Plötzlich war das Wasser mitten in Grimmelshofen. Aus dem ansonsten friedlich dahinplätschernden Mühlbach wurde am Abend des 15. Juli ein reißender Fluss, der sich über die Bundesstraße 314 mitten durch den Ort fraß und teils erhebliche Zerstörungen hinterließ. Das Haus des Ehepaars Perera wurde teilweise mitgerissen, die Bundesstraße 314 wurde unterspült. Die Freiwillige Feuerwehr Stühlingen war schnell vor Ort und half an vielen Stellen gleichzeitig. Gesamtkommandant Gerhard Pfeifer blickt auf den herausfordernden Einsatz zurück und denkt über Konsequenzen nach.
Wie haben die Einsatzkräfte diese Herausforderung gemeistert?
Kommandant Gerhard Pfeifer berichtet, dass bereits im August 2020 der Ortsteil Lausheim von einem Starkregen mit anschließender Überschwemmung überrascht wurde. „Wie bei der Überschwemmung in Grimmelshofen am 15. Juli, ging der Starkregen damals nicht im Stadtgebiet Stühlingen nieder, sondern in den Nachbargemeinden Wutach und Fützen. In beiden Fällen wurden die Einsätze von mehreren Abteilungen erfolgreich bewältigt.
Hätte die Bevölkerung früher gewarnt werden können?
„Bei dem Phänomen Starkregen regnet es innerhalb kürzester Zeit große Mengen Wasser ab. Es ist schwer bis gar nicht voraussehbar ist, wo ein Starkregen niedergeht“, erklärt Pfeifer. Dabei bahne sich das das Wasser Wege, die schwer im Voraus kalkulierbar seien. Wenn, wie bei der Überflutung in Grimmelshofen hinzukomme, dass das Wasser innerhalb kürzester Zeit im Ort ankommt, sei eine frühzeitige Warnung der Bevölkerung schwer möglich. „In Grimmelshofen war das Wasser bereits acht Minuten nach Alarmierung im Ortskern angekommen.“ Die Evakuierung der Bewohner aus gefährdeten Häusern hatte oberste Priorität.
Werden Unwetterwarnungen der Wetterdienste ernst genug genommen?
„Sie werden grundsätzlich von allen Feuerwehren ernst genommen. Da aber Starkregen bis kurz vor dem Abregnen nur regional vorhergesagt werden kann, werden die Warnungen zunächst in der Feuerwehrführung verarbeitet“, sagt der Gesamtkommandant. Sobald sich konkreter abzeichne in welchen Gebieten das Unwetter niedergehen könnte, werden, auch durch die Alarmierung der Leitstelle Waldshut, die betreffenden Abteilungen der Feuerwehr Stühlingen in Bereitstellung gesetzt.
Wird die Warnung für das eigene Einsatzgebiet ausgegeben, kommen die für diese Einsatzszenarien erarbeiteten Einsatzpläne zum Tragen. „Bei Unwetterwarnungen für die Nachbarwehren ist man natürlich gedanklich bei den Kameraden und der Bevölkerung der betroffenen Gemeinden. Falls erforderlich sind wir selbstverständlich dazu bereit, mit Gerät und Mannschaft Hilfe zu leisten.“
Wie bereiten sich die Wehrleute auf mögliche weitere Hochwassereinsätze vor?
Die Feuerwehr Stühlingen arbeite mit der Verwaltung permanent an der Anpassung von Einsatzplänen für alle denkbaren Szenarien. „Bei den Überschwemmungen in Lausheim und Grimmelshofen standen genügend Einsatzmittel zur Verfügung“, betont Gerhard Pfeifer. In Lausheim waren drei, in Grimmelshofen fünf Abteilungen im Einsatz. „Trotz dieses Großaufgebots standen mindestens fünf Abteilungen für mögliche weitere Einsätze bereit“, betont der Gesamtkommandant.
Wie kann die Ausrüstung für Hochwasserereignisse sinnvoll ergänzt werden?
„Über ein Schlauchboot verfügt die Feuerwehr Stühlingen aktuell nicht, angesichts der aktuellen Wetterentwicklungen wird eine Beschaffung als notwendig erachtet“, erklärt der Gesamtkommandant. Die Feuerwehr Stühlingen verfüge aktuell über 13 Einsatzfahrzeuge. „Auch wenn einige Fahrzeuge ein beträchtliches Alter erreicht haben, sind sie dank guter Pflege der Gerätewarte voll einsatzfähig“, erklärt Pfeifer.
Den Bedarf von Neubeschaffungen für die Bewältigung von Unwettereinsätzen sieht Gerhard Pfeifer momentan als gering an. „Wo Defizite erkannt werden, werden diese schnellstmöglich mit Unterstützung der Verwaltung abgearbeitet“, betont Pfeifer. In den zurückliegenden drei Jahren wurden beispielsweise drei Einsatzfahrzeuge beschafft. Mit der Auslieferung eines Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeugs (HLF 10) für die Abteilung Grimmelshofen werde bis Mitte 2022 gerechnet.
Wird es künftig Hochwasserschutz-Übungen mit der Bevölkerung geben?
„Die Feuerwehr Stühlingen blieb bis 2020 von größeren Überschwemmungen verschont. Spätestens nach der Überschwemmung in Grimmelshofen werden wir uns intensiver mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. In Zukunft wird das Thema Hochwasserschutz bei Übungen ein Thema in der Feuerwehr sein, soweit möglich auch mit Einbeziehung der Bevölkerung“, sagt Gerhard Pfeifer. Schon jetzt werden regelmäßig Großübungen an Schulen, Kitas, medizinischen Einrichtungen und größeren Gewerbe,- und Industriebetrieben durchgeführt. Zuletzt vor der Pandemie 2019 beim Medizinischen Versorgungszentrum in Stühlingen.
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