Das Kolleg St. Blasien und die Gemeinschaft der Jesuiten trauern um Johannes Siebner. Er starb am 16. Juli in Berlin-Kladow im Berliner Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe. Ende Januar wurde er plötzlich und unerwartet aufgrund einer Erkrankung aus seiner Amtsführung als Provinzial der deutschen Jesuiten herausgerissen, das nun letzte und höchste von vielen Ämtern, die er alle mit großer Hingabe und Freude wahrnahm.
Johannes Siebner wurde am 24. August 1961 in Berlin geboren. Nach dem Abitur am Canisius-Kolleg in Berlin studierte er zunächst Politikwissenschaft und Katholische Religion. Besonders inspiriert durch sein Engagement in der Jugendarbeit (KSJ) und durch einen längeren Aufenthalt in einem Kibbuz in Israel trat er 1983 in den Jesuitenorden in Münster ein. Nach dem Philosophiestudium in München, einem zweijährigen Dienst beim Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Malaysia, nach Theologiestudien in Frankfurt Sankt-Georgen, Priesterweihe 1992 in Köln sowie Zusatzstudien und pastoraler Tätigkeit in Erfurt trat er 1993 seine erste Stelle als geistlicher Leiter der KSJ und Religionslehrer an der Sankt-Ansgar-Schule Hamburg an.
2001 wurde er zum Kollegsdirektor am internationalen Kolleg St. Blasien ernannt. 2011 wechselte er in das Amt des Rektors des Aloisius-Kollegs in Bonn-Bad Godesberg. Zweimal wählte seine Provinz ihn als Delegierten zu Versammlungen des weltweiten Ordens. Während der 36. Generalkongregation ernannte ihn P. General Arturo Sosa zum neuen Provinzial, auch mit dem Auftrag, zusammen mit der österreichischen, litauisch-lettischen und schweizerischen Provinz eine neue zentraleuropäische Provinz zu gründen. Sein Amt als Provinzial trat er am 1. Juni 2017 an.
Johannes Siebners Wirken war geprägt vom seelsorglichen Anliegen des Ordens: „Den Seelen helfen“. Als Jugendseelsorger in Hamburg erneuerte und profilierte er die Konzeption von verbandlicher Jugendarbeit, auch über den Raum von Hamburg hinaus. Die pädagogische Kultur und auch die Führungskultur an den Kollegien in St. Blasien und Bad Godesberg prägte er mit einem durchdachten und innerlich angeeigneten Verständnis der spirituellen Tradition des Ordens. Seine Freude an und auch seine Fähigkeit zu öffentlichem Diskurs machten ihn weit über die Grenzen des Ordens hinaus bekannt. In seinen vielfältigen Tätigkeiten blieb er immer zugleich ein überaus menschenfreundlicher, humorvoller, analytisch klarer und zugleich einfühlsamer Seelsorger.
Die Aufdeckung von Missbrauch an Jesuitenkollegien und im Jesuitenorden erschütterte Johannes Siebner. Er übernahm Verantwortung für die Institutionen gegenüber den Betroffenen. In zahllosen Gesprächen mit Betroffenen, aber auch mit sekundär betroffenen Familien, Jahrgängen von ehemaligen Schülern, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglichte er individuelle und institutionelle Aufarbeitung.