Das, was er zu sehen bekomme, könne man sich nicht vorstellen, wenn man nicht selbst vor Ort ist, sagt Adrian Probst. Der Vorsitzende der Bergwacht Schwarzwald ist aktuell mit einer Einheit in Rheinland-Pfalz im Einsatz. Zwölf Mitglieder der Bergwacht Schwarzwald aus unterschiedlichen Ortsgruppen sind mit sechs Fahrzeugen nach Bad Neuenahr-Ahrweiler gefahren. Dorthin, wo die Flutkatastrophe über 100 Todesopfer verursachte und noch zahlreiche Menschen vermisst sind. Gemeinsam mit den Berufsfeuerwehren Stuttgart, Heilbronn, Reutlingen und Pforzheim bilden sie dort auf direkte Weisung des Innenministeriums eine Einheit, die Adrian Probst mit der Feuerwehr leitet.
Es mangelt an grundlegenden Dingen

Hier fehle es an ganz grundlegenden Dingen: an Trinkwasser, an einer Infrastruktur, Wegen, der Kanalisation – all das sei zerstört, so Probst. „Viele Familien haben kein Haus mehr“, erzählt der Bergwacht-Vorsitzende im Telefongespräch mit dem SÜDKURIER.
„Es riecht nach Öl, teilweise auch nach Gas.“Adrian Probst, Voristzender der Bergwacht Schwarzwald
Am Sonntag kamen er und sein Team an. Da war das Wasser schon weg. „Jetzt sieht man, um was es hier geht“, sagt er. Er erzählt von tausenden Menschen, die ihr Zuhause verloren haben. „Zum Teil schlafen sie bei Freunden, zum Teil aber auch auf Feldbetten unter freiem Himmel und zum Teil wissen wir nicht, wo sie sind“, sagt Adrian Probst. Denn es seien auch jetzt noch über 100 Menschen in der Region vermisst.
Er habe inzwischen viele Geschichten über Menschen gehört, die in der Flut untergegangen seien und nie wieder gesehen wurden. Probst selbst habe zerstörte Autos gesehen, die auf Hausdächern liegen – „und das massenhaft“, wie er sagt. Und er erzählt von fünf ineinander verschachtelten Wohnwagen. Zehn bis 20 Zentimeter liege der Schlamm nun auf den Straßen. Aufgrund der Hitze trockne dieser an und sei nur noch schwer weg zu bekommen.
„Es ist noch sehr vieles unklar und unser Auftrag ist es, jeden Tag Informationen zu sammeln.“Adrian Probst, Vorsitzender der Bergwacht Schwarzwald im Einsatz in Bad Neuenahr-Ahrweiler
Seine Einheit erkunde die Lage, schaue, wo noch Unterkünfte aufgebaut werden müssen, wo noch Trinkwasser oder andere Dinge benötigt werden. Auch dort, wo man eben nur mit den kleinen extrem geländegängigen Bergwacht-Fahrzeugen hinkomme, da viele Straßen noch nicht zugänglich seien, sei man unterwegs. Die Bergwacht Schwarzwald sei aktuell die einzige Bergrettungseinheit vor Ort.

Helfer sind mit Kräften am Ende
Bei der Erkundung aus der Luft helfen die speziellen Wärmebild-Drohnen der Bergwacht sowie Helikopter. Die Aufgabe von Probst selbst ist es, zu beraten bei allen Fragen rund um die Erkundung. Aber auch der Einsatz der nächsten Mannschaft muss bereits geplant werden. Denn: „Unseren externen Helfern geht es gut, doch die, die schon tagelang vor Ort sind, sind völlig erschöpft und mit den Kräften am Ende.“
Weitere Hilfsorganisationen aus der Region im Katastrophengebiet
So etwas wie hier, habe er noch nie erlebt. Die Einheit aus Feuerwehr und Bergwacht ist im Stab in der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung im Einsatz, mit Sitz in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Von dort aus werde alles koordiniert, was mit der Hochwasserlage in Rheinland-Pfalz zu tun habe.
Heim mit 400 Bewohnern evakuiert
Gleicher Ort, anderes Team. Mit einem Notfallkrankenwagen waren Bernhard Bächle vom DRK Görwihl und Alexander Sieber vom DRK Rickenbach bei Patiententransporten in Bad Neuenahr-Ahrweiler drei Tage im Einsatz. Sie haben zusammen mit einem großen Helferteam unter anderem ein Seniorenheim evakuiert, wie Christoph Dennenmoser vom Kreisverband Säckingen berichtet. Er hat den Einsatz mit organisiert.

Auf die Reise geschickt wurden in Baden-Württemberg 100 Krankentransportwagen, die das Land den Hilfsorganisationen wie DRK und Malteser ausschließlich für diesen Zweck zur Verfügung stellt, um im Notfall auch im Bevölkerungsschutz einsatzbereit zu sein. In den Fahrzeugen können vier Patienten gleichzeitig transportiert werden. „Die Straßenverhältnisse waren sehr schwierig, allein das Vordringen zum Heim war eine Herausforderung“, gibt Dennenmoser den Bericht der beiden Ehrenamtlichen weiter. Sie hätten eine „immense Zerstörung“ vorgefunden.

400 Bewohner des Seniorenheims wurden in Hotels und anderen Pflegeeinrichtungen untergebracht. „Teilweise mussten sie die Treppen herunter getragen werden“, so Dennenmoser. Die Verzweiflung der Menschen vor Ort sei groß. Am Anfang hätten diese noch nicht realisiert, was passiert war, erst nach einigen Tagen sei ihnen klar geworden, wie groß das Ausmaß der Zerstörung tatsächlich ist.
Glücklich, helfen zu können
Auf solche Einsätze würden sich die Ehrenamtlichen des DRK in vielen Übungen vorbereiten. „Doch erst jetzt wurde so ein Szenario zur Realität“, sagt Dennenmoser. Die beiden Ehrenamtlichen vom Kreisverband hätten einen Einsatz in dieser Größenordnung noch nie erlebt.

„Dem Team geht‘s sehr gut, aber es war sehr anstrengend, sie hatten nur wenig Schlaf“, sagt der Rotkreuzbeauftragte, der die beiden Ehrenamtlichen bei ihrer Rückkehr empfangen hatte. Aber: „Sie waren auch sehr zufrieden und glücklich, helfen zu können.“
Das könnte Sie auch interessieren:
- Welche Hilfe der Bürger ist sinnvoll, welche nicht – Antworten von Experten.
- Björn Griener aus Öflingen leistet mit seinem Saugspülwagen Hilfe.
- Alles Wichtige zum Unwetter am Hochrhein und im Südschwarzwald
- Innerhalb von 10 Minuten stand das ganze Dorf unter Wasser
- Landwirte vom Hochrhein spenden Heu