Selbst die Skulptur auf dem Platz vor dem Kurbrunnen trägt Maske: ein Zeichen dafür, wie sehr die Kunst von der Corona-Krise betroffen ist. Und das im doppelten Sinn, wie die grenzüberschreitende Schau „Kunst lokal Rheinfelden 2020“ in der Kurbrunnen-Anlage im schweizerischen Rheinfelden zeigt. Viele der 13 Künstler setzen sich in ihren Arbeiten mit der Ausnahmesituation der Pandemie auseinander.
„Eine besondere Ausstellung zu besonderen Zeiten“, nennt Kuratorin Michelle Geser diesen Anlass. Mit Fotografie und Malerei beteiligt sich Barbara Brantschen, die im badischen Rheinfelden lebt, an dieser alle zwei Jahre veranstalteten Plattform für Kunstschaffen in der Region. Die Schweizer Künstlerin lenkt in ihrer Fotoserie „Ursachen und Folgen“ den Blick auf menschenleere Orte und Plätze und verlassen wirkende Gebäude. Wie Brantschen bei einem von Kuratorin Michelle Geser moderierten Künstlergespräch erklärte, sind diese „fotografischen Skizzen“ vor der Corona-Zeit auf verschiedenen Reisen entstanden.
Es sind Momentaufnahmen aus Aberdeen, Marseille, Paris, der Bretagne, aus dem sibirischen Olchon, wo Barbara Brantschen versteckte Orte aufgesucht hat, Häfen, Anlagen, Wege, Häuser vor grauem Himmel, über denen eine Stimmung der Verlassenheit und Stille liegt. Während des Lockdowns im Frühjahr hat sie solche Bilder überall gesehen, so dass ihre Reiseeindrücke eine ungeahnte Aktualität erhalten. Um die Themen Wahrnehmung und Erinnerung geht es der Künstlerin auch in ihren Ölbildern wie der Dächerlandschaft aus einem Dorf im Wallis und dem Interieurbild eines leeren Raums, in dem ein einsamer Stuhl steht.
Spannend sind auch die Beiträge zweier Künstler aus Weil am Rhein. Katrin Niedermeier bringt in ihrer Werkserie „riia: Reality island is another“ organische und digitale Welten, Traumartiges, Virtuelles, fiktive Wesen, künstliche Gesichter, Avatare und Pflanzliches zu fantastischen Bildschöpfungen zusammen. Auf der Bühne und im Saal finden sich vieldeutige Installationen von Ulrich Wössner.
Drei Koffer, der eine geschlossen, der andere aufgeklappt und entleert, der dritte gefüllt mit Holzstücken, stehen sinnbildlich für geplatzte Pläne in Corona-Zeiten. Wössners „Orakel“ aus Holzstangen und Pendel kann als Symbol für die fragile Zeit gedeutet werden.
Direkt auf die Pandemie nehmen die Bilder von Fredi Leder Bezug. Der Maler zeigt Menschen, die sich durch den Lockdown eingesperrt fühlen, isoliert von Balkon zu Balkon kommunizieren und deren Leben und Denken von Corona beherrscht wird. Kritisch-ironisch hat Stefan Rüegg seine Installation „Die Corona der Schöpfung“ mit Kronen-Objekten aus Toilettenpapier und Acryl bestückt: eine Anspielung auf die Wortbedeutung von Corona und die „Krone“ der Schöpfung, als die sich der Mensch sieht. Einige greifen die Örtlichkeit des Kurbrunnens auf. So Patrick Leppert mit seinen faszinierenden Videoarbeiten zum Thema Wasser in der ehemaligen Trinkhalle. Auf vier riesigen Leinwänden ziehen diese Videoprojektionen über fließendes, sprudelndes, ablaufendes Wasser, Strudel, schmelzendes Eis, ziehende Wolken den Betrachter in Bann. Gerda Maise hat historische Brunnenfiguren, Statuen und Bronzeskulpturen mit signalroten Textilverbänden bandagiert und eingekleidet. Damit „verbindet“ sie im Doppelsinn Altes und Neues.