell.

Der Angeklagte räumte ein, sich damals keine Gedanken über das Alter des Mädchens gemacht zu haben, er habe aber in Kauf genommen, dass es auch jünger als 14 Jahre gewesen sein könnte. „Es war falsch von mir, ich hätte anders handeln müssen und möchte mich entschuldigen“, sagte er, der jungen Frau, dabei tief in die Augen blickend. Zuvor hatten sich die beiden im Sitzungssaal des Gerichts keines Blickes gewürdigt.

Das fordert die Staatsanwältin

Dieser ernsthafte und aufrichtige Täter-Opfer-Ausgleich – so die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer – erlaube eine Korrektur des Strafmaßes nach unten. Auch erlaube das Geständnis eine deutliche Verkürzung des Prozesses.

Die damals 13-Jährige sei zwar per Gesetz schutzwürdig gewesen, allerdings sei sie nicht das 13 Jahre alte Mädchen aus dem Mädcheninternat gewesen, das noch nie einen nackten Mann gesehen habe. Sie habe sich damals häufig am Busbahnhof rumgetrieben, habe etliche Sexualpartner gehabt und Alkohol und Drogen konsumiert. Anne Mehling plädierte auf sieben Monate Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden können.

Das sagt der Verteidiger

Einen Monat weniger Gefängnis wollte der Verteidiger. Er sprach von einem „minderschweren Fall, den der Gesetzgeber in dieser Form nicht vorgesehen hat“. Der Sex sei einvernehmlich gewesen und habe zur Befriedigung der jungen Frau geführt. Ohne das Geständnis seines Mandanten, so Anwalt Stefan Gast, wäre es für das Gericht sehr schwer geworden, nachzuweisen, dass der Mann Kenntnis vom kindlichen Alter seines Gegenüber gehabt hatte.

Gleichwohl, so räumte der Anwalt ein, hätte sein Mandant da genauer hinschauen müssen. Er plädierte auf eine sechsmonatige zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Maria Goj brauchte nur wenige Minuten Beratungszeit, um sich dem Antrag der Staatsanwältin anzuschließen.

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