Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Murg-Laufenburg ruft die Bürger Rickenbachs zur Unterstützung des von der Gemeinde geplanten Bürgerwindrades auf dem Hoheneck auf. Am 20. Juli können die Rickenbacher im Rahmen eines Bürgerentscheids über das Vorhaben abstimmen.

BUND wirft Windkraftgegnern bewusste Falschbehauptungen vor

Für BUND-Mitglied Michael Tritschler aus Hottingen ist die Ausgangslage angesichts der zum Teil erhitzt geführten Diskussionen über die auf dem Hotzenwald geplanten Windräder eindeutig: „Was die Windkraftgegner anbieten, sind dieselben Argumente wie bei den Gegnern dieser Energieform in Herrischried. Es wird nicht sachlich argumentiert, Zahlen und Fakten stimmen oft nicht und es werden bewusst falsche Behauptungen aufgestellt. Man ist gegen Windkraft, gegen erneuerbare Energien, ohne eine Alternative anzubieten. Die Gegner nennen als Ausweg aus der Energiekrise lediglich billigen Atomstrom oder Kohlestrom“, erklärt er gegenüber dem SÜDKURIER.

Für problematisch hält Tritschler die Unterstützung der Windkraftgegner durch die AfD, „weil sie bei diesem Thema durch vermeintlich einfache Antworten auf sehr komplexe Fragen die Zustimmung vieler Menschen findet.“ Angesichts der sich immer weiter verschärfenden Klimakrise seien die Herausforderungen der Zukunft nur durch einen Klimamix zu bestehen. Dieser müsse der Tatsache Rechnung tragen, dass Wind und Sonne als Energiequelle nicht immer zur Verfügung stünden – Kohlestrom mit seiner hohen CO₂-Belastung könne hier jedoch keine Lösung bieten.

Vom Bürgerwindrad profitieren Gemeinde, Bürger und Investor

Im konkreten Fall des Bürgerwindrades auf dem Hoheneck sieht Tritschler eindeutige Vorteile für alle Beteiligten: „Es geht hier zunächst einmal um ein einziges Windrad, welches auf gemeindeeigenem Grund in die Hand der Bürger gegeben werden soll. Die Gemeinde Rickenbach kann hierdurch Erlöse aus der Verpachtung des Grundes erzielen, die Bürger selbst können durch eine Beteiligung von den Einkünften aus dem Stromverkauf profitieren“, führt er aus.

Eine Tatsache, die Martina Matt, Vorsitzende des BUND Murg-Laufenburg, ausdrücklich unterstreicht: „Die ökonomische Wertschöpfung bleibt in diesem Falle vor Ort und geht nicht irgendwohin an einen anonymen Investor.“ Darüber hinaus werde die Eignung des Standortes noch durch weitere Gutachten geprüft, ergänzt sie. Gerade hierbei lege der BUND Wert darauf, dass diese Studien unter Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes und der Interessen der Bürger durchgeführt würden. „Es ist sicherlich nicht alles gut“, gibt sie den Kritikern recht, „aber der Atom- und Kohlestrom sind keine Alternativen. Ein Windrad kann jederzeit wieder stillgelegt und abgebaut werden.“

Viele Menschen wünschen sich einen Anblick der Berghöhen ohne Windkraftanlagen – wie hier beim Rickenbacher Ortsteil Hottingen.
Viele Menschen wünschen sich einen Anblick der Berghöhen ohne Windkraftanlagen – wie hier beim Rickenbacher Ortsteil Hottingen. | Bild: Alexander Jaser

Zudem, ergänzt Tritschler, sei Rickenbach im Falle einer Ablehnung des Bürgerprojektes „für drei Jahre blockiert und die Nachbargemeinden können dann Tatsachen schaffen – die Gemeinde hat jedoch keinen Einfluss darauf, was zum Beispiel auf Görwihler Gemarkung geschieht.“

Kritik an Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative

Kritisch äußert sich Matt zum Hauptreferenten auf dem Informationsabend der Bürgerinitiative ‚Windkraft und Freiflächen-PV-Anlagen‘ am Samstag, 17. Mai, in der Willaringer Festhalle. „Wo kommt dieser Mann her? Er hat einen ökonomischen Hintergrund als Lobbyist bei der Aluminium- und Braunkohlenindustrie und reist als Handlungsreisender gegen die Windkraft durch die Republik.“ Für Tritschler eine problematische Verbindung: „Die Zukunft in Deutschland wird elektrisch sein. Das kann man nicht mehr leugnen. Es fängt bei der Bundesbahn an und hört bei der Metallindustrie auf. Nur mit einem klugen Energiemix können wir hier bestehen“, erklärt er und fordert ein entschiedenes Eintreten für den Naturschutz. Die Position des BUND sei hier ganz eindeutig, ergänzt Anselm König: „Wir wollen die Schöpfung für unsere Kinder bewahren.“

Die Befürworter des Bürgerwindrades auf dem Hoheneck weisen unter anderem darauf hin, dass für dessen Errichtung keine Waldrodung und ...
Die Befürworter des Bürgerwindrades auf dem Hoheneck weisen unter anderem darauf hin, dass für dessen Errichtung keine Waldrodung und Straßenbau notwendig seien. | Bild: Alexander Jaser

Windkraft ist auch für den BUND mit Nachteilen verbunden

Offen räumt Tritschler ein, dass es in der Diskussion um erneuerbare Energien Argumente gäbe, die legitim und nicht zu entkräften seien. „Doch sie helfen uns nicht dabei, volkswirtschaftliche Herausforderungen zu lösen. Der Gesetzgeber ist sich der Bedenken des Bürgers bewusst und versucht Probleme, wie zum Beispiel den Schattenwurf, zu minimieren. Doch den Anblick eines Windrades kann er nicht verhindern.“ Darüber hinaus, so Tritschler, sei mit dem technischen Fortschritt bei der Entwicklung von Windrädern eine Verminderung des Geräuschpegels verbunden. Die Belastungen, so gesteht er ein, ließen sich jedoch nicht gänzlich vermeiden – „doch ich muss mich fragen: Was ist mir lieber, der Anblick eines Windrades oder des Kühlturmes eines Atomkraftwerkes?“ Für das Bürgerwindrad gelte zudem, dass es auf dem Hoheneck weitab von bebauten Flächen und auch fern von Oberwihl stehe und somit kein Problem eines Schattenwurfes oder einer Lärmbelästigung verursacht werde.

Ablehnung des Bürgewindrades gäbe Investoren freie Hand

Grundsätzlich betont König noch einmal das Anliegen des BUND beim Bürgerwindrad: „Wir möchten, dass die Gemeinde Rickenbach sich die Chance des Windrades nicht aus der Hand nehmen lässt und damit auch die Chance einer Begleitung des Projektes durch den BUND oder den Naturschutzbund Deutschland (NABU). Die Umweltgruppen haben zu den Planungen für Windenergieanlagen auf dem Hotzenwald Stellungnahmen abgegeben und sich positiv zum Vorranggebiet Hoheneck ausgesprochen.“ Ausdrücklich unterstreicht Martina Matt nochmals die Bedeutung der vom Regionalverband Hochrhein-Bodensee ausgewiesenen Vorranggebiete: „In diesen Gebieten können die Windräder privilegiert gebaut werden. Wenn dies durch einen Bürgerentscheid verhindert wird, kann ein Investor überall ungehindert bauen, wo er einen Grundstückeigentümer als Verpächter findet“, erläutert sie.