Das Café „Verkehrt“ in Oberhof ist über die Region hinaus seit vielen Jahrzehnten ein Begriff in der Kulturszene. Es ist bekannt für gute Musik und Kleinkunst. Auch „Stimmen on Tour“, ein Ableger des Lörracher „Stimmen-Festivals“ nutzt seit 2014 das Café „Verkehrt“ für Konzerte.

Angefangen hat alles in den 80er Jahren. Genauer gesagt: am 23. September 1983. Das war der Tag, als der 27-jährige Klaus Reymann zusammen mit einem Compagnon das Café „Verkehrt“ in Oberhof eröffnete. Dicht an dicht standen damals die Gäste. Umfallen konnte man nicht. Und das sollte sich auch für den Rest der 80er Jahre nicht mehr ändern. Die Abende mit dem „Café-Klaus“ wurden schnell legendär, das Café „Verkehrt“ zum Szenetreffpunkt.

Der gelernte Hotelkaufmann verband gastronomische und musikalische Kultur in einer Weise, die in der Region nicht nur einmalig, sondern auch dem Zeitgeist weit voraus war. Von überall her reisten Musikgruppen an, und geschäumter Milchkaffee, Crêpes und Biosäfte, heute eine Selbstverständlichkeit, waren damals nur im Café „Verkehrt“ zu bekommen. Nichtrauchertag? Auch das gab es regelmäßig im Café „Verkehrt“. An jenen Tagen drängten sich regelmäßig weit mehr als 200 Gäste im Café.
Kultkneipe als beliebter Treffpunkt
„Treffen wir uns im Café“: Vor allem junge Leute schätzten die weltoffene Atmosphäre und gute Musik in der umgebauten Scheune neben dem Gasthof „Löwen“ und fanden dort eine Heimat. Für alle anderen war das Café zunächst „verkehrt“. Obwohl ein Café „Verkehrt“ im Wienerischen nichts anderes als ein Milchkaffee ist. Die Ablehnung ging soweit, dass Ende 1983 die Polizei das Café „Verkehrt“ wochenlang beobachtete, nachdem im Finanzamt Bad Säckingen eine Bombe explodierte und das Gerücht umging, dass die RAF sich am Hochrhein einnistet – über das Café „Verkehrt“.

Mit der Geschichte des Café „Verkehrt“ untrennbar verbunden ist jene der Hotzenwälder Kleinkunstbühne (HKKB). Als der Compagnon von Klaus Reymann 1985 absprang, gründete sich der Verein Hotzenwälder Kleinkunstbühne und übernahm die finanzielle Verantwortung für die Veranstaltungen. Mitglied der ersten Stunde war Sonja Sarmann, die über die Jahre mehrmals Vorsitzende der HKKB war, auch Schriftführerin, und in jenen Jahren im Café mitarbeitete: „Klaus war ein exzellenter Wirt, der wusste, wie mit dem Publikum umzugehen und was zu bieten“, sagt Sarmann und erinnert sich: „Es war eine große Freude, im Café mitzuarbeiten. Das Café hat die Gegend mit lebenswert gemacht. Viele Zugezogene sagen, das Café wäre ihre Rettung gewesen.“
In den 90er Jahren wurde schon die nächste Generation an Gästen im Café heimisch. Über sie und das Café veröffentlichte im September 1997 die aus Niederhof stammende Heike Faller den Artikel „Am Rand der Weltscheibe“ in einem „Spiegel Special“. „Innerhalb einer Stunde war die Ausgabe am ganzen Hochrhein vergriffen“, sagt Sarmann und lacht.
Wenige Monate später, im Dezember, kam Klaus Reymann bei einem tragischen Unfall in seiner Wohnung ums Leben. Aber es ging weiter, mit der Kultkneipe und der HKKB. Immer wieder auch durch schwere Zeiten. Nach etlichen Pächterwechseln übernahmen 2002 die damaligen Eigentümer Reinhard und Daniela Schrot das Café „Verkehrt“. Das Wirtepaar verkaufte im Jahr 2012 wiederum an Peter Meier, der im Café „Verkehrt“ zusätzlich zu den Veranstaltungen der HKKB auch eigene Konzerte organisierte.

Über die Jahre brachte die HKKB viele nationale und internationale Künstler bei mehr als 1000 Veranstaltungen auf die Bühne des Café „Verkehrt“. Darunter Bühnenlegenden wie Bap-Gitarrist Klaus „Major“ Heuser oder Endo Anaconda mit Stiller Has. Auch die Künstler schätzen die Kultkneipe. In der Zeit von 1985 bis 2015 trat um Weihnachten und Neujahr immer Jürgen Waidele mit seiner Band im Café „Verkehrt“ auf.
Aufgrund von Corona hat die HKKB für 2020 alle Veranstaltungen abgesagt. Wie es 2021 weitergeht, ist offen. Fest steht nur, dass Peter Maier Gasthof „Löwen“ und Café „Verkehrt“ im kommenden Jahr verkaufen wird. Vor diesem Hintergrund wird die HKKB Ende September in einer Mitgliederversammlung die Situation besprechen.