Sophia Kaiser

Es ist ein Reizthema: gendergerechte Sprache. Binnen-I, Gendersternchen oder Doppelnennung – für die Einen ist es eine längst überfällige Aktualisierung der Sprache, für die Anderen eine überflüssige Verkomplizierung der Sprache. Doch wie der Blick auf Verwaltungen, Unternehmen und auch Kirchen in Rheinfelden und Grenzach-Wyhlen gezeigt hat ist das Gendern für diese Institutionen mittlerweile schon normal.

Rathaus

Laut Pressesprecherin Chantal Hommes-Olaf vom Rathaus Rheinfelden „bemüht sich die Stadt, die heutigen Anforderungen an geschlechtersensible Sprache zu erfüllen“. Dabei müssen die Texte auf der Internetseite vor allem verständlich und lesbar bleiben. Deshalb verwendet die Verwaltung vor allem „stilistische und grammatikalische Strategien“ wie Doppelnennungen oder neutrale Bezeichnungen, um „gendergerecht zu formulieren“.

Wenn aus Platzgründen eine Kurzform verwendet werden muss, wird der Doppelpunkt genutzt, wie zum Beispiel bei Bürger:innen. Dies sei vor allem wichtig, um die Texte barrierefrei zu halten, erklärt Hommes-Olaf. Beim Vorlesen des Textes wird dieser Doppelpunkt meist nicht mitgelesen und er stört auch Sehbehinderte weniger, da er das Wort nicht so weit auseinanderzieht, wie zum Beispiel die Schreibweise mit Gendersternchen, also Bürger*innen. Auch bei Stellenausschreibungen werde sich an die rechtlichen Vorgaben gehalten und bei der Berufsbezeichnung ein (m/w/d) – männlich/weiblich/divers – angefügt. Ein verwaltungsinterner Leitfaden sei in Vorbereitung, so Hommes-Olaf, wobei man eine verbindliche Entscheidung oder Empfehlung des Dudens befürworten würde.

Unternehmen

Besonders bei Stellenausschreibungen ist das Gendern etablierte Praxis. Das bestätigt Katharina Fraune, Leiterin der Standortkommunikation bei Evonik in Rheinfelden. Auch Evonik nutzt, wie es in Deutschland üblich ist, die Ergänzung (m/w/d) bei Stellenausschreibungen. Fraune sagt außerdem, dass auch Evonik „großen Wert darauf legt, intern ebenso wie in allen Publikationen eine Sprache zu verwenden, die niemanden ausgrenzt, verletzt oder diskriminiert“. Zudem würde trotzdem darauf geachtet, dass der Inhalt am Ende immer noch gut lesbar bleibt.

Das Unternehmen Roche in Grenzach-Wyhlen verwendet laut Kommunikationsmanagerin Faten Gaber vor allem geschlechtsneutrale Formulierungen wie „die Mitarbeitenden“ oder auch den Doppelpunkt. Damit wolle man „die geschlechtliche Vielfalt deutlicher in der deutschen Sprache widerspiegeln“. Nur so könnten Rollendenken oder Geschlechternormen überwunden werden. Gaber betont, dass es wichtig sei, eine einheitliche Regelung für das Gendern zu haben und dabei nicht an Verständlichkeit zu verlieren.

BASF in Grenzach hat laut Mediensprecher Franz Kuntz eine Art Handbuch, in dem die Empfehlungen zur geschlechtergerechten Sprache zusammengefasst sind. Demnach soll das generische Maskulinum, wenn möglich, durch neutrale Formen ersetzt werden. In einigen Fällen passen Doppelnennungen besser und ein längerer Text wird in Kauf genommen, so Kuntz.

Kirche

Auch auf den Internetseiten der katholischen Kirche in Rheinfelden und Grenzach-Wyhlen finden sich Doppelnennungen und vermehrt neutrale Bezeichnungen wie Personen, um Menschen direkt anzusprechen. Judith Kern, die im Januar als Pfarrerin in die evangelische Kirchgemeinde Grenzach eingeführt wird, achtet auch in ihren Texten, also Gebeten, Segen, Bibelworten und Predigten, auf eine inklusive Sprache. Ihrer Meinung nach muss sich „Vielfalt in der Sprache widerspiegeln“.

So ergänzt sie beispielsweise maskuline Gottesanreden wie „Herr“ oder „Vater“ durch weibliche, wie „Ewige“, oder nicht-personale, wie „Quelle“ oder „Liebe“. Außerdem wählt Kern auch biblische Lesungen mit weiblichen Identifikationsfiguren und versucht, keine patriarchalen Familien- oder Rollenbilder zu vermitteln. Sie möchte Diskriminierungserfahrungen von Frauen oder nichtbinären Personen Raum geben und sie gleichzeitig stärken. Ihrer Meinung nach „ist das Gendersternchen sicherlich nicht die Antwort auf alle Fragen, aber es hilft dabei, Lese- und Denkgewohnheiten zu stören“. Auch Menschen, die keine Männer sind, sollen angesprochen werden und sich willkommen fühlen.