Das Jahr 2020 hat sich verabschiedet. Ein Jahr, das sich so kein Mensch gewünscht hätte. Geprägt von der Corona-Pandemie liegen herausfordernde Monate hinter uns. Bei Bürgerversammlungen und Neujahrsempfängen lassen die Verantwortlichen das kommunalpolitische Geschehen normalerweise Revue passieren. Diese Traditionsveranstaltungen können 2021 coronabedingt nicht stattfinden werden. Im Gespräch mit dieser Zeitung rief Bürgermeister Christian Behringer wichtige Punkte des Jahres 2020 in Erinnerung.
- Persönliches Resümee: „Das abgelaufene Jahr 2020 war sehr bewegend, nachdenklich und hat komplett neue Erfahrungen gebracht. Die Situation hat einmal mehr verdeutlicht, dass die Gesundheit ein ganz wichtiges Gut ist. Wir in Grafenhausen sind bislang ganz gut mit der Pandemie-Situation umgegangen“, stellte Bürgermeister Christian Behringer fest. Er hätte es allerdings nicht für möglich gehalten, dass man im März coronabedingt das öffentliche Leben von heute auf morgen komplett auf null fahren könne.

Es habe aber auch ganz deutlich veranschaulicht, dass die Gemeinde Grafenhausen mit dem Breitbandausbau genau den richtigen Weg eingeschlagen habe. Glasfaser nicht nur in jedes Haus, sondern auch in die Klassenzimmer der Schulen ermögliche Fernunterricht und Homeoffice. „Vereine haben tolle Ideen umgesetzt, um die Finanzen trotz ausgefallener Veranstaltungen zu verbessern, wie beispielsweise das Drive In vom VfB Mettenberg oder die Nikolausaktion des SV Grafenhausen“, rief der Rathauschef in Erinnerung und fügte voller Freude an, dass er im März 2020 zum zweiten Mal Opa geworden sei.
- Projekte und Maßnahmen: Neben der Breitbandversorgung stand die Entwicklung von Baugebieten im Visier der Kommunalpolitik. So konnten die Erschließungsarbeiten für das Neubaugebiet „Kälberweide II“ fertiggestellt und bereits sechs Baugrundstücke verkauft werden. Auch die baurechtlichen Voraussetzungen für das neue Gewerbegebiet „Morgenwaide“ wurden auf den Weg gebracht. Als weitere wichtige Ereignisse im abgelaufenen Jahr nannte Behringer die Eröffnung des neuen Themenbereichs „Resonanz“ im Obergeschoss des Schwarzwaldhauses der Sinne, bei dem Professor Hartmut Rosa sein Wissen eingebracht habe.
Nicht unerwähnt ließ der Rathauschef auch den Naturparkmarkt, der unter strikter Einhaltung der geltenden Hygienevorschriften stattfinden konnte. Wenn auch in abgespeckter Form, so konnte in Grafenhausen auch das Internationale Künstlersymposium 2020 als Open-Air-Ausstellung im Skulpturenpark ausgerichtet werden. Zehn renommierte Künstler aus verschiedenen Ländern installierten im Juli und August zum Thema „Zeit im Wandel“ mit Unterstützung der Bauhofmitarbeiter ihre Werke im Skulpturenpark, die noch zwei Jahre zu betrachten sein werden. Federführend war hier der Grafenhausener Holzbildhauer Simon Stiegeler als Organisator und Ansprechpartner. Mit gewissen Einschränkungen und unter Einhaltung der vorgeschriebenen Abstandsregeln fand auch die Aktion „Dorf der 1000 Sterne“ statt.
- Entwicklung im Gemeindewald: Der Gemeindewald Grafenhausen umfasst eine Gesamtfläche von rund 830 Hektar mit durchschnittlich 8300 Festmetern Einschlag pro Jahr. „Von einem normalen Jahr 2020 kann nicht gesprochen werden“, sagte Bürgermeister Behringer. Statt wie üblich mussten in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 20.000 Festmeter Käfer- und Sturmholz verkraftet werden. Bei dieser enormen Menge wurde auf den Einschlag von Frischholz komplett verzichtet. Zudem wurden viele Privatwaldbesitzer durch den Käfer um ihre „Sparkasse Wald“ gebracht, so Behringer.
Dieses herausfordernde Jahr habe aber auch deutlich gezeigt, dass die Gemeinde Grafenhausen mit Förster Friedrich Hugel und inzwischen wieder mit zwei Waldarbeitern gut gewappnet sei. „Die Hilfen des Landes, unter anderem 6 Euro pro Festmeter Aufarbeitungsprämie und 100 Euro pro Festmeter Waldprämie, sind aus meiner Sicht zu gering ausgefallen“, sagte Behringer und fügte an: „Wir können alle nur hoffen, dass sich der Käfer in 2021 auf dem Rückzug befindet.“
- Die Gemeindefinanzen in Grafenhausen werden stark von der Höhe der Gewerbesteuer beeinflusst. „In diesem Jahr stehen Gewerbesteuermindereinnahmen in der Größenordnung von rund 1,8 Millionen Euro ins Haus“, stellte Behringer fest. Coronabedingte Mindereinnahmen, die gemäß den entsprechenden Gesetzen von Bund und Land jeweils hälftig kompensiert werden sollten. „Die Verteilung der Mittel durch das Land erfolgte aus meiner Sicht nicht korrekt, da die tatsächlichen Gewerbesteuereinnahmen im Jahr 2020 gar keine Berücksichtigung fanden“, sagte Behringer.
Zu Gemeinden mit Mindereinnahmen gehören unter anderem Grafenhausen (rund 930.000 Euro) oder die Gemeinde Rust (rund vier Millionen Euro). „Die Mindereinnahmen aus dem Jahr 2020 können erst im Jahr 2022 durch niedrigere Umlagen an das Land und den Kreis sowie Schlüsselzuweisungen zu 80 Prozent kompensiert werden“, so Behringer. Es sei aber jetzt schon abzusehen, dass das Land 2021 und 2022 allen Kommunen weitere Hilfen zukommen lassen müsse: „Sonst laufen viele Gemeinden Gefahr, selbst gesetzliche Pflichtaufgaben nicht mehr wahrnehmen zu können.“
- Blick ins Jahr 2021: Auch wenn die Gemeinde Grafenhausen derzeit aufgrund der Corona-Pandemie in der Handlungsfreiheit eingeschränkt sei, zeigte sich Christian Behringer dennoch optimistisch. Er sei froh, dass mit der Schaffung der Eigenbetriebe Nahwärme, Wasser und Breitband zukunftsorientierte Maßnahmen eingeleitet wurden, die der Kommune finanzielle Freiräume ermöglichen. Dazu beigetragen habe auch die Erschließung des Baugebietes „Kälberweide II“ und des Gewerbegebiets „Morgenwaide“ durch jeweils einen Erschließungsträger.
Als größere Maßnahmen sollen 2021 die Sanierung der Schwarzwaldhalle und des MNT-Raums der Werkrealschule angegangen werden. Für beide Projekte wurden Zuschussanträge gestellt. Die Kläranlage soll weiter in Richtung Nachhaltigkeit optimiert werden. Auch soll ein weiteres Notstromaggregat angeschafft werden, um bei einem Stromausfall die Einsatzzentrale der Feuerwehr aufrecht zu erhalten. In Staufen soll ein Hochbehälter gebaut werden, erwartet werden 80 Prozent an Zuschüssen. Hierbei handele es sich um ein interkommunales Projekt mit der Gemeinde Schluchsee.
2021 muss aus Sicht des Rathauschefs Vieles auf den Prüfstand gestellt werden: „Wollen wir bestimmte Dinge und wenn ja, in welcher Form. Wollen wir Freiwilligkeitsleistungen in gleicher Höhe? Soll es gegebenenfalls Steuererhöhungen geben?“ Fragen, über die der Gemeinderat in einer Klausurtagung beraten werde. „Ich wünsche mir ab dem zweiten Quartal 2021 wieder ein normales Vereinsleben, Veranstaltungen der Vereine, freue mich beispielsweise auf das 100-jährige Jubiläum des SV Grafenhausen oder auch auf den Badischen Kräutertag im Sommer. Ich bin mir sicher, dass wir die Herausforderungen gemeinsam meistern werden. Und Hauptsache ist dabei, dass wir alle gesund bleiben“, so Behringer.