Schopfheim Die Ratsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und CDU hatten im September 2023 den Antrag gestellt, dass die Stadt die Einführung einer Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild prüfen solle. Dies sollte zur Reduzierung des Verpackungsabfalls, zu Anreizen für mehr Mehrweg-Angebote, zur Entlastung des Bauhofs, zu weniger Kosten für die Abfallentsorgung und zu zusätzlichen Einnahmen führen – und damit ein Beitrag zum Klimaschutz und für ein saubereres Stadtbild sein.
- Wie ist der Stand? Der Antrag war 2023 mehrheitlich befürwortet, aber zurückgestellt worden, weil die Rechtslage unklar war. Ende 2024 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Kommunen grundsätzlich das Recht haben, eine Verpackungssteuer zu erheben. Daraufhin begann die Verwaltung damit, den Prüfauftrag umzusetzen. Ein Satzungsentwurf wurde erarbeitet. Zudem ermittelte die Stadt Antworten auf Fragen wie: Wer ist betroffen? Wie groß wäre der Aufwand? Die Ergebnisse liegen jetzt vor. Damit kann der Gemeinderat in der Sitzung am Montag, 12. Mai, entscheiden, ob die Steuer tatsächlich kommt.
- Wie hoch wäre die Steuer? Besteuert würden Einwegverpackungen und Einweggeschirr mit 50 Cent pro Stück, aber auch Hilfsmittel wie Besteck und Trinkhalme (20 Cent). Voraussetzung ist, dass es um Speisen und Getränke geht, die für den unmittelbaren Verzehr oder als mitnehmbares Gericht (Take-away) oder Getränk verkauft werden.
- Wer wäre betroffen? 70 bis 90 Betriebe wären wohl betroffen. Dazu könnten theoretisch weitere Betroffene wie Marktbeschicker und wirtende Vereine kommen. Allerdings seien nach dem Vorbild von Tübingen und mittlerweile auch Konstanz Steuerbefreiungen, etwa für Märkte und Feste, denkbar.
- Wie werden die Effekte eingeschätzt? Die Stadt geht davon aus, dass eine Verpackungssteuer Einnahmen bringen würde, die „den Aufwand decken würden“ – einmalig würden Kosten in Höhe von 12.000 Euro anfallen, danach jährlich rund 6000 Euro. Wie hoch die Einnahmen wären, sei im Moment aber nicht exakt bezifferbar. Fraglich sei auch, ob sich das Müllaufkommen im öffentlichen Raum merklich reduzieren würde. Die Menge, die bei der Straßenreinigung anfällt, belaufe sich seit Jahren konstant auf rund 100 Tonnen, wobei aber nicht unterschieden werde zwischen normalen Verpackungen und Einweg. Wirtschaftsförderin Margot Fritz weist darauf hin, dass eine Stadt wie Tübingen mit fast 90.000 Einwohnern, Studenten und vielen Touristen nur schlecht mit Schopfheim (20.000 Einwohner) vergleichbar sei. In Schopfheim sei etwa der Anteil an Einwegbechern „relativ gering“. Der öffentlich anfallende Müll beinhalte „einen großen Anteil normaler Umverpackungen“ wie Chipstüten, Gummibärchen und Schokoladenpapier, „die durch die Steuer nicht erreicht und damit nicht verhindert werden können“. Laut einer Studie der Uni Tübingen sei in Tübingen „keinerlei messbarer Rückgang der Müllmengen“ festzustellen. Fritz meldet deshalb „erhebliche Bedenken“ an. Die Steuer würde Betriebe und Kunden belasten, Entlastungseffekte seien mit Blick auf Fixkosten fraglich.
Damit ist sie nicht allein. Die Stadtverwaltung hat Rückmeldungen vom Wirteverein, von Schopfheim Aktiv und von den Vereinen des Vereinsparlaments eingeholt. 22 Akteure sind gegen die Einführung einer Verpackungssteuer, zwei dafür. Die Stadt Schopfheim erklärt: Viele fürchten, dass eine Verpackungssteuer kleine Unternehmen, aber auch einkommensschwache Haushalte belasten würde. Sorgen bereiten auch mögliche Wettbewerbsverzerrungen, da Anbieter außerhalb der Stadt günstigere Preise anbieten könnten. Derzeit sei die Lage im Einzelhandel und in der Gastronomie ohnehin angespannt. Zwar hält es die Stadtverwaltung für möglich, dass die Verpackungssteuer dazu beitragen könnte, „den Einsatz von Einwegverpackungen zu verringern, und Unternehmen dazu zu motivieren, umweltfreundlichere Alternativen zu nutzen“. Jedoch wäre „der bürokratische Aufwand für alle Beteiligten erheblich“, und das mögliche Steueraufkommen stehe in keinem angemessenen Verhältnis zum Aufwand.
- Was schlägt die Stadt vor? Die Stadtverwaltung empfiehlt dem Gemeinderat, derzeit keine Verpackungssteuer einzuführen. Die ökologische Wirkung sei nicht belegbar. Eine Verpackungssteuer sei nur dann „nachhaltig wirksam“, wenn diese einhergehe mit einem Mehrwegsystem. In Tübingen und Konstanz sei der steigende Einsatz von Mehrwegverpackungen an die „parallele Einführung eines gut geplanten und öffentlich unterstützten Mehrwegsystems gekoppelt“. Abgesehen davon weist die Stadtverwaltung darauf hin, dass seit 2023 ohnehin eine Mehrwegangebotspflicht gilt.