Nicolai Kapitz

Schopfheim – Zu einem Hilferuf hat die Arbeiterwohlfahrt (Awo) am Donnerstagmorgen einen Besuch des SPD-Landtagsabgeordneten Rainer Stickelberger im neuen AWO-Sozialkaufhaus „Schatzstübli“ genutzt. Die Awo beklagt ein zunehmendes Müllproblem: Es werden zunehmend einfach Gegenstände beim Kaufhaus abgeladen, auch außerhalb der Öffnungszeiten, die die Mitarbeiter dann auf eigene Rechnung entsorgen müssen. Dadurch entstehe eine Menge Arbeit und obendrein auch Mehrkosten – nicht nur in Schopfheim.

Rainer Stickelberger ist auf Sommertour. Zum inzwischen 19. Mal bereist der frühere Landesjustizminister seinen Wahlkreis, um sich in verschiedenen Gemeinden nach den drängendsten Themen zu erkundigen. Im Awo-Sozialkaufhaus in Schopfheim stieß er nun auf eines, das nicht nur das hiesige Schatzstübli betrifft, sondern auch die Awo-Einrichtungen „Schatzkästlein“ in Rheinfelden und die „Schatzinsel“ in Grenzach-Wyhlen: Die Arbeiterwohlfahrt muss sich zunehmend mit einem Müllproblem auseinandersetzen. „Wir werden gerne als Müllabladestelle genutzt“, erklärte Ina Pietschmann, Geschäftsführerin der Kaufhäuser, beim Besuch des Abgeordneten. „Sobald wir einmal nicht aufpassen, steht schon irgendwas da.“ Während und außerhalb der Öffnungszeiten werden die Kaufhäuser von Menschen mit Waren beliefert.

Nun freuen sich die Mitarbeiter eigentlich über Anlieferungen aller Art. Sind doch die Awo-Kaufhäuser eine Sammelstelle für Dinge, die zwar von ihren Eigentümern rausgeworfen werden, aber noch wiederverwertbar sind. Aber genau da liegt das Problem: Was nun wiederverwertbar ist und was nicht – da gibt es offensichtlich manchmal verschiedene Ansichten. „Die wilde Müllablagerung in den Wäldern hat sich jetzt zu uns verlagert“, sagte Pietschmann. Die Kaufhäuser der Awo würden so mehr und mehr zu einer „Müllvorsortierungseinrichtung“, was viel Arbeitseinsatz erfordere – „wie bei Aschenputtel“.

Und schließlich bleibe das Problem der Entsorgung an der Awo hängen. „Wir haben für alle drei Standorte zusammen allein eine Hausmüllrechnung von 4500 Euro im Jahr“, so Pietschmann. Diese Summer verteile sich ungefähr zu gleichen Teilen auf alle drei Secondhand-Kaufhäuser. Sperrmüll und Elektroschrott bringen die Mitarbeiter auf den Recyclinghof („einmal pro Woche einen Lieferwagen“), wo aber das nächste Problem warte: Die Recyclinghöfe des Landkreises seien nicht immer kooperativ, „oft schicken die uns einfach weg“. Und das obwohl die Awo dort gut sortierte Gegenstände abliefere „und keinen Restmüll“. Noch schwieriger gestalte sich die Entsorgung von Kühlschränken, die der Awo defekt oder unbrauchbar angeliefert werden. Die ist nämlich kostenpflichtig – Geld, auf dem die AWO sitzenbleibe. „Wir hoffen da auf Unterstützung vom Landkreis“, sagte Ina Pietschmann. Doch der habe auf Anfragen bisher nur ablehnend geantwortet: „Dort hieß es, das sei unser Problem.“ Die Awo wünsche sich auch eine finanzielle Unterstützung bei den Müllgebühren, entweder durch eine Gebührensenkung oder durch Zuschüsse.

Recyclinghöfe müssen bei großen Mengen abweisen

Bei der Abfallwirtschaft des Landkreises ist das Problem bekannt: „Wir haben bereits intensiv Kontakt mit der AWO“, sagt Abfallwirtschaftspressesprecherin Anna Sebastian auf Nachfrage dieser Zeitung. Das Problem sei die Menge. Auf den Recyclinghöfen des Landkreises gilt eine bestimmte Obergrenze pro Anlieferer und Tag. „Das Personal soll Wertstoffe bei einer Überschreitung der Menge abweisen, damit eine gewerbliche Nutzung unserer Einrichtungen ausgeschlossen ist“, so Sebastian. Wenn also die Awo ihre Anlieferungen auf mehrere Tage verteilen würde, sei das Entsorgungsproblem eventuell schon etwas weniger gravierend.

Rainer Stickelberger möchte sich in den Dialog zwischen Awo und Abfallwirtschaft trotzdem einschalten – mit einem Appell an Landrätin Marion Dammann. „Da gehen wir drauf“, erklärte Rainer Stickelberger, der sich die Klagen der Awo-Mitarbeiterinnen interessiert angehört hatte. „Wer soll den Müll denn annehmen, wenn es die Recyclinghöfe nicht tun?“ Stickelberger zeigte sich ansonsten beeindruckt von der neuen Awo-Einrichtung in Schopfheim. Laden-Leiterin Jutta Leininger zeigte sich beim Rundgang durch das Geschäft auch stolz darauf, wie sich das Kaufhaus in dem halben Jahr seines Bestehens entwickelt hat. „Es läuft wunderbar und wird gut angenommen“, erklärte sie. „Es hat sich inzwischen auch rumgesprochen, dass hier jeder einkaufen kann. Nicht nur Bedürftige.“ Das sei wichtig, denn das oberste Ziel sei Nachhaltigkeit – was sonst weggeschmissen wird, findet bei der Awo womöglich einen neuen Besitzer. „Wir sind inzwischen auch eine Fundgrube für Sammler“, sagte Leininger.