In der Hebelstraße 23 soll ein neues Haus mit bis zu zwölf Wohnungen unterschiedlicher Größe entstehen. Diese Nachricht ist an sich nichts besonderes. Allerdings baut hier nicht ein privater Investor oder die städtische Wohnbau, sondern die Wohngenossenschaft Hebelhof. Dahinter stecken Menschen, die eine andere Form des Zusammenlebens suchen – und weitere Mitstreiter.
Elisabeth Schulte-Kemna und ihr Mann Achim gehören zur Keimzelle der Genossenschaft. „Ich brüte schon einige Jahre darüber, wie wir im Alter wohnen wollen“, sagt die 65-Jährige. Das Haus in Eichsel sei nach dem Auszug der Kinder viel zu groß, dazu komme die Frage der Mobilität. „Diese Frage sollte man sich frühzeitig stellen, nicht erst mit 80“, ergänzt der 69-jährige Achim Schulte-Kemna. Im Freundeskreis stieß die Idee eines gemeinschaftlichen Wohnprojekts auf positive Resonanz. „Wir haben nach passenden Grundstücken gesucht, zunächst in Lörrach“, so Elisabeth Schulte-Kemna. Als daraus nichts wurde, sprangen einige Interessierte wieder ab.
Nicht so Claudia Kohleiss-Rottmann. Die Rechtsanwältin ist seit 35 Jahren mit dem Ehepaar befreundet und sagte: „Warum machen wir das nicht bei uns?“ Uns – das ist ein 2000 Quadratmeter großes Grundstück an der Hebelstraße 23. In der Villa wohnt und arbeitet eine Tochter von Kohleiss-Rottmann, um einen großen Innenhof gruppieren sich Flachbauten, in denen unter anderem die Drogenberatung oder die mobile Jugendarbeit untergebracht waren, die Ortsgruppe des BUND nutzt dort ebenfalls einen Raum.
Familie mit Kindern erwünscht
„Manchmal übersieht man das Naheliegende“, sagt Armin Zimmermann. Mit seinem Eintritt vor gut einem Jahr hat sich die Zielsetzung des Projekts verändert: von einer Wohngemeinschaft etwa Gleichaltriger hin zu einem generationsübergreifenden Wohnen. „Meine Frau und ich bringen zwei Kinder mit, fünf und sieben Jahre alt“, so Zimmermann. Bislang wohnt er in einem Reihenhaus in Warmbach. Zimmermann, Theologe und Agrarwissenschaftler, stammt von einem Bauernhof. „Da haben mehrere Generationen unter einem Dach gelebt und am Küchentisch saßen gerne mal zehn Menschen.“ Dieses Gemeinschaftsgefühl wollen auch die Genossenschaftsmitglieder leben; aber gleichzeitig auch Raum für Eigenes haben.
In dem U-förmig geplanten Gebäude soll es neben den Privatwohnungen einen zentralen Gemeinschaftsraum mit einer Küchenzeile geben. „Hier können wir Feste feiern, sonntags den Tatort schauen oder einfach zwanglos zusammensitzen“, sagt Elisabeth Schulte-Kemna. „Nicht zu vergessen unsere Genossenschaftsversammlungen“, wirft Jörg Moritz-Reinbach ein. Der 52-jährige Religionslehrer zieht mit seiner Frau in den Hebelhof. Das Paar hat keine Kinder und wird zum ersten Mal im Leben richtig sesshaft. „Vorher sind wir im Schnitt alle zehn Jahre umgezogen.“ Der Hebelhof aber soll es nun sein. „Ich mag die regen Diskussionen und dass ich mein zukünftiges Zuhause mitgestalten kann.“ Außerdem schätzt Moritz-Reinbach, in der angespannten Wohnsituation eine Alternative vorzuleben, die Modellcharakter haben könnte.
Aktuell zählt die Genossenschaft acht Mitglieder, bis zu 20 können es werden. „Wir haben uns, um es überschaubar zu halten, für die Rechtsform der sogenannten kleinen Genossenschaft entschieden“, erläutert Zimmermann. Betreut werden sie bei der Gründung vom Dachverband, der seinen Sitz in Hamburg hat. Dieser entscheidet über die Zulassung der Genossenschaft. „Das wird alles sehr engmaschig kontrolliert.“ Mit der Zulassung rechnet Zimmermann im ersten Quartal 2017, so dass der Bau des mit 2,8 Millionen bezifferten Projekts Mitte des nächsten Jahres starten kann. Mit dem Einzug rechnen die Genossen spätestens 2019.
Obwohl noch kein Stein auf dem anderen steht, hat die Gemeinschaft im Sommer auf dem Innenhof ein kleines Fest gefeiert. „Es waren Kinder da und sogar ein paar Tiere“, schwärmt Moritz-Reinbach. Solche fröhlichen Stunden soll’s im Hebelhof oft geben. „Daher würden wir uns freuen, wenn eine weitere Familie mit Kindern zu uns stoßen würde“, finden alle Mitglieder übereinstimmend.
Wohngenossenschaft
Wer am Hebelhof teilhaben möchte, muss 1000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche Eigenkapital beisteuern. Finanziert werden kann ein Teil davon über Kredite. Das Geld wird der Genossenschaft geliehen, beim Ausscheiden besteht Anspruch auf Rückzahlung. Hinzu kommt pro Partei eine sogenannte Kostenmiete, deren Höhe die Mitglieder selbst festlegen. Die Wohnungsgröße ist variabel, es besteht Wohnrecht auf Lebenszeit. Kontakt: Armin Zimmermann, 07623/70 81 06 oder E-Mail armin.georg.zimmermann@gmx.de