Wenn der Himmel seine Pforten öffnet, ist das nicht immer ein gutes Zeichen. In den vergangenen Wochen häuften sich Bilder und Videos von überfluteten Straßen und vollgelaufenen Unterführungen. Im gesamten Kreis Waldshut gab es Autos, die durch wadenhohe Wasserstraßen fuhren.

Aber wie viel Hochwasser hält ein Auto aus?

Kurt Stüber, KFZ-Meister und Serviceberater im Autohaus Tiefert in Waldshut-Tiengen, verrät: „Die sogenannte Watttiefe sollte jedes Auto aushalten, wenn es eben steht. Das heißt, wenn das Wasser auf der Straße bis unter den Türrand kommt, ist das noch in Ordnung.“ Der Unterboden eines Autos sei dicht, sodass nichts von unten in das Fahrzeug eindringen könne. Problematisch werde es dann aber, sobald das Wasser weiter steigt. „Die Türen sind nicht zu 100 Prozent dicht. Und auch wenn das Auto schräg steht, läuft das Wasser schneller rein.“

Wasser im Innenraum: Die Folgen

Sollte der Innenraum geflutet worden sein, entstünden schnell extreme Schäden an Isolation, Elektronik, Heizung, Airbags und den Polstermöbeln. Auch die Batterie rauszunehmen bringe nach Aussage des KFZ-Meisters nichts, denn ein Problem der Elektronik seien die zahlreichen Steckverbindungen im Fahrzeug: „Das ist, als würde ich einen Computerstecker ins Wasser halten. Sie können sich vorstellen, was dann passiert“, erklärt Stüber.

Auch die Reinigung des Innenraums sei extrem aufwendig und deswegen oft ein wirtschaftlicher Totalschaden. Hoffnung gebe es dagegen für den Motor. Solange er kein Wasser ansaugt, passiere nichts. Während der Fahrt aber könne es bei Hochwasser und rasantem Fahrstil passieren, dass er doch Wasser ansauge. „Da muss man schon vorsichtig sein. Bei Hochwasser am besten langsam in Schritttempo weiterfahren, damit so wenig Wasser wie möglich hochgewirbelt wird.“ Der Motor sauge die Luft zwar relativ weit oben im Motorraum an, auf der sicheren Seite könne sich der Autofahrer trotzdem nicht wiegen.

Was also bei Hochwasser tun?

Die beste Lösung: Sich selbst und das Auto ins Trockene bringen, beispielsweise unter einer massiven Brücke. „Voraussetzung ist, der trockene Ort befindet sich nicht in einer Vertiefung. Auf keinen Fall sollten die Autofahrer unter Bäumen stehen bleiben“, sagt der Serviceberater. Selbst in Tiefgaragen könne man sich nicht auf einen zuverlässigen Schutz verlassen. „Wenn dort erst mal Wasser eindringt, drückt es die Autos teilweise bis unter die Decke.“

Kurt Stüber hält fest: „Die ganze Hochwassergeschichte ist wirklich nicht ohne.“ Das Wichtigste in einer kniffligen Situation bleibt, die Nerven zu bewahren, zuerst für sein Leib und Leben zu sorgen und erst dann einen Schutz für das Fahrzeug suchen.

Auf das Reifenprofil achten

Georg Frohm, Geschäftsführer des Autohaus Waser in Waldshut-Tiengen, dagegen ist sich sicher: „Eigentlich ist es unproblematisch, im Unwetter Auto zu fahren. Es ist so ausgebaut, dass das, was vom Himmel kommt, abfließen kann.“

Georg Frohm, Geschäftsführer des Autohauses Waser.
Georg Frohm, Geschäftsführer des Autohauses Waser. | Bild: Ursula Freudig

Gefährlich werde es seiner Ansicht nach erst durch Aquaplaning. „Die Räder haben dann für einen Moment keinen Kontakt mehr zur Straße.“ Autos mit breiteren Reifen hätten öfter Probleme mit Aquaplaning, als Autos mit dünneren Reifen. Sie würden durch die große Fläche schneller aufschwimmen. Deswegen spiele vor allem ein gutes Profil eine entscheidende Rolle, damit das Wasser vom Reifen abfließen kann. „Meistens ist unzureichendes Profil die Ursache für Aquaplaning. Da sollte man an nichts sparen.“

Ansonsten könne ein Auto grundsätzlich immer weiterfahren, solange die Abgase hinten durch den Auspuff entweichen können und kein Wasser vom Motor angezogen wird. Das führe sonst zum Motorschaden. Beruhigend ist auch, dass die mit dem Unwetter häufig auftretenden Blitze dem Fahrer im Auto nicht gefährlich werden können. Das Fahrzeug ist ein faradayscher Käfig, sprich eine von allen Seiten geschlossene Hülle aus einem elektrischen Leiter, die als elektrische Abschirmung wirkt. Bei äußeren elektrischen Feldern bleibt der innere Bereich geschützt.

Keine Folgeschäden riskieren

Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) empfiehlt auf seiner Internetseite, einen Wasserschaden am Auto unbedingt in einer Werkstatt überprüfen zu lassen. „Stand das Auto bis zu den Autofenstern im Wasser, ist ein Totalschaden wahrscheinlich“, heißt es wörtlich. Sollte es doch noch nicht zum wirtschaftlichen Aus gekommen sein, ist der wichtigste Rat des ADAC, keine Folgeschäden zu riskieren. „Also das Auto gar nicht erst starten und bei Bedarf zum nächsten trockenen Ort schieben oder abschleppen lassen. Dann die Fahrzeugbatterie abklemmen, beim ADAC anrufen und den Wagen zur Werkstatt bringen lassen.“

Immerhin: Für Schäden an Autos, die abgestellt waren und durch Hochwasser oder Ähnliches beschädigt wurden, komme die Teilkaskoversicherung auf. Der Automobil-Club zweifelt an, ob sich eine Reparatur von Wasserschäden in jedem Fall lohnt. Selbst eine noch so gründliche Reinigung führe nie zu einem 100 prozentigen Ergebnis. Es müsse immer mit massiven Funktionsstörungen gerechnet werden – ein Gebrauchtwagenkauf könnte sinnvoller sein als die Reparatur.

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