„Gerade in der aktuellen Zeiten ist es so schwierig, das alles ganz alleine ohne seinen Partner durchzustehen“, sagt Marleen Kurtz aus Bad Säckingen. Ihr Lebensgefährte Fränzu wohnt in der Schweiz, unweit der Grenze zu Deutschland. „Wir haben uns seit fünf Wochen nicht mehr gesehen und haben überhaupt keine Perspektive, wann das wieder möglich sein wird.“ Marleen Kurtz ist mit ihrer Ratlosigkeit und Verzweiflung nicht alleine. Wie ihr geht es vielen – gerade in der Grenzregion.
Kontakte, familiäre Bindungen und eben auch Liebesbeziehungen: „Bislang waren die Grenzen einfach kein Hindernis, es war selbstverständlich ins Nachbarland zu fahren, wann immer einem der Sinn danach stand“, sagt Marleen Kurtz.
Viele Menschen sind betroffen
Mehr als 700 Menschen tauschen sich derzeit in einer Gruppe im sozialen Netzwerk Facebook über das Thema Grenzschließung aus, schildern ihre Situation, erfahren Verständnis und Zuspruch. Mehr als 20.000 Menschen haben die Online-Petition "Grenzen öffnen für binationale Paare und Angehörige 1. Grades" unterzeichnet. Was ist erlaubt, was nicht, wann ändert sich etwas und welche Erfahrungen werden an den Grenzen gemacht? Viele haben Beziehungen in die Schweiz oder ein anderes deutsches Nachbarland: weil entweder der Partner, Familienangehörige oder gute Freunde dort leben – und unerreichbar sind.

An der gesperrten Holzbrücke in Bad Säckingen, dem Wahrzeichen der Stadt und dem beliebten Fußweg in die Schweiz, hängen viele Plakate. Mit dieser „stillen Demonstration“ wollen die Betroffenen auf ihre Problematik aufmerksam machen. „Bitte macht uns nicht zu Illegalen! Findet Lösungen...“: Der Appell ist eindeutig.
Keine Lösung in Sicht
Nachdem die Regelungen an der Grenze nun für Familien, verheiratete Paare und Eltern minderjähriger Kinder etwas gelockert wurden und auch Besuche zum Teil wieder möglich sind, gab es einen kleinen Hoffnungsschimmer für die Menschen in der Grenzregion. Doch eine Telefonschalte mit dem Schweizer Botschafter und Christiane Bödding, Leiterin der zuständigen Abteilung für Grenzfragen im Bundesinnenministerium, ging nach Informationen des SÜDKURIER Anfang der Woche ergebnislos zu Ende. Damit bleibt es dabei, dass viele Menschen keine Aussicht darauf haben, ihre Lieben in der Schweiz in absehbarer Zeit sehen zu können.
Eine Situation, die Marleen Kurtz nicht verstehen kann: „Man darf hier in überfüllten Baumärkten einkaufen, und zur Arbeit in die Schweiz fahren, aber seinen Partner auf direktem Weg besuchen und dann auf direktem Weg zurückfahren, das ist nicht erlaubt. Was soll daran riskanter sein?“, fragt sie sich.

Am Tag bevor die Grenzen zur Schweiz geschlossen wurden, am Sonntag, 15. März, war Kurtz zuletzt bei ihrem Partner im Nachbarland. „Es war ein sehr komisches Gefühl, abends heimzufahren und zu wissen: Es wird nun erstmal nicht mehr möglich sein, einfach hinüberzufahren“, erinnert sie sich. Wie lange die Grenzen zu bleiben, war damals nicht bekannt und es ist es bis heute nicht.
Wunsch nach mehr Menschlichkeit
Obwohl die Infektionszahlen in beiden Ländern sinken und Lockerungsmaßnahmen der strikten Verordnungen erfolgen – die Grenze bleibt für Kurtz und ihre Mitstreiter geschlossen. „Dass die Grenzschließung als Schutzmaßnahme sinnvoll und notwendig war, das bezweifeln wir gar nicht. Und wir wollen auch keine illegalen Treffen oder Ähnliches, wir kämpfen um eine vertretbare Regelung“, hebt Kurtz hervor und betont: „Wir wollen niemanden gefährden und stellen nicht infrage, dass die Ausbreitung des Coronavirus eingedämmt werden muss.“

Sie wünscht sich von der Politik mehr Menschlichkeit und Entscheidungen, die der Entwicklung der aktuellen Situation Rechnung tragen.
„Klar, Fränzu und ich nutzen Whatsapp und Videotelefonie, aber auf Dauer ist das kein Ersatz“, sagt Kurtz. Sie weißt auf die immense Belastung für jeden Einzelnen und auch den Härtetest für die Beziehung hin. „Er fehlt mir so sehr“, sagt die Bad Säckingerin. Sie wird ihren Geburtstag am Wochenende ohne ihren geliebten Partner feiern müssen.