Rainer Ruther

Bergmähwiesen, Gebirgsbäche, trockene Heiden, Allmendweiden, Buchenwälder, Fels- und Spaltenvegetation, Heimat für seltene Fledermausarten und Pflanzen: Das Natura-2000-Gebiet „Belchen“ ist ein in Deutschland einmaliger Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Um diese natürlichen Schätze für die Zukunft zu sichern, entsteht im Regierungspräsidium (RP) Freiburg derzeit ein Managementplan. Der Entwurf ist noch bis zum 25. April öffentlich und im Internet einzusehen; alle Bürgerinnen und Bürger können so Stellungnahmen abgeben.

Beim Natura 2000-Gebiet „Belchen“ handelt es sich um ein Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet mit einer Gesamtfläche von 2907 ...
Beim Natura 2000-Gebiet „Belchen“ handelt es sich um ein Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet mit einer Gesamtfläche von 2907 Hektar. Auch der Nonnenmattweiher ist Teil davon. | Bild: Richard Liebetruth

Der Belchen ist schon seit 1949 Naturschutzgebiet, 1987 wurde auch der Nonnenmattweiher dazu erklärt. Die später zum europäischen „Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet“ erweiterte Region ist knapp 3000 Hektar groß und erstreckt sich über die Landkreise Lörrach und Breisgau-Hochschwarzwald. Für jedes Natura-2000-Gebiet erarbeiten die Regierungspräsidien in Abstimmung mit Landnutzern, Verbänden und Behörden einen Managementplan. Dafür wird zunächst eine Inventur des Gebiets vorgenommen; danach werden Ziele und Maßnahmen für Erhalt und Entwicklung formuliert.

Das Vorkommen von 23 unterschiedlichen Lebensraumtypen im Bereich des Belchen deutet für das RP auf eine außerordentliche Vielfalt des Gebietes hin, die es zu erhalten und zu schützen gilt. Ein besonderes Augenmerk richteten die Experten des RP auf den Nonnenmattweiher. Das Naturschutzgebiet, in dem er liegt, ist insgesamt 71 Hektar groß, der Weiher an sich etwa 3,3 Hektar.

„Die Erhaltungsziele können bei Fortführung der derzeitigen Nutzung und Beanspruchung nicht erreicht werden“, heißt es im Entwurf des Managementplans. Der Grund: Am Nonnenmattweiher sei besonders in den Sommermonaten ein starker Besucherdruck durch Erholungssuchende und Badende zu verzeichnen. Ein Ölfilm durch abgewaschene Sonnenmilch und weitere Verunreinigungen führen so zu einer hohen Belastung des Gewässers. Das schädige nicht nur die Umgebung und die Ufer; durch die Verunreinigungen und durch Wellenschlag sei auch der Erhalt der einmaligen Torfinsel im Weiher gefährdet, die sich dadurch auflösen könnte.

Der Nonnenmattweiher entstand im 18. Jahrhundert durch Erhöhung eines eiszeitlichen Moränenwalls. Auf dem braun gefärbten Gewässer schwimmt eine Torfinsel, ein Schwingrasenmoor, das entstand, als sich nach dem Aufstauen des Weihers eine etwa 50 Zentimeter dicke Torfdecke vom Grund löste. Seither, das heißt seit nunmehr bereits fast 300 Jahren, schwimmt die Torfinsel im südlichen Teil des Nonnenmattweihers. Die Vegetation der Insel wird bestimmt durch Bewuchs mit Sumpfbärlapp, Fieberklee, Torfmoosen, Heidekraut, Sumpf-Veilchen und Sonnentau.

Im Nonnenmattweiher ist vor allem die Torfinsel gefährdet

Der Weiher ist seit langem ein Bade- und Angelgewässer; an schönen Sommerwochenenden sind dort nach Zählung der RP-Experten regelmäßig über 100 Besucher anzutreffen. Es gibt keine Toiletten. Der Badebereich im Norden wird durch eine schwimmende Sperre vom südlichen Teil mit der Torfinsel getrennt. In den Monaten Mai bis September werden im Weiher regelmäßig Wasserproben entnommen. Wegen des sommerlichen Bade- und Angelbetriebs wird der Zustand des Sees insgesamt mit „durchschnittlich (C)“ bewertet; das ist die niedrigste von drei Kategorien. Im neuen Managementplan wird festgehalten, dass die Erhaltungsziele bei Fortführung der derzeitigen Nutzung und Beanspruchung nicht erreicht werden können. Vor allem zum Erhalt der Torfinsel sollte deshalb die Besucherlenkung verbessert und ein Bade- und Angelverbot eingeführt werden. Begleitend müssten die Verbote eingehalten werden; die Akzeptanz sollte durch entsprechende Besucherlenkungsmaßnahmen und begleitende Öffentlichkeitsarbeit erhöht werden. Zudem sollten die Besucher vor Ort aufgeklärt und die Regelungen durch Kontrollen von Rangern überwacht werden. Im Moment seien durch die Beanspruchungen des Gewässers die Einhaltung der Schutzziele des Naturschutzgebiets und der Erhaltungsziele der FFH-Verordnung nicht mehr gewährleistet.

Bei vielen anderen der Gebietstypen am Belchen empfehlen die Fachleute des RP nur geringe Eingriffe. So liegt das sogenannte Boreo-alpine Grasland auf der Nordseite des Belchens in den von Natur aus waldfreien Lawinenbahnen. Die Erhaltung dieses typischen Lebensraumtyps sei gewährleistet, sofern auch in Zeiten des Klimawandels weiterhin genug Schnee auf dem Gipfel fällt.

Mehrere standorttypische Wiesen im Belchengebiet können laut RP nur durch extensive Nutzung durch Rinder, Ziegen und Schafe freigehalten und in ihrem Bestand gesichert werden. Auf der anderen Seite sind die typischen Vegetationen auf Halden durch hohen Verbiss junger Bäume gefährdet; hier empfiehlt der Bericht, dass das Gamswild stärker gejagt und dezimiert wird. Damit könne man der Verarmung der Boden- und Felsvegetation in den stark durch Verbiss betroffenen Gebieten wie den Silikatschutthalden, den Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation und dem Pionierrasen auf Silikatfelskuppen entgegenwirken.

Im Gegensatz dazu müssten nachwachsende Nadelhölzer und Büsche dort stärker kontrolliert und entfernt werden, wo sie Felsenlebensraumtypen stören. Auch hier beeinträchtige Verbiss durch Gamswild die biotypische Vegetation. Daneben seien am Belchen Beeinträchtigungen und Trittbelastungen durch hohen Besucherdruck, durch Wandertourismus und Tourengänger festzustellen. Dem könne zum Teil durch eine Verlegung des Wegenetzes abgeholfen werden.

Die Zunahme des Waldes, von Gestrüpp und Gehölzen, sehen die RP-Experten kritisch. Je mehr Wald, desto geringer die Chance für offene und artenreiche Wiesen. Für das einmalige Landschaftsbild der Allmendweiden sei das katastrophal, formulieren die Fachleute, ebenso wie für den Schutz von zahlreichen vom Aussterben bedrohten Arten, die an extensive Grünlandstandorte gebunden seien. Doch dort, wo Wälder typische Standorte haben, seien sie durch den Klimawandel gefährdet. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Wald in seiner bestehenden Baumartenzusammensetzung nicht die Fähigkeit besitze, sich ausreichend schnell an das Ausmaß und die Geschwindigkeit des beobachtbaren Klimawandels anzupassen. Das gelte im Übrigen auch für alle anderen Vegetationstypen im Belchengebiet. Der Klimawandel werde von vielen Faktoren bestimmt und sei nicht leicht zu beeinflussen.

Dagegen stelle die Zunahme des Freizeitbetriebes im Sommer und Winter eine zunehmende Beeinträchtigung dar und müsse stärker geregelt werden. Hiervon betroffen sind insbesondere die Gipfelbereiche des Belchens und der Nonnenmattweiher. Neben Wanderern und Skitourengehern stellten auch Geocaching, 24h-Läufe, Mountainbike-Fahrer und Wildcampen Beeinträchtigungen durch Freizeitnutzung dar.

Mit Bannwäldern dem Rückzug der Landwirtschaft begegnen

Der Managementplan spricht sich zuletzt eindeutig für Bannwälder und Biosphärengebiet-Kernzonen aus. In einem von Freizeitnutzungen ausreichend ungestörten Bereich seien die unbeeinflusste, spontane Entwicklung des Waldes mit seinen Tier- und Pflanzenarten und der Schutz der Lebensräume und -gemeinschaften garantiert. Durch den Rückzug der Landwirtschaft aus schwierig zu bewirtschaftenden Standorten und durch die Reduzierung der Tierhaltung bestehe bereits die Gefahr, dass einige typische Landschaften ganz vom Belchen verschwinden könnten.