Konstanz und Arzneimittel: Das war über Jahrzehnte fest miteinander verbunden. Eine besondere Rolle spielte ein Unternehmen, das nach dem Krieg als Byk Gulden am Bodensee einen neuen Standort findet und später durch mehrere Hände geht. Spätestens 2028 will nun der Nach-Nach-Nachfolger Takeda den Standort Konstanz schließen. Ein Blick zurück.
1946 bis 2002: Byk Gulden
Byk Gulden, ursprünglich gegründet 1873 in Berlin und seit 1941 im Firmenimperium von Günther Quandt, war zeitweise das größte Unternehmen in Konstanz, ein Arzneimittelhersteller, der intensiv forschte und ein extrem erfolgreiches Medikament auf den Markt brachte: Pantoprazol, ein trotz hoher Kosten gern verschriebenes Magenmittel. Einmal entwickelt, kann es günstig produziert und dank Patentschutz viele Jahre lang teuer verkauft werden.
Die Überschüsse sprudeln und sorgen dafür, dass Konstanz rund die Hälfte seiner Gewerbesteuereinnahmen einer einzigen Firma verdankt. 60 Millionen Euro sind es in den besten Jahren, damals ein Spitzenwert unter vergleichbar großen Städten und bis heute unerreicht. Und: Byk Gulden bietet zeitweise bis zu 3000 zumeist gut oder sehr gut bezahlte Arbeitsplätze, viele von ihnen in Forschung und Entwicklung.

2002 bis 2007: Altana Pharma
Altana, ein Unternehmen aus dem Reich der Unternehmer-Familie Quandt, nimmt das nach dem Krieg im unzerstörten Konstanz angesiedelte Unternehmen Byk Gulden auch markenrechtlich 2002 unter sein Dach und führt es fortan als Altana Pharma AG. Der Konzern investiert hunderte Millionen Euro in den Standort Konstanz und errichtet die Neubauten entlang der Bahnlinie.
Doch was einst die stolze Zentrale eines Dax-Konzerns werden sollte, erlebt die geplante Blüte nicht mehr – der Patentschutz für Pantoprazol läuft 2009 aus, und trotz enormer Forschungsbemühungen und großer Hoffnungen auf das Atemwegs-Medikament Roflumilast kann kein neuer, ähnlich bedeutsamer Wirkstoff auf den Markt gebracht werden. Eine riskante Firmenstrategie scheitert.

2007 bis 2011: Nycomed
Nycomed kauft die Altana Pharma AG im Jahr 2007, und Konstanz erlebt einen ersten schwarzen Tag. Von den damals noch fast 2000 Arbeitsplätzen werden rund 800 gestrichen – kein Bedarf, erklären die neuen Besitzer mit norwegisch-dänischen Wurzeln. Viele erinnern sich bis heute an eine Großdemonstration im März 2007 gegen die Einschnitte.
4,6 Milliarden Euro hatte Nycomed für Altana Pharma bezahlt, und es tritt ein, wovor viele Kritiker gewarnt hatten: Das Unternehmen, gekauft fast ausschließlich mit Fremdkapital, wird ausgeweidet und soll seinen Kaufpreis innerhalb weniger Jahre wieder erwirtschaften.

Die Forschung wird aufgegeben, weil Nycomed ein besseres Geschäft darin sieht, Lizenzen für fertig entwickelte Arzneien zu kaufen. Zahlreiche Pharmakologen, Chemiker, Biologen und Mediziner, aber auch Labor-Fachkräfte und andere Experten verlieren ihre Arbeitsplätze.
Seit 2011: Takeda
Takeda kommt 2011 ins Spiel, und ein Stück wie aus dem Lehrbuch findet seine Fortsetzung. Hatte Nycomed noch 4,6 Milliarden Euro für Altana bezahlt, erlöst das Unternehmen beim Verkauf an Takeda nur vier Jahre später 9,6 Milliarden Euro, mehr als das Doppelte.
Konstanz erlebt im Januar 2012 neuerlich einen schwarzen Tag: Weitere 700 Arbeitsplätze werden gestrichen, und schnell ist klar, dass Takeda für den Standort Konstanz – ohne die einst so bedeutsame Forschung – kaum mehr eine Verwendung haben würde.

Der Gemeinderat zeigt sich in einer eilig verabschiedeten Resolution „empört“. Während die Produktion in Singen immer weiter ausgebaut wird, bleiben in Konstanz nur noch einige Abteilungen wie Informationstechnologie und Patentwesen beheimatet. Von einer Firmenzentrale kann keine Rede mehr sein, und innerhalb weniger Jahre schrumpft die Zahl der Mitarbeitenden von rund 250 auf zuletzt 60 zusammen. Im Juli 2025 wird schließlich bekannt: Takeda gibt den Standort Konstanz auf.