Herr Gantert, was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie „Ühlingen-Birkendorf“ hören?
Ich denke an eine vielfältige und lebenswerte Gemeinde mit sehr engagierten Menschen.
Mit welchen Erwartungen sind Sie vor acht Jahren im Ühlinger Rathaus gestartet?
Damals bin ich weniger mit Erwartungen als vielmehr mit Respekt vor der Aufgabe in das Amt gestartet. Die Fülle an Themen, die neue Rolle gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen im Rathaus… da kommt anfangs schon einiges zusammen.
Sie waren mit 31 Jahren der zweitjüngste Bürgermeister im Landkreis. Haben Sie Situationen erlebt, in denen Sie „Lehrgeld“ bezahlt haben?
Mein Alter war damals zwar vor der Wahl immer wieder einmal Thema, das legte sich dann aber sehr schnell. Wenn ich anfänglich Lehrgeld bezahlt habe, dann nicht aufgrund des Alters.
Was war die schönste Erfahrung, welches die schlimmste in Ihrer Amtszeit?
Negative Erfahrungen bleiben in diesem Amt sicherlich nicht aus. Aber die eine „schlimmste Erfahrung“ gab es rückblickend nicht. Der gescheiterte Antrag auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule geht vielleicht in diese Richtung. Auch manches persönliche Schicksal hat mich nachhaltig berührt. Die schönsten Erfahrungen hängen stets mit den Menschen vor Ort zusammen, die besondere Dinge leisten. Wie viele Menschen sich sehr positiv im Rahmen der Flüchtlingshilfe in den Jahren ab 2015 eingebracht haben, war beeindruckend. Auch freue ich mich immer über die vielen ehrenamtlich Aktiven bei uns – was da geleistet wird, ist tatsächlich bemerkenswert.
Woran liegt es, dass bei den Gemeinderats-Sitzungen kaum Zuhörer das Rats-Geschehen aus erster Hand verfolgen? Wird möglicherweise zuviel Interessantes nicht-öffentlich beraten?
Darauf kann ich Ihnen leider keine Antwort geben. Zwar haben wir in nahezu allen Gemeinderatssitzungen Zuhörer, es könnten jedoch durchaus mehr sein. Dafür, dass es nicht mehr sind, wird es viele individuelle Gründe geben. Dass zu viele Sachverhalte nichtöffentlich beraten werden, ist mir als Begründung aber zu einfach. Schließlich sind dem auch gesetzliche Grenzen gesetzt. Selbst bei vermeintlich interessanten Themen sind kaum Zuhörer da. Zudem scheint es ja landauf landab bei allen Gemeinden ähnlich zu sein.
Sie wohnen mit Ihrer Familie nach wie vor in Wutöschingen. Haben Sie als Bürgermeister von Ühlingen-Birkendorf dort wenigstens einen Lieblingsplatz gefunden?
Den habe ich: Der Wartbuck nördlich von Brenden – ein herrlicher Ort der Ruhe, mit Blick über das Schwarzatal.
Was würden Sie als Ihre persönlichen Stärken ins Feld führen?
Ich stehe für viel Engagement, klare Positionen, transparente Entscheidungen und habe stets ein offenes Ohr für die Bürgerinnen und Bürger.
Die Ortschaftsräte sind ein Relikt der Gemeindereform und ein Zugeständnis in Sachen Selbstverwaltung in den Dörfern, in denen es ja einst starke Widerstände gegen die Fusion gegeben hat. Wie beurteilen Sie die Arbeit dieser Gremien? Ist es vorgekommen, dass Sie als Bürgermeister dort direkt in Abläufe eingreifen mussten?
Ihre Einschätzung, dass die Ortschaftsräte ein Relikt aus alten Zeiten sind, kann ich nicht teilen. Gerade in Flächengemeinden wie der unseren haben Ortschaftsräte auch heute noch ihre Daseinsberechtigung. Sie sind Ansprechpartner von Ort, nehmen Anregungen und Ideen auf, bringen sich ein und unterstützen damit die Verwaltung, den Gemeinderat und auch mich. Insbesondere den Ortsvorstehern kommt eine große Bedeutung zu. Sie erledigen viele Dinge direkt. In die Arbeit vor Ort eingreifen muss ich nicht. Die Ortsvorsteher erledigen das gemeinsam mit den Ortschaftsräten sehr professionell. Wenn es Fragen oder Erläuterungsbedarf gibt, haben wir einen sehr kurzen Draht, sei es zu mir oder zu den Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung. Gerne nehme ich auch an Ortschaftsrats-Sitzungen teil, wenn es Bedarf gibt. Das hat dann aber nichts mit „eingreifen“ zu tun, sondern eher mit gegenseitiger Unterstützung.
Welches sind für Sie die großen Herausforderungen, wenn Sie für eine zweite Amtszeit gewählt werden?
Wir stehen vor großen Investitionen in den Bereichen Breitband-Ausbau, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Die Weiterentwicklung unseres Betreuungsangebots in den Kindergärten und Schulen bleibt eine Daueraufgabe. Auch möchten wir neues Bauland schaffen. Die Sicherung der Hausarzt-Versorgung, die Sanierung unseres umfangreichen Straßennetzes… die Herausforderung wird darin bestehen diese Investitionen in einem vernünftigen Zeitraum umzusetzen während sich die finanziellen Rahmenbedingungen wohl spürbar verschlechtern werden.
Welche Erwartung haben Sie als Allein-Kandidat hinsichtlich der Wahlbeteiligung am 20. September?
Eine Prozentzahl möchte ich nicht nennen. Ich würde mich sehr freuen, wenn möglichst viele Wählerinnen und Wähler an die Wahlurne gehen würden. Dafür habe ich in den letzten Wochen geworben.
Man sieht Sie an Fasnacht als Posaunenspieler im närrischen Zug. Bei welcher Musik können Sie am besten abschalten?
Posaune spiele ich tatsächlich sehr gerne, aber leider viel zu selten. Abschalten kann ich eher bei Sport oder beim Spielen mit meinen Kindern. Wenn ich Musik höre, dann meist von Jack Johnson oder Billy Joel.