Herr Bürgermeister Burger, war der Verwaltung bekannt, dass Grimmelshofen in der Hochwassergefahrenkarte des Landes geführt wird?

Schon seit längerem beschäftigt sich die Stadtverwaltung mit den Risiken Hochwasser- und Starkregen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Hochwasser- und Starkregenereignissen. Zum Thema Hochwasser gehört die Analyse, wo Hochwasserrisikogebiete sind und welche Hochwasserklassifizierungen für diese Gebiete vorliegen. Daraus können entsprechende Maßnahmen abgeleitet und geplant werden. Bei Starkregenereignissen verhält es sich ganz anders. Diese können an Stellen und Orten auftreten, die in keiner Karte festgehalten sind. Dabei handelt es sich sehr oft um punktuelle Ereignisse. Erfahren konnten wir das im Jahr 2020 in Lausheim, wo das Wasser, hervorgerufen durch einen Starkregen auf der Gemarkung Wutach, aus Richtung Ewattingen über eine Senke im Wald bis in diesen Ortsteil geflossen ist.

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Konnte mit diesem Ausmaß der Überschwemmung an dieser Stelle gerechnet werden?

Die Meldung der Leitstelle um 18.18 Uhr, die ich auch erhalten habe, lautetet folgendermaßen: Technische Hilfeleistung Stufe 1, Überschwemmung Grimmelshofen/B 314 Überflutung Richtung Blumberg. Innerhalb weniger Minuten ergab sich vor Ort für unsere Einsatzkräfte eine viel dramatischere Situation. Bisher war der Mühlbach was Hochwasser anbelangt unauffällig. Eine Gefahrenquelle stellte bisher im Bewusstsein der Einwohner eher die Wutach dar. Auslöser für das Ereignis waren starke Regenfälle auf der Gemarkung Blumberg. Der Kommenbach, der an der Gemarkungsgrenze Stühlingen in den Mühlbach übergeht, konnte die Wassermassen nicht mehr aufnehmen. Durch Hangrutschungen, Gehölz, Gestein und einen baulichen Engpass in Grimmelshofen konnte das Wasser das Bachbett verlassen und in die Gebäude an der B 314 entlang eindringen. Dabei kam es zu Sachschäden, aber es kamen keine Personen zu schaden. Bei einem Anwesen am Mühlbach wurde das Gelände unterspült, wodurch es zum Einsturz eines Gebäudeteiles kam.

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Auf dieser Gefahrenkarte des Landes sind auch die Ortsteile Lausheim, Schwaningen, Weizen, Eberfingen und Stühlingen verzeichnet. Was kann die Gemeinde in Zukunft tun, um sich vor möglichen Überflutungen zu schützen beziehungsweis besser darauf vorbereitet zu sein?

Die Stadt Stühlingen ist derzeit folgendermaßen unterwegs: Geplant ist die Erstellung einer Hochwasserkonzeption durch ein Planungsbüro für alle Ortsteile mit Gefährdungspotenzial. Dafür soll der Gemeinderat Finanzmittel im Haushaltsjahr 2022 bereitstellen. Auf Basis dieser Hochwasserkonzeption sollen geeignete Maßnahmen entwickelt werden. Für die Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen will die Stadtverwaltung Fördermittel beantragen.

Bürgermeister Joachim Burger sieht aufgrund der Überflutung in Grimmelshofen Handlungsbedarf für den Schutz vor Hochwasser und den ...
Bürgermeister Joachim Burger sieht aufgrund der Überflutung in Grimmelshofen Handlungsbedarf für den Schutz vor Hochwasser und den Folgen bei Starkregen. | Bild: Gerald Edinger

Werden von der Gemeinde bauliche Maßnahmen wie zum Beispiel Rückhaltebecken in die Überlegungen einbezogen, um solche Wassermassen besser in Griff zu bekommen?

Notwendige und sinnvolle bauliche Maßnahmen werden durch die Hochwasserkonzeption erarbeitet. Falls bereits jetzt eventuell geeignete Flächen zum Erwerb stehen, versucht die Stadt Stühlingen diese zu kaufen. Denn nur auf eigenen Flächen lassen sich Bauwerke zeitnah realisieren.

Wird das Thema Hochwasserschutz in einer der nächsten Ratssitzungen eine Rolle spielen?

Das Thema wird die Arbeit im Gemeinderat in den nächsten Monaten und vielleicht Jahren immer wieder beschäftigen.

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Seit den katastrophalen Auswirkungen von Hochwasser aus Nebenflüssen in NRW und Rheinland-Pfalz ist viel von rechtzeitiger Alarmierung vor Ort die Rede. Wie könnte die für die Bürger Ihrer Gemeinde in Zukunft aussehen?

Die Stadt Stühlingen hat schon immer Wert auf eine Alarmierung durch Sirenen gelegt. Das neue Vereins- und Feuerwehrgebäude in Wangen erhält eine moderne Sirenenanlage, die auch eine Durchsagemöglichkeit vorsieht. Diese Anlagen funktionieren stromunabhängig. Auch in Bettmaringen wird die defekte Sirene durch eine moderne Anlage ersetzt. Diese Maßnahmen geschehen derzeit ohne Fördermittel. Die Investitionskosten für eine Sirene liegen bei 10.000 bis 12.000 Euro. Vielleicht gibt es auch hier ein Umdenken in der Politik. Man konnte sehen, wie anfällig die Alarmierung über das Mobilfunknetz ist. Wichtig ist aber auch, die Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich der Sirenentöne zu sensibilisieren und anzuleiten.

Gibt es in Stühlingen und seinen Ortsteilen noch Sirenen und wie oft gibt es Probealarm?

Es gibt in allen Ortsteilen Sirenen, die zur Alarmierung der Feuerwehr genutzt werden. Sie entsprechen aber nur teilweise dem Stand der Technik. An jedem ersten Samstag im Monat werden die Anlagen auf Funktionsfähigkeit getestet.

Haben die jüngsten Überflutungen und Hochwasserkatastrophen Auswirkungen auf die Erschließung von Bauplätzen in den fünf besonders gefährdeten Ortsteilen?

Bei der Erschließung von Baugebieten beziehungsweise eines Bauvorhabens wird in den gefährdeten Gebieten seitens der Baurechtsbehörde das Kriterium Hochwasser immer geprüft. Gegebenenfalls wird keine Baugenehmigung erteilt oder es gibt beispielweise eine Genehmigung unter Auflagen wie etwa der Schaffung von Versickerungsflächen.