Eigentlich wäre das Pflegeheim Sonnenhang im Laufenburger Stadtteil Binzgen ein guter Ort, um den Lebensabend zu verbringen, sollte man meinen: Vor dem Gebäude liegt ein kleiner Park mit einem Teich, der geräumige Gemeinschaftsraum ist hell und verfügt über eine große Außenterrasse, die 15 über drei Stockwerke verteilten Zimmer sind über einen Aufzug zu erreichen.

Dennoch schließt die privat betriebene Pflegeeinrichtung mit 25 Plätzen zum 1. September. Wieso macht ein Pflegeheim dicht, obwohl doch alle Welt einen Mangel an Pflege- und insbesondere Kurzzeitpflegeplätzen beklagt?

Wir sprachen darüber mit Robert Speelmann. Er ist stellvertretender Geschäftsführer der Pflegeheim Sonnenhang GmbH. Zusammen mit seiner Frau Karin Behrendt-Speelmann, einer gelernten Krankenschwester mit Weiterbildung zur Pflegedienstleiterin, hat er die Einrichtung seit 1995 zunächst auf der Laufenburger Brunnenmatt und seit 2008 in Binzgen betrieben.

Vor dem ehemaligen Pflegeheim steht der Robert Speelmanns Wagen mit einem Hänger, der mit ausgangierten Möbelstücken beladen ist. Gut zu ...
Vor dem ehemaligen Pflegeheim steht der Robert Speelmanns Wagen mit einem Hänger, der mit ausgangierten Möbelstücken beladen ist. Gut zu sehen sind im Hintergrund links der Altbau, rechts der Anfang der 2000er errichtete Neubau, dazwischen der Aufzugsschacht. | Bild: Vonberg, Markus

Mit 73 und 67 Jahren haben Robert Speelmann und seine Frau inzwischen selbst ein Alter erreicht, in dem sie kürzertreten und Abschied vom Berufsleben nehmen wollen. Eigentlich planten sie, die Einrichtung an einen anderen Betreiber zu übergeben, sagt Speelmann. Doch es habe sich trotz langer Suche keiner gefunden. Deshalb wurde die Immobilie an einen Investor verkauft, der ganz andere Pläne mit ihr hat.

Mit nur 25 Betten ist das Pflegeheim den meisten möglichen Betreibern zu klein

„Niemand will ein Haus mit 25 Betten übernehmen. Die wollen 50, 60, 70 oder mehr Betten“, berichtet der 73-Jährige über Verhandlungen mit möglichen Interessenten. Der einfache Nenner: Je größer die Einrichtung, umso kosteneffizienter lasse sie sich betreiben. Eine Einrichtung mit der familiären Größe von 25 Plätzen sei nicht das, wonach Investoren im Gesundheitsbereich suchten.

Robert Speelmann fegt die ehemaligen Büroräume. Das Gebäude wird besenrein an den neuen Eigentümer übergeben.
Robert Speelmann fegt die ehemaligen Büroräume. Das Gebäude wird besenrein an den neuen Eigentümer übergeben. | Bild: Vonberg, Markus

Was den Weiterbetrieb als Pflegeheim auch nicht erleichterte: Es stehen hohe Investitionen an. Zwar wurde laut Speelmann zuletzt vor der Inbetriebnahme 2008 ein siebenstelliger Betrag investiert. „Wir haben damals Doppelzimmer geschaffen, die statt der erlaubten 18 Quadratmeter 20 Quadratmeter groß waren.“ Doch die kurz danach vom Land erlassene Heimbauverordnung verlange mindestens 22 Quadratmeter. Trotz Ausnahmegenehmigung muss deshalb über kurz oder lang nochmals umgebaut werden.

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Das größte Problem für einen Weiterbetrieb ist der Mangel an Personal

Auch der chronische Mangel an Personal erschwere den weiteren Betrieb, erläutert Speelmann. Laut Schätzungen werden bis 2040 landesweit rund 24.000 zusätzliche Pflegefachkräfte benötigt, umgerechnet auf den Landkreis Waldshut wären das etwa 360. Doch schon jetzt gibt es viel zu wenige Pflegekräfte. Gerade am Hochrhein arbeiten Fachkräfte und Angelernte oft lieber in der nahen Schweiz, wo sie – allerdings bei höherer Wochenarbeitszeit und weniger Urlaub – deutlich mehr verdienen.

Blick von der Terrasse des Altbaus in den parkähnlichen Garten, der sogar einen eigenen Teich hat. Das gesamte Areal des ehemaligen ...
Blick von der Terrasse des Altbaus in den parkähnlichen Garten, der sogar einen eigenen Teich hat. Das gesamte Areal des ehemaligen Altenpflegeheims umfasst 6200 Quadratmeter. | Bild: Vonberg, Markus

Für den Landkreis Waldshut bedeute das Aus des Pflegeheims Sonnenhang den Verlust von 20 vollstationären und fünf Kurzzeitpflegeplätzen, wie das Landratsamt auf Anfrage mitteilt. Das statistische Landesamt vermerkt 2021 für den Landkreis insgesamt 33 Pflegeheime mit 1720 Plätzen, davon 1532 vollstationäre. Ohne Sonnenhang stehen im Landkreis nur noch 32 Pflegeheime zur Verfügung.

Die bisherigen Bewohner konnten auf Pflegeheime in der Umgebung verteilt werden

Der letzte der einst 25 meist aus der näheren Umgebung stammenden Bewohner des Pflegeheims ist am 28. Juli ausgezogen. Bereits seit Jahresbeginn seien keine Personen mehr neu aufgenommen worden, so Speelmann. Im Juni waren noch zwölf Bewohner untergebracht. Sie hätten alle auf Plätze in anderen Pflegeeinrichtungen der Umgebung namentlich in Laufenburg, Murg, Bad Säckingen und Herrischried verteilt werden können, sagt Speelmann.

Der Wegweiser zum ehemaligen Altenpflegeheim. Bereits seit Anfang des Jahres wurden wegen der bevorstehenden Schließung keine neuen ...
Der Wegweiser zum ehemaligen Altenpflegeheim. Bereits seit Anfang des Jahres wurden wegen der bevorstehenden Schließung keine neuen Bewohner mehr aufgenommen. | Bild: Vonberg, Markus

„Bitte schickt uns euer Personal“

In den genannten Pflegeheimen arbeitet nach seiner Auskunft jetzt auch ein Gutteil jener zuletzt neun ausgebildeten und angelernten Vollzeitkräfte, die im Sonnenhang die Bewohner pflegten. „Schon im März hatten wir Anrufe von anderen Pflegeheimen: ‚Bitte schickt uns euer Personal!‘ Die suchen alle dringend nach Mitarbeitern“, schildert Speelmann.

Für die 1400 Quadratmeter Nutzfläche gibt es schon neue Pläne

Für das ruhig gelegene Gebäude mit 1400 Quadratmeter Fläche und den umgebenden 6200 Quadratmeter großen Freibereich hat der neue Eigentümer schon Pläne. Er beantragte eine Umnutzung in ein Hotel Garni.

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