Elena Borchers

Für fast jede Fläche, auf der die Stadt baut, muss sie einen ökologischen Ausgleich schaffen. Eine Aufgabe, „die nicht ganz leichtfällt“, wie es Oberbürgermeister Klaus Eberhardt bei einem Pressegespräch am Donnerstag ausdrückte. So gibt es zahlreiche rechtliche Voraussetzungen und viele verschiedene Möglichkeiten für die Kompensationsmaßnahmen. Eines ist für die Verwaltung klar – das Thema muss stärker in den Fokus rücken.

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Thema bisher stiefmütterlich behandelt

Bisher habe man das Thema eher stiefkindlich behandelt, sagte Christiane Ripka, Abteilungsleiterin der Stadtplanungs- und Umweltabteilung. Angesichts der immer spürbareren Auswirkungen des Klimawandels soll es nun mehr Aufmerksamkeit erhalten. Die Grundlage für die Ausgleichsflächen ist der Flächennutzungsplan. Dieser sieht vor, wie sich die Stadt in den kommenden zehn bis 15 Jahren entwickeln soll, welche Flächen wie bebaut und welche dafür bepflanzt und umgestaltet werden sollen.

Das Eidechsenhabitat in der Basler Straße ist eine Ausgleichsfläche.
Das Eidechsenhabitat in der Basler Straße ist eine Ausgleichsfläche. | Bild: Stadtverwaltung

Aktuell braucht Rheinfelden Flächen für 45 Hektar

„Aktuell müssen wir für etwa 45 Hektar an Baugebieten Ausgleichsflächen schaffen“, so Ripka. Darunter fallen etwa die Baugebiete Feuerwehr Römerstraße, Grendelmatt III, Auf der Schanz II und Steinacker. Wie die Ausgleichsmaßnahmen im einzelnen aussehen, hängt zum einen davon ab, was von der Bebauung betroffen ist. Die wichtigsten Faktoren sind Landschaft, Boden – der ist immer betroffen – Grundwasser sowie Pflanzen und Tiere. Außerdem spielt es eine Rolle, ob auf dem Baugebiet selbst Platz für eine Ausgleichsmaßnahme ist oder nicht.

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Naturflächen im Planungsgebiet selbst

So ergeben sich mehrere Möglichkeiten. Wenn ein neues Baugebiet entsteht, können die dafür wegfallenden Naturflächen in dem Planungsgebiet selbst wieder angelegt werden. Eine solche interne Ausgleichsmaßnahme hat die Stadt etwa im neuen Gewerbegebiet Einhäge an der B 34 zwischen Warmbach und Herten vorgesehen. Sobald das Gebiet vollständig bezogen ist, soll eine Art Grüngürtel darum herum angelegt werden. Diese Flächen sollen laut Ripka im nächsten Jahr entstehen.

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Projekt „Mägdebrünnlein“ in Nollingen

Auf dem Baugebiet „Am Rhein“, auf dem ein Recyclinghof mit Photovoltaikanlage entstanden ist, sei aber etwa kein Platz für Ausgleichsmaßnahmen gewesen, so Ripka. Darum wurde dafür in Nollingen das Projekt „Mägdebrünnlein“ umgesetzt, bei dem ein naturnaher Quellteich angelegt wurde.

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Stadt kann Ökopunkte sammeln

Eine weitere Möglichkeit ist das sogenannte Ökokonto. Darauf spart die Stadt Ökopunkte an, die sie durch Maßnahmen in der Natur sammelt. Diese werden freiwillig durchgeführt, die Punkte können auf Vorrat gesammelt und dann bei Bedarf verwendet werden. Damit die Ökopunkte anerkannt werden, gilt es, einige Kriterien zu beachten. So müssen die Maßnahmen im gleichen Naturraum, im Fall Rheinfeldens der Hochrhein, liegen, wie auch die Baugebiete, die sie ausgleichen sollen. Zudem müssen sie auf einer Fläche von mindestens 2000 Quadratmetern umgesetzt werden, die naturschutzfachlich aufwertungsbedürftig ist.

Das Konto ist derzeit aber ziemlich leer

Ökopunkte können durch verschiedene Projekte gesammelt werden: Im Wald etwa durch Förderung von Alt- und Totholz oder das Anpflanzen von Eichen, im Offenland durch das Anlegen von Biotopen, etwa mit Feldhecken, und an Gewässern durch die Renaturierung verdohlter Bachabschnitte. Derzeit ist das Ökokonto der Stadt ziemlich leer – vor kurzem hat sie mehr als 900 000 Punkte für das Baugebiet Sengern „ausgegeben“. „Nun wollen wir das Konto zügig wieder füllen und suchen dafür stetig Maßnahmen“, so Ripka.

Die eigentliche Nutzung beibehalten

Eine alternative und innovative Möglichkeit stellte Grün- und Landschaftsplaner Patrick Pauli vor. Bei den produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen, kurz PiK, werden Standorte aufgewertet, wobei deren eigentliche Nutzungsform aber beibehalten wird. „Hier ist es uns ganz wichtig, die Landwirte mit ins Boot zu holen und mit ihnen zusammenzuarbeiten“, so Pauli. Gemeinsam mit dem Umweltbundesamt, dem Bauernverband und den Bauern selbst möchte die Verwaltung auf städtischen Flächen, die an Landwirte verpachtet sind, Ausgleichsmaßnahmen umsetzen.

Rheinfelden ist eine der Pilotstädte

Das können etwa Lücken im Getreidebestand, sogenannte Feldlerchenfenster, sein, die den Vögeln bei ihrer Brut helfen. Die PiK sind in Baden-Württemberg noch Neuland, Rheinfelden ist eine der Pilotstädte, in der die vom Landesministerium für ländlichen Raum geförderten Maßnahmen demnächst erprobt werden sollen.

Bürger für die Thematik sensibilisieren

Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen setzt die Stadt auch freiwillige um. Das sind etwa das Urban Gardening in der Karl-Metzger Grube, Angebote wie das Grüne Klassenzimmer im Hügelbiotop und Workshops im Stadtgärtle sowie das Projekt „Minseln blüht“. Auch der verpackungsfreie Markt gehört dazu, aus dem als erstes Projekt der Weinberg Herten entstanden ist (wir berichteten). „Uns ist es wichtig, die Bürger für die Thematik zu sensibilisieren“, so Pauli.