St. Blasien Mit der Camerata Carolina der Universität Heidelberg ist zu den Internationalen Domkonzerten ein A-Cappella-Ensemble nach St. Blasien gekommen, das vor Lebendigkeit und Ausdrucksreichtum strotzte. Dessen zupackende Interpretationen unter der Leitung von Franz Wassermann gingen unter die Haut. Das Programm war anspruchsvoll und vielschichtig.

Am Beginn stand eine – Johann Bach zugeschriebene – doppelchörige Motette „Unser Leben ist ein Schatten“. Der sechsstimmige Hauptchor hatte sich hinter dem Altarraum aufgestellt, die drei mit Alt, Tenor und Bass besetzten Stimmen erklangen aus dem hinteren Kirchenschiff. Unterstützt durch ausgefeilte Dynamik, brachten die Einsätze die Vielfalt der angesprochenen Gedanken prägnant zum Ausdruck. Eindrücklich war die Wirkung von Johann Sebastian Bachs Motette „Fürchte dich nicht, ich bin bei Dir“, bei der der Chor das hochkomplexe Satzgefüge in einen mit Sforzati und Staccati stark rhythmisch akzentuierten Klangteppich goss. Mit dramatischen Akzenten gestaltete der Chor Schuberts „Salve Regina“.

Eindringlich kam der textausdeutende Gesangsstil in Mendelssohns „Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ zur Geltung, begünstigt durch die Kontraste der solistischen Einwürfe und der Tuttipassagen, zum Teil in äußerstem Fortissimo gesungen. Zum zweiten Teil stellte sich der Chor vor den Altarstufen auf, wodurch die Interpretationen an Eindringlichkeit gewannen. Hier erklangen Bruckners sensibel vorgetragenes „Locus iste“, das mit einem zupackenden „Alleluja“ endende „Virga Jesse“, das „Ave Maria“ und das monumentale „Christus factus est“.

Der Chor interpretierte zwei hochkomplex angelegte Stücke von Johannes Brahms, „Warum ist das Licht“ und „Schaffe mir, Gott, ein reines Herz“, in denen der Komponist seine Meisterschaft polyphoner Stimmführung ausbreitet, aber auch seine Charakterisierungskunst zur Ausdeutung der Emotionen offenbart. So steht im ersten Stück das sehnsüchtig fragende „Warum“ im Vordergrund, während im zweiten dem fordernden „Verwirf mich nicht“ ein sanftes „Tröste mich wieder“ gegenübersteht, das in einem jubilierenden „Der freudige Geist erhalte mich“ und dem „Reinige mich von meiner Sünde“ gipfelt. Max Regers „Nachtlied“ beendete das Programm, dem wegen des anhaltenden Beifalls noch zwei Zugaben folgten: ein zeitgenössisches „Alleluia“ von Elaine Hagenberg und Rheinbergers „Abendlied“.