Dorothée Kuhlmann

Es blüht überschwänglich, doch wo sind die Bienen? Diese Fragen stellten einige Garten- und Naturfreunde in den vergangenen Tagen. Natürlich sind Bienen, Wildbienen, Hummeln und Co. unterwegs, aber angesichts der Blütenpracht fällt doch eine relativ geringe Zahl an Honigbienen auf. Wo sind die fleißigen Tierchen?

Die Bienen sind da, aber noch nicht in voller Mannschaftsstärke.
Die Bienen sind da, aber noch nicht in voller Mannschaftsstärke. | Bild: Dorothée Kuhlmann

„Noch nicht da“, so die kurze Antwort von Bernhard Heer, leidenschaftlicher Hobbyimker und Vorsitzender des Imkerverein Schlüchttal. Die kurze Form der Analyse lautet: zu früh, zu trocken, zu wenige. „Es überwintert ja immer nur ein kleiner Teil des Bienenvolkes mit der Königin“, führt Bernhard Heer aus. Zu einer Traube kuscheln sich die Winterbienen um ihre Königin zusammen und können so eine Temperatur von 30 bis 35 Grad im Innern der Traube um die Königin halten.

Milder Winter

Dabei wechseln sich die Bienen in ihrer Position in der Traube regelmäßig ab. Doch der Winter war so mild, dass die Bienen nicht lange genug in die notwendige Ruhe gekommen sind. „Werden die Bienen immer wieder aktiv, so kostet sie das viel Kraft“, erklärt Heer. Die Winterbienen, die jetzt als erste ausfliegen, sind also geschwächt.

Gegen Ende März hat die Königin begonnen die ersten Eier zu legen. Der Zeitpunkt ist völlig normal. Bis zum Schlüpfen der ersten Jungbienen dauert es dann 21 Tage. Die müssen dann erst einmal Innendienst verrichten; Stock putzen, beim Füttern helfen, Wache schieben am Stockeingang. Das dauert auch noch einmal etwa 21 Tage. Erst dann werden die jungen Bienen zu Sammelbienen. „Das ist eine einfache Rechnung: Es gibt einfach noch gar nicht so viele Sammelbienen“, sagt Bernhard Heer. Eigentlich für die Jahreszeit völlig normal.

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Doch der warme April hat die ganzen Frühjahrsblüher sprießen und jetzt auch blühen lassen. So blüht jetzt alles zur gleichen Zeit, auch bei den Obstbäumen. Ein toller Anblick, aber die wichtigen Bienen sind noch nicht da. „Die Völker erreichen erst im Mai ihre Trachtstärke“, erläutert Bernhard Heer. Die Bienen, die jetzt da sind, können gar nicht die vielen Blüten besuchen. Dann kommt noch das Wetter dazu. Honigbienen fliegen optimal bei 20 Grad. Allerdings mögen sie starken Wind nicht so gern. Und der Flug muss sich lohnen.

Aber es gibt doch genügend Blüten?

Durch die Trockenheit produzieren die Blüten nicht so viel Nektar, und der trocknet zum Teil durch den Wind auch noch ein. Finden die Spürbienen keine ergiebigen Nektarquellen, wird nicht ausgeflogen und unnötige Energie verschwendet.

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Vergleichbares gilt für Wildbienen und Hummeln. Die überwintern in der Regel als Solitärköniginnen. Auch diese sind jetzt erst dabei, ihre Völker wieder aufzubauen. „Das ist normal um diese Zeit, und die Entwicklung der Völker dauert nun mal die entsprechende Zeit“, erklärt der leidenschaftliche Imker. Normalerweise blühen ja auch im Mai erst Obstbäume und viele andere Blumen. „Das wird jetzt das Problem. Wenn die Völker ihre Trachtstärke erreichen, ist die üppige Obstblüte schon vorbei.“

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In diesem Jahr sei es besonders wichtig, dass Blumenwiesen mit späten Frühjahrsblühern und Sommerblumen angelegt werden, betont Bernhard Heer. Die Imker können ihren Völkern mit einer sogenannten Trachtlückenfütterung bis zu einem gewissen Grad helfen. „Das kann aber den Nektar mit all seinen Inhaltsstoffen einfach nicht ersetzten“, so der erfahrene Imker. Die Folge wären geschwächte Bienenvölker, die anfälliger für Krankheiten und damit auch für die Varroa-Milbe und Folgekrankheiten wären.

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Die Wildbienen und Hummeln und die vielen anderen Insekten können sich aber nur von den Blüten in der Landschaft ernähren. Am wichtigsten sei jetzt aber erst einmal der Regen, sonst können auch Blumenwiesen nicht gedeihen. „Es zeigen sich grade sehr deutlich die empfindlichen Zusammenhänge in der Natur“, stellt Bernhard Heer heraus. „Ohne Blüten keine Bienen, ohne Bienen keine Früchte!“ Und das Ganze muss dann zeitlich auch zusammen passen, so das abschließende Fazit des Imkers.