Herr Braun, die Musikschule ist seit vier Wochen geschlossen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Aus heutiger Sicht bin ich zuversichtlich, da wir von den Eltern sehr viele positive Reaktionen bekommen haben – die allermeisten unterstützen uns sehr. Vor dem Hintergrund, dass wir von der Rechtsform ein privatrechtlicher Verein sind, erleben wir diese Wochen aber durchaus als eine sehr angespannte Situation. Für den Fall, dass der Unterricht ausfallen und ein großer Teil der Gebühreneinnahmen wegfallen würde, stünden wir schnell an der Grenze der Zahlungsunfähigkeit. Von daher ist dies auch eine existenziell bedrohliche Situation. Andererseits haben wir gute Kontakte zur Stadt Rheinfelden, zur Gemeinde Grenzach-Wyhlen und Schwörstadt, die uns das Gefühl gegeben haben, dass sie uns im Ernstfall nicht allein im Regen stehen lassen.
Konnten Sie den Unterricht seit der Schließung online aufrechterhalten?
Ja. Sobald es losging mit der Schließung, haben sich unsere Lehrer mit großem Engagement daran gemacht, Möglichkeiten zu finden, den Unterricht aufrechtzuerhalten. Wir haben je nach Fach und technischen Möglichkeiten unterschiedliche Kanäle genutzt: Ganz klassisch per Telefon, Aufgaben und Noten per E-Mail verschicken, Videos aufnehmen, Videoplattformen für Online-Unterricht nutzen, das wurde alles ausprobiert. Dies war ein spannender und rasanter Lernprozess, der uns in der Digitalisierung einen Riesenschritt voranbringt, gezwungenermaßen.
Sind Sie beim Online-Unterricht auch auf Grenzen gestoßen?
Beim Instrumentalunterricht gibt es da weniger Grenzen, eher bei den Kooperationen, die wir haben, etwa beim Unterricht in den Grundschulen und Kindergärten. Hier sind uns oft die Hände gebunden. Dennoch haben wir in den Kindergärten versucht, die Kinder mit selbst aufgenommenen Videos zu versorgen, so gut es ging. Beim Unterricht an den Instrumenten ist ganz unterschiedlich, welche digitalen Wege funktionieren: Der Unterricht am Schlagzeug stellt an die Video- und Audioübertragung andere Anforderungen als für den Geigenunterricht – das muss man entsprechend anpassen.
Kann man voraussetzen, dass alle Schüler medientechnisch für den Online-Unterricht ausgerüstet sind?
Erstens kann man das nicht voraussetzen, zweitens ist die Qualität des Online-Unterrichts bei weitem nicht vergleichbar mit Präsenzunterricht. Die Arbeit an klanglichen Feinheiten, rhythmischen, dynamischen oder technischen Parametern sind nur bedingt umsetzbar. Vielleicht 50 bis 80 Prozent der Qualität des Präsenzunterrichts kann man so erreichen – als Überbrückungsform sehen wir das aber auf jeden Fall positiv.
Wie sieht die Situation für Lehrkräfte aus, die nicht fest angestellt sind?
In unserem Fall behandeln wir alle gleich. Aus rechtlicher Sicht sind wir als Organisation wie ein selbstständiger Betrieb zu behandeln, und daher haben wie für unsere fast 40 Lehrkräfte Corona-Hilfe beantragt. Diese haben wir erhalten und wir können somit die Rückzahlung der Gebühren, die bisher von den Eltern zurückgefordert wurden, verkraften.
Waren das viele Gebühren?
Wir verzeichnen nur einen sehr geringen Anteil an Rückerstattungen von Gebühren. Da möchte ich betonen, dass das Verständnis, die Unterstützung und Solidarität von Seiten der Eltern riesengroß war. Für uns ist das ein Zeichen, wie sehr unsere Arbeit geschätzt wird. Würden Schüler und Eltern nicht derart solidarisch hinter uns stehen, wäre die Corona-Hilfe in sehr kurzer Zeit aufgebraucht.
Wie bereiten Sie sich auf eine Öffnung der Musikschule wieder vor?
Wir haben den leichten Hoffnungsschimmer, dass wir nach dem 4. Mai wieder starten können mit instrumentalem Einzelunterricht. Das wäre kein Problem, wir haben ausreichend Räume und können die Abstandsregelung und die Vorsichtsmaßnahmen gut einhalten. Auf einem anderen Blatt steht der Unterricht mit größeren Gruppen: Da wage ich derzeit noch keine Prognose.