Wenn er einen Raum betrat, war er gefüllt. Michael Stadler hatte, wie man so sagt, eine enorme Präsenz. Ein großer Mann, eine starke Meinung und ein Name, den in Konstanz wohl fast jeder kennt. Im Theater konnte man ihn treffen, und mit seiner Meinung über das soeben Gesehene hielt er nicht hinter dem Berg. In der Philharmonie war er regelmäßig zu Gast, besuchte Kunstausstellungen – und engagierte sich über Jahrzehnte beim Rotary-Club Konstanz für soziale Zwecke.
„Vollblut-Unternehmer der alten Schule“
Doch Michael Stadler war vor allem, wie sein Sohn Christian es zusammenfasst, „ein Vollblut-Unternehmer der alten Schule.“ Der Stadler-Verlag gehört zu den ältesten Unternehmen der Stadt, 1815 gegründet, ein Stück Regionalgeschichte. Kalender aus diesem Hause hängen in unzähligen Wohnungen, die gelben Telefonbücher mit dem Stadler-Logo sind unvergessen, und bis heute erscheinen im Verlag Bildbände, Romane und Magazine.
Dieses Familienunternehmen hat Michael Stadler durch prägende Jahre geführt: Im März 1965 trat er in die elterliche Firma ein, nachdem er in der Wirtschaftswunderzeit das Handwerk von der Pike auf gelernt hatte: Schriftsetzer-Lehre in Emmendingen, Höhere Handelsschule in Ludwigsburg, Volontär beim Burda-Verlag in Offenburg, Tätigkeiten bei verschiedenen Unternehmen im damaligen West-Berlin. Michael Stadlers Horizont war weit, als er nach Konstanz zurückkam, und das war wohl auch eine wesentliche Voraussetzung für sein jahrzehntelanges Wirken.
Erweiterung in der Wollmatinger Straße, dann Umzug ins Oberlohn
Den damaligen Firmensitz in der Wollmatinger Straße (wo heute im abzweigenden Salemer Weg ein Penny-Supermarkt ist, standen die Druckmaschinen) erweiterte er, bevor das Unternehmen 1995 in der Max-Stromeyer-Straße neu baute. Vom Telefonbuchgeschäft trennten sich die Stadlers später und entwickelten die Bereiche Bücher, Kalender und Magazine weiter. 2006 übergab er seinem Sohn Christian ein wohlgeordnetes Unternehmen.
„Er hat Dinge gemacht in seinem Leben, wofür andere Menschen wohl zwei Leben bräuchten“, sagt der Sohn – denn Michael Stadler war eben nicht nur Unternehmer. Er förderte und begleitete das Konstanzer Kulturleben intensiv. Er engagierte sich bei den Service-Clubs Round Table, wechselte dann zu Old Table und war eine feste Größe bei Rotary. Als leidenschaftlicher Segler hielt er seine Crews zusammen – wie sich Weggefährten erinnern, nicht nur durch verantwortungsvolles Handeln in der Rolle des Kapitäns, sondern auch mit ausgezeichnetem Essen, das er stets selbst zubereitete.
Vor allem seine zweite Frau, die Augenärztin Judith von Prockl-Stadler, wurde ihm zur unersetzlichen Weggefährtin, nicht nur auf den vielen gemeinsamen Reisen, sondern auch in einer Patchwork-Familie, in der feste Bindungen entstanden. Ihr unerwarteter und allzu früher Tod im Sommer 2023 traf Michael Stadler hart, und als ein Jahr später das Stammhaus der Familie in der Zollernstraße in Flammen stand, blieb ihm ein weiterer Schicksalsschlag nicht erspart. Den Optimismus verlor Michael Stadler nie – und sich einfach einem Schicksal zu fügen, wäre ohnehin nichts gewesen für die starke Persönlichkeit, als die viele Weggefährten Michael Stadler erlebt haben.
Bis zuletzt konnte er zu Hause sein
Er liebte das Leben, dieser Michael Stadler, in all seinen Facetten und mit all seinen Freuden und Herausforderungen. In Konstanz war er prominent, galt als Mann mit Ecken und Kanten, doch wer einen Zugang zu ihm gefunden hatte, erlebte ihn als bescheiden und großzügig zugleich, als belesen und neugierig, als humorvoll und empathisch. Geboren am 24. März 1937, schlief er zu Hause am 28. Februar friedlich ein, kurz vor seinem 88. Geburtstag. Die Familie – sein Sohn sowie ein Sohn und eine Tochter seiner zweiten Frau – und engste Freunde haben, seinem Wunsch entsprechend, bereits im engsten Kreis von ihm Abschied genommen.