Der Prozess vor einem Schöffengericht des Amtsgerichts Lörrach gegen einen 34-jährigen Mann, der – wie sich nun herausstellte – eine Frau vergewaltigt hat, zog sich gut drei Monate hin. In einem kurzfristig noch anberaumten weiteren Verhandlungstag wurde die stellvertretende Leiterin der integrierten Leitstelle Lörrach als Zeugin angehört, die den Notruf der Frau entgegengenommen hatte. Dabei wurde herausgefunden, dass die Videokamera, die die Geschädigte und den Angeklagten aufgezeichnet hat, eine falsche Uhrzeit anzeigte.
Notruf dauert zehn Minuten
Der knapp zehn Minuten dauernde Notruf wurde im Gerichtssaal abgespielt. An dessen Beginn war die Frau völlig aufgelöst und konnte kaum reden. Sie sagte, sie komme nicht aus der Wohnung des Angeklagten heraus, was nach ein paar Minuten aber gelang.
Draußen hatte die Frau etwas besser sprechen können. Der Angeklagte machte vor Gericht keine Angaben zur Sache. Durch Zwischenbemerkungen hat er aber immer wieder kundgetan, die Vorwürfe würden nicht zutreffen. Am Ende glaubte ihm das Schöffengericht aber nicht.
37-Jährige verpasst den letzten Zug
Zur Überzeugung des Gerichts hatte sich Folgendes zugetragen: Am späten Abend des 26. April 2023 hatte der Angeklagte die 37-jährige Frau, die von einer Feier gekommen war und den letzten Zug verpasst hatte, am Bahnhof in Rheinfelden getroffen. Sie kamen ins Gespräch, die Frau kam mit in seine Wohnung.
Gegen 0.45 Uhr kauften sie an einer Tankstelle Bier und Wein und gingen zurück in die Wohnung, wo sie tranken und Kokain konsumierten. Erste Annäherungsversuche von ihm wies sie zurück. Aufgrund der Berauschung stolperte eine der beiden Personen über den Couchtisch, dabei ging etwas zu Bruch, weswegen die Stimmung kippte. Die Frau wollte nun ein Taxi rufen und gehen, doch der Angeklagte zog sie aufs Bett und verging sich an ihr.
Plötzlich ist die Tür verschlossen
Er quetschte ihre Brüste so stark, dass blaue Flecken entstanden, fasste mit der Hand in ihre Hose und drang mit dem Finger in sie ein. Das erfüllt den Tatbestand der Vergewaltigung. Nachgewiesen wurde das anhand von DNA-Spuren, die wie eine Sachverständige und die Gynäkologin, die die Frau später untersucht hatte, vor Gericht ausführten, nicht auf andere Weise ins Körperinnere gelangt sein konnten. Als die Frau einen neuen Versuch machte zu gehen, fand sie die Wohnungstür abgeschlossen. Sie wählte den Notruf, nach ein paar Minuten konnte sie die Wohnung aber verlassen. Zudem stellte sie fest, dass ihr 100 Franken fehlten.
Der Vorsitzende des Schöffengerichts, Richter Dietrich Bezzel, sagte, die Vernehmung der Frau, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, sei schwierig gewesen, weil sie am Abend der Tat erheblich alkoholisiert war, zudem Kokain konsumiert hatte und Erinnerungslücken hatte. Nach den Kriterien der Vernehmungspsychologie erscheine ihre Aussage aber glaubwürdig. Außerdem leidet die Frau bis heute an den Folgen der Tat.
Der Angeklagte hatte bei der Polizei und beim Ermittlungsrichter hingegen Aussagen gemacht, die sich widersprochen haben. Und natürlich sprachen die DNA-Spuren gegen ihn. Weiterhin sprach gegen den Angeklagten, dass er dreimal wegen sexueller Belästigung und Nötigung vorbestraft war und während der jetzt verhandelten Tat unter Bewährung stand. Das Schöffengericht in Lörrach verurteilte ihn wegen Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Diebstahl zu insgesamt zwei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe. Strafen von mehr als zwei Jahren können nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.