In den vergangenen Jahren sah man ihn vor allem auf seinem Rad – unterwegs in seinen Kleingarten im Tägermoos. Zwischen Gemüsebeeten und Blumenstauden qualmte er seine obligatorische Zigarre und räsonierte über Kommunalpolitik und die Weltlage. Dieser Tage ist der knorrige frühere Hochbauamtsleiter Hannes Kumm 79-jährig nach kurzer Krankheit in seiner Wohnung in einem alten Paradieser Bauernhaus gestorben.
Als Vize-Chef im Konstanzer Hochbauamt konnte der junge Architekt 1982 den Neubau der Spitalkellerei realisieren. Damals ernteten die Baumeister viel Kritik, weil sie das Gebäude in die historische Silhouette der Altstadt einpassten.
Anfang der 1980er-Jahre forderte der Zeitgeist jedoch modernes Bauen in Stahl und Glas. Doch auch nach seiner Wahl zum Leiter des Hochbauamts 1990 blieb der gebürtige Allmannsdorfer Kumm einer traditionellen Auffassung vom Bauen vor allem in der Altstadt treu.
Sein größtes Sanierungsprojekt war die komplette Modernisierung des Konzilgebäudes im Vorfeld des Konziljubiläums von 2014. Über elf Millionen Euro investierte die Stadt damals in das neue Dach, die Neugestaltung des Foyers, ein neues Lüftungssystem und eine bessere Erschließung der Innenräume im einstigen Kaufhaus.
Hannes Kumm meisterte mit seinem Team diese Aufgabe, doch auch hier erfuhr er Kritik: Die neuen Ziegel erschienen Traditionalisten zu orangefarben, das Foyer zu modern, die neuen unterirdischen Toiletten zu weit weg.
Er hielt Widerstand aus
Im politischen Ringen um das richtige Bauen in einer alten Stadt erwies sich der Städtebauer Hannes Kumm als krummes Holz: Er hielt Widerstand mit Eigensinn aus, belehrte Ratsmitglieder ohne Umschweife über die Standards guten Bauens und kämpfte so manches komplexe Projekt durch die politischen Gremien.
Auch der damalige visionäre Baubürgermeister Ralf-Joachim Fischer (SPD) und er rangen miteinander, schafften aber in ihrer Zeit zusammen mit dem Gemeinderat und den Oberbürgermeistern Horst Eickmeyer und Horst Frank (Grüne) gewaltige Modernisierungen der städtischen Bauinfrastruktur.
Unter Kumms Regie entstanden etwa der neue Wertstoffhof in der Fritz-Arnold-Straße, die Turnhallen Wollmatingen und Schänzle-Paradies, er sanierte Teile des Suso-Gymnasiums und des Theaters, versah das Rosgartenmuseum mit einem Glasvorbau, realisierte Kindergärten und modernisierte historische Gebäude der Stadt.
Als Fischers Nachfolger Volker Fouquet nicht mehr zur Wahl antrat, wollte Hannes Kumm 2005 Baubürgermeister werden. Anfangs hatte der Sozialdemokrat Kumm gegen vier Mitbewerber das bürgerliche Lager und seine SPD-Fraktion hinter sich.
Doch in der finalen Abstimmung zwischen dem Regensburger Kurt Werner und dem Konstanzer Kumm stimmten 23 Rätinnen und Räte für Werner und 18 für Kumm. Dass auch eigene SPD-Leute von ihm abgefallen waren, verbitterte Kumm. Sieben Jahre später trat er in den Ruhestand, ließ sich aber sogleich für eine Amtszeit als SPD-Mann in den Gemeinderat wählen.
Die Jakobiner klagten ihn auf dem Fasnachtstribunal an, er sei ein „Stadtverschandeler“ gewesen. Doch hinter dem Narrenspott steckte Zuneigung, denn Kumm war ein Handschlagtyp, zwar immer etwas grantig, aber verlässlich und ein Mann zügiger Entschlüsse.
Den Ruhestand verbrachte er mit Ehefrau Doris und seiner großen Familie, als Ruderer im Ruderclub Neptun noch immer aktiv, Zigarre rauchend und zunehmend verwundert über das Wirken einiger heutiger politischer Akteure auf der kommunalen Bühne.