In der Hauptversammlung des Freundeskreises Krankenhaus Loreto wurde erneut die Unsicherheit des Standorts Stühlingen angesprochen. Ein Wirtschaftlichkeitsgutachten soll als Entscheidungshilfe dienen.

  • Aktuelle Situation: Der Vorsitzende der Geschäftsführung des GLKN (Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz) Bernd Sieber ist Diplom-Volkswirt. Sein Amt hat er seit 2020 inne, er stellte sich dem Freundeskreis Krankenhaus Loreto vor und erläuterte die Zukunftsaussichten. Dass er angesichts der für ihn überraschend anwesenden Pressevertreterin überlegt hatte, anstatt der realen Situation eher zurückhaltend zu informieren, war Anlass für eine Diskussion, bis Bürgermeister Joachim Burger an den öffentlichen Charakter der Hauptversammlung erinnert hatte. Zwischen blumigen Worten gab Bernd Sieber deutlich zu erkennen, wie es aktuell um die einzelnen Standorte des GLKN und speziell um Stühlingen steht. „Das Hegau-Bodensee-Klinikum Singen ist eine sehr schöne Perle, die wir entsprechend voranbringen müssen.“
Bernd Sieger, der Vorsitzende der Geschäftsführung des Gesundheitsverbundes des Landkreis Konstanz (GLKN).
Bernd Sieger, der Vorsitzende der Geschäftsführung des Gesundheitsverbundes des Landkreis Konstanz (GLKN). | Bild: Yvonne Würth
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  • Gutachten: Das seit 2018 geplante Struktur- und Wirtschaftlichkeitsgutachten wird von der Lohfert & Lohfert AG Hamburg erstellt und ist aktuell in der dritten Stufe, Anfang 2022 liegen die Ergebnisse vor. Außerdem wurde ein Sanierungsgutachten angefordert.
  • Verteilküche in Zukunft: Aufgrund der Empfehlungen des Gutachtens soll der GLKN gestaltet werden. Fest steht bereits, dass die Krankenhaus-Küche in Stühlingen zum Jahresende schließt und stattdessen die Mahlzeiten per Essenswagen angeliefert werden. Eine Tochtergesellschaft wurde mit Reinigungs- und Speisenversorgung gegründet, Ziele sind Wirtschaftlichkeit und marktgerechte Orientierung. Ebenso soll eine medizinische Anpassung erfolgen. Die Leistungsangebote seien nicht richtig abgestimmt, wenn beispielsweise Urologie und Gefäßchirurgie jeweils an zwei Orten seien.
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  • Möglichkeiten der Sicherstellung: „Ein Krankenhaus unter 150 Betten gibt es nicht mehr, sondern 250 Betten, oder nur dann, wenn es eine Fachklinik ist mit ganz klarer spezifischer Ausrichtung.“ Ein Hoffnungsschimmer blitzte dennoch durch: „Nach der Bundesgesundheitspolitik würde es den Standort nicht mehr geben, seit 20 Jahren. Trotzdem steht er noch, und es gibt Gründe dafür.“ Bernd Sieber nannte die Notfallversorgung und den Vorteil von mehreren Standorten bei Engpässen, wie dies während der Pandemie hinsichtlich der Beatmung von Patienten nötig gewesen war. Eine Verbundübergreifende Struktur mit wirtschaftlicher Leistung müsse organisiert werden. „Parallel dazu haben wir den Wildwuchs auf der kaufmännischen Ebene neu strukturiert, teils in Singen, teils in Konstanz, es soll maximal sechs Geschäftsbereichsleiter geben.“ Anzupassende Gebiete seien auch die Personalabteilungen, Bau und Technik. Im IT-Bereich stehen 5,7 Millionen Euro Anschaffungen an. Die Direktion des HBK soll dezentraler aufgestellt werden mit Ansprechpartnern wie der kaufmännischen Direktorin des HBK Rebecca Sellmann, welche sich ebenfalls den Stühlingern vorgestellt hatte.
Die kaufmännische Direktorin des Hegau-Bodensee-Klinikums Rebecca Sellmann stellte sich dem Freundeskreis Krankenhaus Loreto Stühlingen vor.
Die kaufmännische Direktorin des Hegau-Bodensee-Klinikums Rebecca Sellmann stellte sich dem Freundeskreis Krankenhaus Loreto Stühlingen vor. | Bild: Yvonne Würth
  • Zukunft der Standorte: „Welche Zukunft es gibt, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen“, erklärte Bernd Sieber den Anwesenden. Als einige Kriterien nannte er die Rahmenbedingungen wie die Leistungsmenge und die Bettengröße. „Bevorzugt sind die großen Standorte, aber auch die sind nicht safe.“ Die roten Zahlen seien nicht relevant, außer dem Hegau-Jugendwerk Gailingen schreiben alle Häuser seit Jahren rote Zahlen. „Wir müssen schauen, wie die Gesundheitsversorgung im definierten Bereich wirtschaftlich erbracht werden könne. Wir müssen das Ergebnis des Gutachtens abwarten, dann werden wir weitersehen. Fakt ist, es geht um die Leistungserbringung, dass die Versorgung gewährleistet ist.“ Absehbar sei, dass die roten Zahlen den Verbund die nächsten Jahre begleiten.
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  • Chancen und Schwierigkeiten: „Es stehen Investitionen an, es ist halt viele Jahre zu wenig passiert, jetzt kumuliert sich das“, erklärte Bernd Stieber. Ein großes Investitionsvolumen stehe an: „Das hängt von der Leistungsentwicklung und von der Struktur ab, da müssen wir das Gutachten abwarten.“ Die externe Heizung als Übergangslösung soll verschwinden, auch das Thema Elektrik steht an in Stühlingen. „Meine feste Überzeugung ist, dass der Standort nur im Verbund Zukunft hat“, so Bernd Stieber.
  • Fragen: „In Afghanistan haben wir den Spruch `Große Steine werden von kleinen gehalten´“, erläuterte Allgemeinmediziner Abdul Zaher Zamani. Er erinnerte daran, dass in Stühlingen Patienten (ohne Covid) während der Pandemie aufgenommen werden konnten, als in Singen Bettenmangel in der Intensivstation geherrscht hatte. „Legen Sie Wert auf Wirtschaftlichkeit oder Personen?“ Aufgrund der Unsicherheit, ob und wie es in Stühlingen weitergeht, können er und seine Kollegen nicht langfristig planen, als Beispiel nannte er den Erwerb einer Immobilie in Stühlingen. Auch Robert Schalk aus Weizen fragte nach. Er setzt sich als Bürgermeister a.D. und Träger der Ehrenplakette der Stadt Stühlingen noch immer aktiv für die Bürger ein: „Wir mussten damals einige Millionen Mark zahlen, was ist los, wenn wir gezahlt haben und Singen uns nicht mehr haben will?“ Er sprach die Probleme mit der Heizung und fehlenden Investitionen an und lobte das gut vernetzte Ärzteteam, allen voran die Mediziner Abdul Zamani und Christian Saurer.
Allgemeinmediziner Abdul Zamani kritisierte die ungewisse Zukunft des Standortes Stühlingen als Krankenhaus.
Allgemeinmediziner Abdul Zamani kritisierte die ungewisse Zukunft des Standortes Stühlingen als Krankenhaus. | Bild: Yvonne Würth

Blick auf Geschichte und Entwicklung

  • Das Krankenhaus: Das Krankenhaus Loreto Stühlingen wurde 1929 von der Stadt Stühlingen gebaut, Vorläufer war die Krankenpflege der benachbarten Kapuziner seit 1743. Im Jahr 2004 wurde Stühlingen (72 Betten, 110 Mitarbeiter) in den Verbund der Hegau-Bodensee-Kliniken (HBK) aufgenommen, bereits 2001 war der Freundeskreis Krankenhaus Loreto gegründet worden. Leistungen der Zentralversorgung werden im HBK Singen angeboten, die drei anderen Häuser Engen, Radolfzell und Stühlingen (insgesamt 676 Betten) sichern die Grund- und Regelversorgung der örtlichen Bevölkerung. Ebenfalls aus wirtschaftlichen Gründen wurde 2012 die Holding Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz GmbH gegründet. Der GLKN mit den sechs Klinikstandorten in Singen (448 Betten), Konstanz, Radolfzell, Engen, Stühlingen und Gailingen ist mit 3.600 Beschäftigten und 1.300 Betten der größte Gesundheitsversorger in der Region.
  • Das MVZ: Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) am Krankenhaus Stühlingen wurde 2006 gegründet, aktuell wird die Praxis vom Allgemeinmediziner Abdul Zaher Zamani geführt. Das MVZ besteht aus einer Praxis für Allgemeinmedizin, zwei Praxen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie einer Praxis für Anästhesiologie.
  • Der Freundeskreis: Der Kontakt zum Freundeskreis Krankenhaus Loreto ist möglich über Dr. Christian Saurer unter Telefon 07744/531228 sowie E-Mail fkl@stuehlingen.de