Die Freibadsaison 2023 läuft erst seit einigen Wochen. Trotzdem häufen sich bereits deutschlandweit die Meldungen über Gewalt in Schwimmbädern: Im Saarland prügelten sich jugendliche Badegäste mit Mitarbeitern eines Sicherheitsdienstes. In Berlin artete der Streit zwischen zwei Jugendgruppen in eine Massenschlägerei aus. Bei einer Auseinandersetzung in einem Mannheimer Freibad wurde ein 24-Jähriger sogar durch einen Messerstich verletzt, wie die Nachrichtenagentur dpa meldet.
Solche Szenen hätten sich zumindest in den vergangenen vier Jahren nicht im Rheinfelder Freibad abgespielt, berichtet Daniel Klein-Palmer, der seit Oktober 2019 die Rheinfelder Bäderbetriebe leitet. Eine Suche im Rheinfelder Archiv dieser Zeitung ergibt auch für die Jahre davor keine einschlägigen Meldungen. Klein-Palmer und sein Team setzen auf Wachsamkeit und Deeskalation. „Wir sprechen die Leute frühzeitig an, wenn man sieht, dass es Ärger geben könnte. Wir machen dann klare Ansagen: Das sind die Grenzen. Das sind unsere Regeln“, erzählt er. „Meine Ausbilderin hat immer gesagt: „Beobachte die Leute immer schon beim Eingang, dann bekommt man frühzeitig mit, wenn irgendwo Aggressionspotential da ist.“
Klein-Palmer hat zurzeit drei Vollzeitkräfte für die Beckenaufsicht zur Verfügung. Dazu kommen noch vier Minijobber und Unterstützung von der DLRG. An einem heißen Sommertag besuchen bis zu 4000 Badegäste das Freibad. Dann kann auch noch flexibel ein Security-Dienst hinzugezogen werden. Hat der Respekt gegenüber Aufsichtspersonal in den vergangenen Jahren abgenommen? Daniel Klein-Palmer hat darauf eine durchaus überraschende Antwort: „Es wird besser in den letzten Jahren. Die Leute haben mehr Verständnis.“ Das liege auch daran, dass die Zeit der alten Bademeister, die im lauten Kommandoton den Badegästen Anweisungen erteilen, endgültig vorbei sei, sagt der Bäder-Betriebsleiter. Das Personal sei in den letzten Jahren viel besser geschult worden. „Wenn wir eingreifen müssen, dann suchen wir das Gespräch und erklären ganz sachlich die Regeln“, sagt Klein-Palmer. „Wenn ich dem Badegast mit Respekt begegne, bekomme ich auch Respekt zurück.“
Meistens gehe es darum, immer wieder auf die essenziellen Baderegeln hinzuweisen, erzählt er. Das sind vor allem die bekannten Klassiker, die in jedem Schwimmbad gelten: Nur eine Person darf aufs Sprungbrett, nicht vom Beckenrand ins Wasser springen und keine Getränke und Essen im Beckenbereich. Was dem Rheinfelder Schwimmbadteam dabei zugute kommt, ist seine internationale Besetzung. So hat Klein-Palmer je einen Mitarbeiter aus Syrien und der Ukraine. Mit einer kurzen Ansprache in ihrer Muttersprache könnten sie Missverständnisse und Probleme schnell bereinigen, sagt er.
Klein-Palmer kennt durchaus auch andere Zustände. Vor seiner Zeit in Rheinfelden arbeitete er in einem Schwimmbad in Norddeutschland, das an einem sozialen Brennpunkt liegt. „Da war ein hohes Aggressionspotenzial. Wir sind mit Pfefferspray und Taser zur Beckenaufsicht“, erzählt er. Das ist in Rheinfelden freilich nicht notwendig. Zwar sei diese Saison bereits drei Mal die Polizei angerückt, allerdings aus verhältnismäßig harmlosen Anlässen, berichtet Klein-Palmer. Einmal gab es einen Kartenbetrug an der Eintrittskasse. Beim zweiten Fall hatte jemand den Zaun aufgeschnitten, um sich freien Eintritt zu verschaffen. Außerdem kam die Polizei, weil die Beamten eine gesuchte Person im Freibad vermuteten.
Die meisten Probleme würden den Schwimmbadmitarbeitern übrigens nicht Jugendliche machen, sondern Eltern mit Kindern, die nicht schwimmen können, berichtet Klein-Palmer. „Wir sammeln regelmäßig Kinder aus dem Becken ein, die schlecht oder gar nicht schwimmen können und bringen sie zu den Eltern zurück“, erzählt er. Das werde häufig mit Unverständnis und Pöbeleien seitens der Eltern quittiert.
Vandalismus ist ein weiteres durchaus verbreitetes Ärgernis im Schwimmbad. Der kommt vor allem dort vor, wo es keine Aufsicht gibt. „Wir müssen jedes Jahr Griffe und Türen in Duschen und Umkleiden erneuern“, berichtet Klein-Palmer. „Alles, was kaputt gemacht werden kann, wird leider auch kaputt gemacht.“