Ingrid Böhm-Jacob

Die Zahlen klingen erschreckend und stehen dennoch für die erfolgreiche Arbeit der AGJ-Wohnungslosenhilfe vor Ort, die Geschäftsführer Stefan Heinz im sozialen Kompetenzzentrum und Slavica Stanojevic bei der mobilen Obdachlosigkeit leisten. Die Zahl der Beratungen und Vermittlungen in beiden Fachbereichen nimmt zu. Vor diesem Hintergrund spricht sich der Sozialausschuss dafür aus das Stellendeputat von Juli an von 40 auf 70 Prozent aus, damit die Arbeit für die nächsten drei Jahre bewältigt werden kann.

Wohnungssicherung

Im vergangenen Jahr wurden 69 Haushalte persönlich beraten (zum Vergleich 2017: 47), denen Wohnungsverlust drohte. Stefan Heinz legte in der Sitzung detailliert dar, wie unterschiedlich die Ausgangslage bei der Begleitung der Fachstelle aussieht, die unter dem Dach der Erzdiözese Freiburg arbeitet. Bei mehr als der Hälfte der Fälle geht es um Räumungsklagen, 30 Prozent haben bereits mit Kündigung zu tun und bei über 17 Prozent sind Mietschulden und Zwangsversteigerung das Kernthema. Überwiegend befinden sich Paare mit Kindern in einer Zwangslage (33,3 Prozent) gefolgt von alleinstehenden Frauen (21,6 Prozent) und alleinerziehenden Frauen mit Kindern (19,6 Prozent).

Stefan Heinz
Stefan Heinz | Bild: Peter Gerigk

Soziale Verhältnisse

Ein Drittel der in Not Geratenen bezieht Einkünfte aus Erwerbs- und Berufstätigkeit, teilweise auch weitere öffentliche Unterstützung. Über 20 Prozent der vor dem Verlust der Wohnung stehenden bezieht Arbeitslosengeld oder/und Sozialgeld. Dabei gibt es noch weitere Facetten wie Rente oder Unterhalt durch Angehörige. Stefan Heinz hält den Ausbau der Schuldnerberatung vor Ort für besonders wichtig.

Gründe für Probleme

An erster Stelle drücken Mietschulden (58 Prozent), die nicht beglichen werden können, aber auch Konflikte, Lärmbelästigung und Verwahrlosung kommen ins Spiel, Eigenbedarf (14,5 Prozent) ist ebenfalls ein Thema. Stefan Heinz spricht dabei von einer schwierigen Lage, die sich weiter verschärfe angesichts der angespannten Wohnungslage. Auch der Betreuungsbedarf habe in den Aufgabengebieten zugenommen. Die Fachstelle in der aktuellen Personalausstattung, die dem Amt 50 angegliedert ist, stoße dabei an ihre Leistungsgrenzen, denn in aller Regel müssen Familien mehrfach beraten und begleitet werden.

Die Erfolge

Durch die Unterstützung der AGJ konnte 2018 in über 43 Prozent der Fälle die Wohnung gesichert oder der Umzug in eine andere Wohnung realisiert werden. In elf Prozent der Fälle kam es auch zu einer Einweisung in einen Wohnraum durch die Stadt.

Mobile Obdachlosenbetreuung

Die Arbeit von Slavica Stanojevic fängt dort an, wo die Obdachlosigkeit bevorsteht. Und das nimmt im Einzelfall durchaus dramatische Züge an. Viel Vertrauensarbeit muss die Sozialarbeiterin bei ihren Hausbesuchen leisten, um überhaupt an die Betroffenen heran zukommen, die in Mehrfachproblemlagen stecken, aus denen sie alleine nicht mehr herausfinden. Oft sind dabei zahlreiche Kinder betroffen. Stanojevics Aufgabe besteht auch darin, „Hilfe zur Selbsthilfe“ möglich zu machen.

Slavica Stanojevic
Slavica Stanojevic | Bild: privat

Hilfe zur Selbsthilfe

Einen anonymisierten Fall schilderte sie in der Sitzung: Die Mutter von vier Kindern ist alleinerziehend. Sie erhält Unterhaltsvorschuss und Kindergeld. Die Frau leidet unter Angststörungen und kann deshalb nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, um in Behörden Anträge wie nach SBG II-Leistungen zu stellen. Die mobile Obdachlosenbetreung hat inzwischen erreicht, dass sich die finanzielle Situation mit ALG II stabilisiert. Es wurde eine Schuldnerübersicht erstellt und beraten, damit die Schulden von über 50 000 Euro im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bereinigt werden können. Außerdem ist jetzt eine Familienhelferin über das Jugendamt im Einsatz. Erste Erfolge sind schon sichtbar: Die Söhne spielen Fußball im Verein, ihre Sportausstattung konnte über Spenden ermöglicht werden – wie auch die Anschaffung von Betten.

Die mobile Obdachlosenbetreuung hat 2018 30 Haushalte erreicht, Es gibt aber 46 Haushalte mit 129 Personen, die in Unterkünften leben. Alle mit der Zielsetzung, diese Übergangssituation rasch wieder aufzulösen. Die Hauptprobleme für die Abwärtsspirale stellen Schulden dar, oft gepaart mit Arbeitslosigkeit, Sucht und anderen Notlagen.