
„Havariertes Boot an der Rheinbrücke, drei Menschen im Wasser.“ Die Alarmierung raschelt noch über die Funkanlage, da lassen Marec, Alina und Yannic bereits das Boot ins Wasser. „Anfahrt alte Rheinbrücke“ bestätigt Alina über Funk und schon heult der Motor auf.
Denn auch wenn heute der Ernstfall nur geprobt wird: für zwölf Nachwuchs-Rettungsschwimmer geht es an diesem Nachmittag in der praktischen Prüfung darum, ob sie in Zukunft ihre Ortsgruppe im Einsatz unterstützen dürfen.
Mit im Boot sind darum auch als Bootsführer Philipp Schmid und Jan Laleika als Prüfer. Marec ist als Bootsgast die rechte Hand des Steuermanns, Alina hält am Funkgerät die Kontakt zum Einsatzteam und Yannic im Neoprenanzug steht für den Einsatz im Wasser bereit.

Ein Jahr musste die Abschlussprüfung wegen der Pandemie verschoben werden, dann nochmals wegen des starken Hochwassers. Der Nieselregen an diesem Sonntag Nachmittag hingegen hält die Prüflinge nicht ab, hochkonzentriert geht es vom Warmbacher Bootsanleger Richtung alte Rheinbrücke. Hier treibt Jannick Richter im Wasser und hält sich bei starker Strömung gerade so an einem Betonpfosten fest.

Mit Schwimmweste und Neoprenanzug ist der ausgebildeter Wasserretter natürlich kaum in Gefahr.
Das Manöver muss stimmen
Doch es gilt, das Boot mit herabgelassener Frontrampe vorsichtig zu manövrieren, um den Hilfebedürftigen an Bord ziehen zu können.
Die Übergabe des verletzten Verunglückten an die Helfer am Ufer ist bei starkem Hochwasser eine besondere Herausforderung.
Am Ufer wartet eine weitere Gruppe Prüflinge mit Sanitätsausrüstung darauf, den Verletzten zu übernehmen und auf der Brücke wurde eine Kommandozentrale eingerichtet, um den Einsatz zu koordinieren.
„Wie im richtigen Einsatz auch gibt es mindestens drei Teams: die Bootsgruppe, die Führungsgruppe und die Strömungsrettergruppe“, so Markus Weber. Zwei Jahre lang haben der Strömungsretter und seine Kollegen die insgesamt 20 Nachwuchskräfte aus den Ortsgruppen Weil am Rhein, Grenzach-Wyhlen und Rheinfelden ausgebildet. „Wir arbeiten für die Ausbildung eng zusammen“, erklärt Weber.

Die Prüflinge haben den Verunglückten mittlerweile an das Rettungsteam am Ufer übergeben.
Die Strömung beachten
Jetzt geht es auf die Suche nach dem abgetriebenen Boot. „Hier muss man die Strömungsgeschwindigkeit kennen und dann den Suchbereich eingrenzen“, erklärt Weber. Denn je nach Wasserstand kann ein Schwimmer in Not oder ein außer Kontrolle geratenes Boot 1,5 Kilometer in nur 15 Minuten zurücklegen. Erneut röhrt der Außenbordmotor auf, es geht Richtung Autobahnbrücke.

Alina, Yannic und Marec sind schon seit ihrem allerersten Schwimmkurs in Grundschulzeiten bei der DLRG: „Die Gemeinschaft und Leuten helfen zu können – und der Spaß am Schwimmen natürlich“, fasst Marec die Motivation für den ehrenamtlichen Dienst zusammen. Zwei Jahre haben sie sich auf die Prüfung vorbereitet. Durch Corona und Hochwasser hat es nochmal ein Jahr gebraucht, bis nun endlich die Prüfung abgelegt werden kann.
Kenntnisse über die Technik
Neben Rettungsschwimmen gehört auch eine Sanitätshelferausbildung, Kenntnisse im Schnorcheltauchen und ein Funksprechzeugnis zu den Voraussetzungen, als Wasserrettungshelfer in den aktiven Dienst zu wechseln. Um auch mit den besonderen Herausforderungen in Fließgewässern und speziell im Wildwasser zurecht zu kommen, können sie später die sehr umfangreiche Ausbildung zum Strömungsretter machen. Hier gehören auch Abseiltechiken, der Umgang mit der persönlichen Schutzausrüstung und erweitere Kenntnisse zu Gewässern und Strömungen zur Ausbildung.
Auch wenn viel geübt wurde: Die Erleichterung nach dem ersten Prüfungsabschnitt ist den Dreien anzusehen. „Etwas war die Aufregung zu spüren, insgesamt aber war es schön ruhig und sicher mit gutem Funkkontakt“, lobt Weber. „Die Hauptherausforderung ist es, sich der verändernden Lage auf einem fließenden Gewässer anzupassen: man muss hochflexibel arbeiten, das Suchgebiet richtig abstecken und sich mit der Strömung bewegen“, erklärt Weber.

Ein Grillfest unterhalb Schloss Beuggen, gut gelaunt und angetrunken sind zwei Männer in den Rhein gesprungen – auch der zweite Prüfungsteil ist realitätsnah gehalten. Alina, Marec und Yannic sind auf neue Teams verteilt worden. Ein typisches Szenario gebe es aber nicht, erklärt Weber: „Das ist sehr breit gestreut, von der Personensuche und Rettung zur technischen Hilfe bei abgetriebenen Gegenständen bis hin zur Betreuung von Veranstaltungen wie dem Rheinschwimmen.“ Darum gilt die Fachausbildung Wasserrettungsdienst auch als anspruchsvoll, nicht jeder besteht die Prüfung.

In diesem Jahr haben es aber alle 12 Prüflinge geschafft. „Im Herbst startet wir mit der nächsten Gruppe“, so Weber.

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