Ungereimtheiten zwischen Bürgermeister Johannes Albrecht und Thorsten Rudolph, dem Geschäftsführer der Hochschwarzwald Tourismus (HTG) gibt es seit einer Weile. Im Februar schrieben dann neun Bürgermeister aus dem Hochschwarzwald einen offenen Brief, in dem sie Feldbergs Bürgermeister kritisierten, ohne dessen Namen zu nennen. Jetzt wendet sich auch das Bürgerforum Feldberg mit Vorwürfen gegen Albrecht an die Öffentlichkeit.
Der Rathauschef sorgt für Veränderungen, die nicht allen gefallen. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER geht er auf die Vorwürfe ein und zeigt Verständnis, auch wenn ihm die Art und Weise dieser Kommunikation so gar nicht gefällt.
Der offene Brief der Bürgermeister
Vorwurf 1: In ihrem offenen Brief schreiben die Bürgermeister Josef Haberstroh (Breitnau), Karlheinz Rontke (Eisenbach), Josef Matt, (Friedenweiler), Klaus-Michael Tatsch (Hinterzarten), Andreas Graf (Lenzkirch), Tobias Link (Löffingen), Jürgen Kaiser (Schluchsee), Manfred Kreutz (St. Märgen) und Meike Folkerts (Titisee-Neustadt) von „destruktivem Verhalten einzelner“ und meinen damit – wie später bekannt wird – unter anderem Bürgermeister Johannes Albrecht. Einzig Klaus-Michael Tatsch bereut später öffentlich die Unterzeichnung des Schreibens. Albrecht selbst erfährt erst von der Presse davon. Alle Gemeinden gehören zum Zweckverband Hochschwarzwald. In ihre Schreiben ging es vor allem um die Verhandlungen mit der HTG zur Hochschwarzwald-Card, die der Liftverbund Feldberg 2020 gekündigt hatte. Und auch das Bürgerforum Feldberg kritisiert den Ausstieg Feldbergs aus der Karte.
Dazu sagt Johannes Albrecht: „Ich habe Verständnis für die Meinung der Bürgermeister. Doch sie müssen auch verstehen, dass ihre Gemeinden nicht so viele Berührungspunkte mit der HTG-Geschäftsführung haben.“ Er selbst habe nichts von dem Schreiben gewusst. „Das Normalste wäre gewesen, mit mir das persönliche Gespräch zu suchen“, so Albrecht. Auch von den Anschuldigungen des HTG-Geschäftsführers Thorsten Rudolph, Albrecht habe den Weltcup durchkreuzen wollen, habe er zuerst von der Presse erfahren. Zum Ausstieg aus der Karte erläutert Albrecht: Aktuell sei die Gemeinde an der Aufarbeitung eines Masterplans des Liftverbbunds. „Dies hat orberste Priorität, bevor wir weitere Verhandlungen zur Karte aufnehmen“, sagt Albrecht. Er betont nochmals die bekannte finanzielle Schieflage des Liftverbunds, die zuerst aufgearbeitet werden müsse. Die neue Planung für den Liftverbund wolle man im Frühsommer präsentieren.
Zur HTG-Karte:
Zur Auseinandersetzung zur HTG-Karte lesen Sie hier mehr, auch die Sichtweise der HTG:
Investitionsstau in der Gemeinde
Vorwurf 2: Einen Brief schickte das Bürgerforum Feldberg an den SÜDKURIER, unterzeichnet von Alt-Gemeinderat Walter Wochner. Darin wird Albrecht vorgeworfen, er habe die vielen Investitionen der vergangenen 25 Jahre als völlig vernachlässigt dargestellt und in Frage gestellt.
Dazu Albrecht: „Ich habe es nicht in Frage gestellt, vieles wurde gut gemacht, doch jetzt muss es auch Möglichkeiten zur Veränderung geben.“ „Für Veränderungen bin ich ja auch gewählt worden, dazu fühle ich mich verpflichtet.“ Analysen hätten ergeben, dass es gerade im Hinblick auf die Basis-Infrastruktur einen großen Investitionsstau gebe. Dringender Handlungsbedarf sehe man in der Wasserversorgung, wo Investitionen von knapp 12 Millionen Euro nötig seien. Fast die Hälfte des Wassers versickere in den Leitungen, bevor es bei den Wohnhäusern ankomme. In den Straßen hätte man einen Investitionsbedarf von 500.000 Euro pro Jahr. Albrecht spricht von Versäumnissen aus der Vergangenheit.
Hat der Bürgermeister zu wenig Tourismus-Erfahrung?
Vorwurf 3: Albrecht habe könne kaum touristische Erfahrungen und ebenso wenig Qualifikationen in modernem Tourismus nachweisen. So steht es ebenfalls im Brief des Bürgerforums.
Dazu sagt der Feldberg-Bürgermeister: „Ich bin mit dem Tourismus aufgewachsen, habe ab 14 Jahren in der Gastronomie gearbeitet, war als Reisebegleiter, Skilehrer in den Alpen im Einsatz und konnte in vielen Bereichen Erfahrungen sammeln, die für den Tourismus förderlich sind. Aus seiner Sicht beginne nun die neue Epoche des Tourismus. Sein Zeil sei es, einen nachhaltigen Tourismus zu etablieren. „Ich sehe darin die größte Chance für den Hochschwarzwald“. Sein Thema sei es den „Gast zu einem Einheimischen auf Zeit“ zu machen.
Schwieriger Verhandlungsstil oder offene Kommunikation?
Vorwurf 4: „Die Art und Weise seiner Kommunikation wird nahezu von allen Gremien beanstandet“, steht im Brief des Bürgerforums. Walter Wochner kritisiert den Verhandlungsstil des Bürgermeisters auch im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Das Menschliche ist das Hauptproblem“, so Wochner.
Dem entgegnet Albrecht: Er sei offen, alles zu diskutieren und stehe für Offenheit und Transparenz. Im Gemeinderat gebe es eine gute Atmosphäre, ein offener Dialog, dort sei ihm die offene Diskussion besonders wichtig und, dass Themen aus den verschiedenen Sichtweisen beleuchtet werden. Auch mit den Bürgern sei er jederzeit bereit für ein Gespräch.
Die Forderungen des Bürgerforums
in einer Postwurfsendung, die in der Gemeinde verteilt wurde, zeigt sich das Bürgerforum zur Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister bereit, allerdings stellt sie als Bedingungen einige Forderungen an den Gemeinderat.
Forderung 1: Bildung des langjährig erfolgreich arbeitenden, beratenden Tourismusausschusses mit fünf Gemeinderatsmitgliedern
Dazu sagt Albrecht: Dazu habe es bereits einen Einwohnerantrag gegeben, der im Gemeinderat diskutiert und abgelehnt wurde. Dabei gelte das spezielle Kriterium, dass mit einem Einwohnerantrag nur Themen besprochen werden dürfen, die die Gemeinde alleine entscheiden könne. Das wäre bei HTG- oder Liftverbund-Themen nicht der Fall. Aber: „“Wenn wir einen wollen, können wir jederzeit einen Tourismus-Ausschuss gründen, das liegt in der Verantwortung des Gemeinderats.“
Forderung 2: Bildung eines Liftausschusses. In der Gemeinde liege seit 2018 ein Gemeinderatsbeschluss unbearbeitet vor, der die Ausschreibung einer 8er-Sesselbahn Sesselbahn auf der Trasse des alten 2-er-Sesselliftes beinhaltet und somit die erforderlichen Änderungen am Seebuck einläutet.
Dazu sagt Albrecht: Diesen Liftausschuss gebe es immer noch mit gesetzlichen Vertretern aus dem Gemeinderat. Zur geplanten 8er-Sesselbahn habe es aber niemals eine Kalkulation gegeben. Dazu werde eben aktuell ein Gesamtkonzept erarbeitet und erst dann können sinnvoll erachtete Investitionen auf den Weg gebracht werden. „Wir müssen investieren, um zukünftig zu sparen“, so Albrecht. Investitionen für eine neue Feldberg-Plan seien auf dem Plan.
Forderung 3: Rückkehr des Bürgermeisters Albrecht zur zielführenden, kooperativen Zusammenarbeit im Zweckverband Hochschwarzwald, dem Bürgermeistersprengel und insbesondere zur HTG, mit Mag. Rudolph. Die persönlichen Animositäten sind umgehend einzustellen und haben in der Gemeindearbeit keinen Platz.
Dazu sagt Albrecht: „Ich bin absoluter Verfechter der HTG und des Zweckverbandes sowie der interkommunalen Zusammenarbeit.“ Die Arbeit der HTG erachte er als ganz wichtig und für Feldberg als die übernachtungsstärkste Gemeinde spiele sie eine große Rolle. „Für eine nachhaltige Entwicklung wird eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Feldberg, Liftverbund und HTG unabdingbar“. Allerdings seien vom HTG-Geschäftsführer Thorsten Rudolph Schwellen überschritten. „Ich habe persönlich kein Vertrauen mehr in ihn und kann mir eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihm nur noch sehr schwer vorstellen“, so Albrecht. So liege es nun an der HTG.
Forderung 4: Benennung eines zeitnahen Stichtages der Vorlage einer längst überfälligen Eröffnungsbilanz unserer Gemeindekasse und die damit verbundenen Jahresabschlüsse 2017, 2018, 2019, 2020 mit jeweils einer Abschlussbilanz und der vorgeschriebenen GUV. Die Jahresabschlüsse aus diesen Jahren würden nicht vorliegen, sagt das Bürgerforum.
Dazu Albrecht: „Ja, das stimmt. Das hängt mit der Einführung der Doppik im Jahr 2017 zusammen und wir sind gerade dabei in Zusammenarbeit mit einer externen Beratungsfirma die versäumten Abschlüsse aufzuarbeiten.“ Dies sei ein Versäumnis aus der Zeit vor seiner Amtseinführung gewesen.
Der Wunsch nach dem Rücktritt
„Jeder Bürgermeister hat die Möglichkeit des Rücktritts oder einer Bewerbung in einer anderen Gemeinde. Viele unserer Bürger würden ihn gerne jetzt schon wegloben“, schreibt Walter Wochner in seinem Brief an den SÜDKURIER. Dazu sagt Albrecht: Er sei gewählt worden von Zweidrittel der Bürger – auch um Veränderungen zu starten und er seinen Auftrag erfüllen.
Nicht nur Gegenwind
Der Bürgermeister bekommt allerdings in seiner Gemeinde nicht nur Gegenwind zu spüren. Wie groß die Gruppe aus dem Bürgerforum ist, ist unklar. Auf der Postwurfsendung stehen drei Namen. Er bekommt auch Zuspruch: Im Internet sind unter Zeitungsartikeln einige Kommentare zu lesen, die den neuen Kurs des Bürgermeisters würdigen.