Es ist die Hellebarde. Florian Schmidt, der letzte Kommandant der Feuerwehrabteilung Karsau seit 2021 hat sie zum Gespräch mitgebracht. Sie erzählt die spezielle Geschichte der Karsauer Feuerwehr und ihrer jahrzehntelangen Freundschaft mit der Feuerwehr Möhlin. „Ursprünglich handelte es sich um eine Lanze, die Teil der alten Karsauer Saug-Druck-Spritze war“, erklärt Schmidt. „Sie wurde wohl bei der 100-Jahr-Feier der Feuerwehr Nollingen 1964 vergessen und von den Möhlinern, die dort mit den Karsauern Freundschaft geschlossen hatten, mitgenommen. Sie ließen sich die Lanze auslösen.“ Dadurch sei das Ritual entstanden, dass die Lanze, später durch die Hellebarde ersetzt, bei jedem Treffen den Besitzer gewechselt habe.
1977 arbeiteten die Feuerwehren Karsau und Möhlin beim Internationalen Orientierungslauf Schweiz–Deutschland in beiden Dörfern zusammen. In den Achtzigern organisierten sie viermal den Internationalen Feuerwehrmarsch zwischen beiden Dörfern als Wanderung und Bootsfahrt. Schmidt legt großen Wert darauf, die Freundschaft mit Möhlin auch in der Abteilung Stadt aufrechtzuerhalten. Das bestätigte auch Möhlins Kommandant Richard Urich bei der Einweihung des Gerätehauses. Des Weiteren verband die Karsauer und Minsler Kameraden eine enge Beziehung: Viele Übungen fanden gemeinsam statt.
Die Feuerwehr Karsau trifft die Auflösung in einem besonderen Jahr: Sie wurde 1899 gegründet; das heißt, sie hätte dieses Jahr ihren 125. Geburtstag gefeiert. Dass diese Feier nicht mehr stattfinden würde, war Schmidt jedoch klar. Die Mannschaftsstärke habe bereits vor den Fusionsgesprächen deutlich abgenommen, berichtet er. Zuletzt waren es 20 Kameraden, darunter drei Frauen. Eine Jugendfeuerwehr hatte Karsau bereits nicht mehr. Dennoch sei das Problem nicht die Überalterung gewesen. „Es kamen viele Junge dazu. Teilweise konnten wir sie aktiv anwerben.“ Die Tagesalarmierung sei aber schon lange ein Problem gewesen.
Die Karsauer seien der Fusion und dem Umzug „eher positiv“ gegenübergestanden. Nur einer habe sich entschieden, aus der Feuerwehr auszutreten. „Seit einiger Zeit waren die Beziehungen innerhalb der Gesamtwehr immer mehr auf ein Miteinander ausgerichtet“, sagt Schmidt. In jeder Fachgruppe sei mindestens ein Karsauer vertreten gewesen. In den Monaten vor dem offiziellen Umzug im Mai hätten die Übungen der Abteilung bereits am zentralen Gerätehaus stattgefunden. „Wir harren dessen, was kommt“, sagt Schmidt.
Karsau war vermutlich die letzte Gemeinde der heutigen Rheinfelder Stadtteile mit einer Feuerwehr. Wie Ehrenkommandant Rudolf Scheu in der Chronik zum 100-Jahr-Jubiläum schrieb, wurde die Gemeinde 1899 vom Bezirksamt Säckingen aufgefordert, eine Feuerwehr einzurichten: Sie habe fähige Männer und Geld genug dazu. An den Karsauer Männern lag es tatsächlich nicht. 67 wurden am 19. März 1899 Gründungsmitglieder.
Pflicht für alle Bürger
Zuvor hatte eine Feuerwehrpflicht gegolten, die alle Einwohner des Orts zum Lösch- und Rettungsdienst verpflichtet hatte. Diese Pflicht wurde zunächst auch nicht abgeschafft. Zusätzliche 49¦Bürger galten weiterhin als „Reserve“. Die regelmäßigen Übungen und der Bau einer Wasserleitung auf den Berg hinauf im Jahre 1908 machten diese Reserve allerdings bald überflüssig. Zeitweise gab es eine eigene Löschgruppe in Riedmatt.
Aus den Anfangsjahren wird von Theateraufführungen der Feuerwehrmänner berichtet. Die Feuerwehr begleitete die Feiern an Fronleichnam und am Volkstrauertag. Groß gefeiert wurde der 75. und 100. Geburtstag. Im vergangenen Jahr nahmen die Karsauer Kameraden erstmals mit ihrem Oldtimer-Löschfahrzeug am Weihnachtscorso durch die Kernstadt teil.
Das LF 8 TS aus dem Jahre 1954 wird von den Karsauer Kameraden auch nach der Außerdienststellung 1994 gepflegt. Es wurde 1998 kurz vor der 100-Jahr-Feier restauriert und schmückt inzwischen die Fahrzeughalle im neuen Gerätehaus. Dort haben auch die Lanze und die Hellebarde ihren Ehrenplatz erhalten.