Ein neuer Kollegsdirektor leitet nun die Internatsschule: Pater Hans-Martin Rieder hat die Nachfolge von Pater Klaus Mertes übernommen. Der gebürtige Bayer kennt St. Blasien und die Region: Er war hier als Internatserzieher tätig und auch Urlauber, der die Wanderregion erkundet hat. Angst vor großen Fußstapfen seines Vorgängers hat der neue Chef nicht. „Es wird anders sein“, sagt er.
„Pater Mertes und ich haben gemeinsam, dass wir wenig Haare haben und Jesuiten sind“, sagt der neue Kollegsdirektor schmunzelnd. Nein, mit seinem prominenten Vorgänger vergleiche er sich nicht, jeder wirke auf seine Weise.
Geboren ist Hans-Martin Rieder 1980 in Straubing in Niederbayern. „Wie es auf dem Land so ist“, sagt er, sei er Mitglied der Landjugend und der freiwilligen Feuerwehr und auch Ministrant gewesen. Auf das Abitur im Jahr 2000 folgte der Wehrdienst und schließlich das Studium der Finanz- und Wirtschaftsmathematik an der TU München. Das Risikocontrolling bei einer Bank war danach sein Arbeitsfeld.
Schon als Jugendlicher habe er sich damit beschäftigt, Priester zu werden. Dennoch entschied er sich für einen anderen Weg. Schon während seiner Studienzeit sei ihm jedoch klar geworden, dass er, sollte er doch Priester werden, Teil eines Ordens sein wolle. „Um die prinzipielle Frage meiner Berufung zu klären“, habe er dann von 2007 bis 2009 nebenberuflich Philosophie an der Jesuitenhochschule in München studiert. Mit Hilfe der ignatianischen Exerzitien sei dann die Entscheidung gefallen, dem Jesuitenorden beitreten zu wollen.
Eine Woche, nachdem er sich 2008 um die Aufnahme in den Orden bewarb, brach die Lehmann-Bank in den USA zusammen. „Danach herrschte erst einmal Chaos in der Bank“, erinnert er sich und ihm sei klar geworden: „In dieser Branche werde ich nicht alt.“ 2009 fing sein Noviziat an, zwei Jahre später legte er sein Gelübde ab. Im Rahmen seiner Jesuitenausbildung war Rieder zwei Jahre am Kolleg in St. Blasien tätig. Es folgten das Theologiestudium in Rom und 2016 die Priesterweihe in Innsbruck. Nach einer Zeit als Kaplan in Göttingen schloss sich der letzte Teil der Ordensausbildung, das Terziat, vorwiegend in den USA an.
Die Ordensausbildung, die üblicherweise 10 bis 15 Jahre dauere, konnte er „außergewöhnlich schnell“ abschließen. Eingetreten sei er als 29-Jähriger und der Orden „rechnet an, was man mitbringt“.
Schon aus seiner Zeit als Internatserzieher und auch als Urlauber im Patreshaus kenne er die Gebäude und Abläufe des Kollegs. Die Coronakrise sei der Grund, weshalb er verhältnismäßig lange vor Dienstantritt in St. Blasien ist. Die Zeit habe er aber nutzen können, um mit allen fast 200 Mitarbeitern Einzelgespräche zu führen. „Das Team, das da arbeitet, ist beeindruckend“ sagt er.
Banker und Seelsorger
„Ich bin Banker und ich bin Seelsorger“, sagt der neue Kollegsdirektor. Die Kombination habe sicher dazu beigetragen, dass der verstorbene Provinzial und Vor-Vorgänger Pater Johannes Siebner ihn mit der Aufgabe betraute. „Ich will hier nicht managen, sondern mit den anderen Führungsverantwortlichen das Kolleg voranbringen“, sagt Rieder. Als Direktor werde sein „Fokus zu 100 Prozent das Kolleg sein“. Zu seinen Aufgaben gehöre es, dass „alle Bereiche gut miteinander unterwegs sind“.
Schule und Internat gut aufgestellt
Das Kolleg sei als Unternehmen, als Schule und Internat gut aufgestellt, sagt Rieder. In der Krise würden sich die Stärken und Schwächen herauskristallisieren, ergänzt der neue Chef und fügt an, in den vergangenen Monaten sei „richtig Kraft drin“ gewesen, weshalb die schwierige Zeit gut überstanden werden konnte. Und die Zahlen seien auch gut, die Nachfrage relativ hoch. Circa 220 Internatsschüler werde es in den kommenden Jahren jeweils geben.
Bisher folgte im Orden nach zwei oder drei Jahren etwas Neues, jetzt habe er zehn Jahre Zeit, um an einem Ort zu wirken. Zusammen mit den Mitarbeitern wolle er Perspektiven entwickeln und „jetzt erstmal sesshaft werden“.