Der Raum im Bürgerhaus Niederhof war bis auf den letzten Platz an den Tischen gefüllt – eher ein ungewohntes Bild, wenn es „nur“ um eine Mitgliederversammlung geht. Nicht so beim Verein Zechenwihler Hotzenhaus. Hier stemmen viele Mitglieder und ein ungewöhnlich großer Vorstand ein sehr ehrgeiziges Projekt. Die Sanierung und kulturelle Wiederbelebung des Zechenwihler Hotzenhauses im Murger Ortsteil Niederhof wird nach derzeitigen Berechnungen 1,25 Millionen Euro kosten. Eine Summe, mit der sonst Großinvestoren jonglieren. Hier versammelte sich bei der Mitgliederversammlung am Freitagabend eine Schar Enthusiasten, die aus dem Schwärmen für das Projekt gar nicht wieder raus kamen. Der Vorsitzende Georg Kirschbaum führte zielstrebig druch die Versammlung zielstrebig und mit vielen Fakten. Er ließ keinen Zweifel daran, dass dieses Projekt finanziell realisierbar sei. Kritischen Stimmen im Dorf und den vielleicht zweifelnden anwesenden Gemeinderäten entgegnete er selbstbewusst: "Liebe anwesende Gemeinderäte, habt Ihr jemals ein solches Millionenprojekt in die Gemeinde bekommen, bei dem die Gemeinde nur acht Prozent zahlen muss und am Ende ein Vorzeigeprojekt überregionalen Charakters hingestellt bekommt?"
Plädoyer für das Projekt
Auch Gemeinderat Dieter Muck plädierte für das ehrgeizige Projekt und führte die Vorzüge für die Gemeinde aus, wenn das Projekt erst einmal erfolgreich realisiert sei. Nicht mal der Umstand, dass im zurückliegenden Jahr der Statiker des Projektes das Handtuch geworfen hat und daraus eine Sanierungskorrektur um 250 000 Euro deutlich wurde, bringt den Verein aus der Ruhe. Der neue Statiker Prof. Steinmetz von der Universität Karlsruhe ist im Holzbau zu Hause und habe dem Verein ein im Denkmalschutz einzigartiges Statikkonzept präsentiert – eine Stahlseil-konstruktion, durch die das Haus gesichert wird, ohne dass in die bestehende historische Holz-verbindungsbauweisen allzu stark eingegriffen werden muss, erläuterte der Architekt des Projektes, Florian Rauch, im Gespräch. Dies erhöht den bauhistorischen Wert der Immobilie, was wiederum die Stiftung Denkmalschutz dazu bewogen hat, ihren finanziellen Einsatz am Projekt im vergangenen Jahr um 50 000 Euro zu erhöhen. Im Dezember konnte der Verein diesen Scheck entgegen nehmen.
Projekt wird gefördert
Das Landesamt für Denkmalschutz unterstützt das Projekt ebenfalls großzügig. Der Förderbeitrag der Gemeinde bleibt gedeckelt. Um dennoch die gestiegenen Sanierungskosten aufbringen zu können, hat der Verein im laufenden Jahr einen Kredit aufgenommen. Wer im Verein nicht vom Baufach ist, hat viele andere Möglichkeiten, das Projekt zu unterstützen. In seinem Jahresbericht wies der Vorsitzende auf die zahlreichen Veranstaltungen übers Jahr hin. Zudem nutzt der Verein das dazugehörende Land schon jetzt kreativ. Die zum Haus gehörenden Walnussbäume lieferten 2018 einen Ertrag von 32 Kilogramm Walnusskernen, die zum Großteil zu naturbelassenem Öl verarbeitet wurden. Bereits zum Weihnachtsmarkt war das heißbegehrte Öl ausverkauft. Im Sommer nimmt der Verein am Murger Sommerspaß, einem Ferienprogramm, mit kindgerechten Aktionen im und ums Haus teil. Denn auch die folgenden Generationen sollen den Wert dieses einzigartigen Hauses schätzen lernen. Die Liste ließe sich fortsetzen. Insgesamt fanden so fünf Tage der offenen Tür statt und zwölf Veranstaltungen. Der Verein konnte für das zurückliegende Jahr also eine positive Bilanz ziehen und schaut voller Tatendrang aufs laufende Jahr. Wünschenswert wäre, dass dann wieder Veranstaltungen im Haus stattfinden können, was derzeit aufgrund der Bausituation nicht möglich ist.
Das Hotzenhaus
Das Zechenwihler Hotzenhaus aus dem Jahre 1748 steht vom Hotzenwald kommend am Ortseingang des Murger Ortsteiles Niederhof auf der rechten Straßenseite. Der Verein Zechenwihler Hotzenhaus e.V. engagiert sich seit 2007 intensiv um die Wiederbelebung des Ensembles. Aktuell kann sich der Verein dabei auf 194 Mitglieder verlassen. Viele Spender und regionale Sponsoren unterstützen das finanzintensive Projekt. Mehrere Tage der offenen Tür im Jahr ermöglichen eine unvergleichliche Zeitreise in die Wohn- und Baukultur des letzten Jahrhunderts. Weitere Infos im Internet (Verfügung www.zechenwihler-hotzenhaus.de).