Stadtarchivar Martin Blümcke

Im Sommer 1957 feierten die beiden Schwesterstädte Laufenburg, dass 750 Jahre seit der ersten Erwähnung vergangen waren. Nur zwölf Jahre nach Kriegsende verbrüderten sich die Menschen rechts und links vom Rhein mit einem Mammutprogramm, das einen grandiosen Festumzug, Theateraufführungen, zahlreiche Ausstellungen, Festzelt und sonstige Veranstaltungen umfasste. Die letzte fand Ende September im Städtischen Festsaal in der Hauptstraße beim „Sternen“ statt: ein „Alemannischer Dichter- und Heimatabend“ mit Hermann Burte.

Hermann Burte bei einer Lesung 1957 zum Stadtjubiläum.
Hermann Burte bei einer Lesung 1957 zum Stadtjubiläum. | Bild: Stadtarchiv Laufenburg/Repro Fotostudio Höckendorff

Der Saal mit seinen 250 Sitzplätzen war voll besetzt, als der Laufenburger Männergesangverein das Programm eröffnete, im Wechsel mit dem Männerchor Maulburg, dem Geburtsort von Hermann Burte, und den Wiesentäler Amseln, neun Frauen in der Markgräfler Tracht mit der Hörnerhaube. Burte selbst gab beredt und mit Zitaten angereichert einen Überblick über die alemannische Dichtung in Baden, in der Schweiz und im Elsass und er trug auch eigene Verse in seiner Mundart vor.

Das könnte Sie auch interessieren

„Hochdütsch schmeckt no Druckerschwärzi, d‘Muttersproch hett Bodegout.“ Burte verehrte Johann Peter Hebel über alles, der einmal geschrieben hat, nach ihm werde wohl kein anderer alemannischer Sänger zur Harfe mehr kommen. Der Maulburger folgte ihm auf hohem Niveau, wie heute Markus Jung: mit einer eigenwilligen und eigenständigen Künstlersprache im Dialekt. Ein Vierteljahrhundert nach Burte wurde Eugen Rist in Maulburg geboren (1904-1977), ein Mechanikermeister bei der Laufenburger Seidenweberei Näf und danach bei der Firma Falag/Glunk. Auch er schätzte Hebel wie auch Burte, mit dem er gut bekannt war. Eugen Rist war beteiligt, als der Männergesangverein einen Gegenbesuch im Markgräfler Land machte und er war wohl auch Pate bei der Hermann-Burte-Straße in Luttingen.

Blick auf Lebensstationen

Am 15. Februar 1879 erblickte Hermann Strübe in Maulburg das Licht der Welt; der Vater war Buchhalter, die Mutter führte einen Tante-Emma-Laden. Als Dichter nannte er sich später nach der Hauptfigur in seinem Roman Hermann Burte. Nach dem Abitur 1897 in Freiburg studierte er in Karlsruhe an der Kunstakademie im Fach Malerei. Nach der Jahrhundertwende besuchte er – mit Stipendium unterstützt – England und Frankreich, wo sich seine Doppelbegabung endgültig der Literatur zuwandte. 1912 veröffentlichte er recht erfolgreich den Roman „Wiltfeber, der ewige Deutsche“, der der deutschvölkischen Idee und den arischen Herrenmenschen verpflichtet war. Er wurde ein Kultbuch der damaligen Jugendbewegung. Im Weiteren wurde aus dem Verfechter der völkischen Idee ein Unterstützer de NS-Ideologie, der schon 1931 Weiheverse unter dem Titel „Der Führer“ schrieb. In der deutsch-nationalen Zeitschrift „Der Markgräfler“ bekämpfte er den „demokrätzigen Parlamentarismus“ der Weimarer Republik.

Das könnte Sie auch interessieren

Nach Kriegsende war Burte neun Monate lang im Lörracher Gefängnis interniert, bei der Entnazifizierung wurde er nur als „Minderbelasteter“ eingeordnet. Im März 1960 ist er im Alter von 81 Jahren gestorben. 1979 untersagte das Oberschulamt Freiburg der Grund-, Haupt- und Realschule Efringen-Kirchen, den Namen Hermann-Burte-Schule zu führen, denn Teile seines Werks „stehen in diametralem Gegensatz zum Erziehungsauftrag der Schule, wie er im Grundgesetz, in der Landesverfassung und im Schulgesetz niedergelegt ist.“ Eine Straße ist dort jedoch nach ihm benannt, ebenso in Maulburg und in Luttingen. Hier hat der Ortschaftsrat im Juni 2019 den Zusatz zum Straßenschild „Hermann-Burte-Maler und Dichter, Propagandist des NS-Regimes“ abgelehnt. In der früheren Kreisstadt Müllheim hat man den Namen geändert.