Gudrun Deinzer

Der Lebensraum der Bienen hat sich verändert, nicht nur in den großen Städten, sondern auch hier im Schwarzwald. „Die Situation der Biene hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Nach dem Auftauchen der Varroamilbe haben die Imker viel herumexperimentiert“, sagt Siegmund Hirt, Vorsitzender des Imkervereins Bonndorf.

Das Gesumme am Bienenstand in Bonndorf ist groß. Max Nägele (links) und der Vorsitzende des Imkervereins, Siegmund Hirt, freut das. ...
Das Gesumme am Bienenstand in Bonndorf ist groß. Max Nägele (links) und der Vorsitzende des Imkervereins, Siegmund Hirt, freut das. Allerdings gibt es auch in der Umgebung immer wieder rätselhafte Verluste. Bilder: Gudrun Deinzer

Heute gäbe es hier nicht weniger Bienen, sondern andere, weil die Imker andere, widerstandsfähigere Arten hielten. „Das sind richtige Hochleistungsbienen.“ Sie würden sich besser vermehren als die früher eingesetzten Arten. Verändert hätte sich auch die Gesellschaft der Imker – sogar in der Wahrnehmung des Imkervereins zum Besseren: „Jüngere Imker kommen nach und tauschen sich aus. Früher haben sie ihr Wissen für sich behalten.“ Und die Gesellschaft wird auch kleiner. Wo einst jeder Hof einige Völker gehalten habe, seien es heute wenige, die deutlich mehr Völker hielten und diese seien auch bis zu drei Mal größer als die früher übliche Völkergröße.

Verschiedene Ursachen

Die Wildbiene sei allerdings tatsächlich rückläufig. Die Krankheiten, eingeschleppt durch Pfade, die sich mit der Globalisierung ergeben haben, seien eine Ursache dafür. „Unsere Landwirte sind zum Erfolg verdammt und betreiben intensive Landwirtschaft, darin liegen auch einige Ursachen“, meint Siegmund Hirt. Mindestens eine Mahd mehr und zwar die erste, bevor die Wiesen wirklich geblüht hätten, Monokulturen und auch die Düngung, etwa durch Biogasanlagen-Überbleibsel, die den Bodenbrütern zu Leibe rückten, wären mitverantwortlich für den Rückgang von Insekten ganz allgemein. Allerdings möchte Siegmund Hirt den Landwirten keineswegs den schwarzen Peter zuschieben. „Da gibt es auch viele Maßnahmen, die zum Ausgleich ergriffen werden“, so Hirt.

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Tatsächlich ist Philipp Käppeler aus dem Bonndorfer Ortsteil Boll einer der größeren Landwirte der Umgebung, mit Viehhaltung, Grünland, Ackerbau und auch einer Biogasanlage. „Bienen gibt es laut Zählungen mehr als je zuvor“, so Käppeler, der den Einfluss der Landwirtschaft auf Insekten gar nicht bestreitet. Das Bayerische Volksbegehren hält er für wenig aussagekräftig. „Alle sind für die Biene, ich auch. Gibt es jemanden, der so etwas nicht unterschreiben kann?“ Dass das Grünland für die Viehwirtschaft wegen des höheren Eiweißgehalts des jungen Futters öfter geschnitten wird, beeinflusse das Insektenleben. Auch seien Monokulturen für Bienen wenig attraktiv.

Auch Umweltgifte schaden Insekten

„Da wird es schon einsam für Insekten“, sagt Philipp Käppeler. Auch Umweltgifte, wie Insektizide, die eingesetzt würden, übrigens auch von Obstbauern, schaden den Insekten. „Das Fachwissen der Landwirte ist allerdings inzwischen sehr differenziert. So etwas wird nur nachts ausgebracht und auch vor der Blüte.“ Auch verweist Käppeler auf 40 Hektar Hecken auf der Gemarkung Bonndorf, auf Blühstreifen am Rand der Felder oder auf Landwirte mit weniger Viehhaltung, die – vom Land gefördert – Bienenweiden unterhalten würden.

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Insgesamt wehrt sich Philipp Käppeler dagegen, dass allzu gerne Leistungen, wie etwa ein eigentlicher „Betriebszweig Bienenschutz“ zum Nulltarif von Landwirten gebracht werden sollen. Wenn dies der Gesellschaft etwas Wert sei, könne sie dafür auch Geld investieren. Der Insektenschutz sei Sache aller. Ebenso hinterfragt werden sollten versiegelte Gärten, Innenstädte, die bei Tag und Nacht hell sind, Dauer-Rasenroboter-Einsatz im Vorgarten oder städtische Grünflächen ohne jegliche Blumeninsel.

„Insekten haben keine Lobby“

Sebastian Herb, einer der größten Imker der Gegend und der Initiator des Holzschläger Bienenpfads, hat verschiedene Blickwinkel auf das Thema. Artenvielfalt werde schon wegen der unterschiedlichen Wahrnehmung mit verschiedenen Maßstäben bewertet. Ein paar Insekten oder Pflanzen weniger fielen nicht so auf, wie es das Verschwinden größerer Tiere tun würde. „Insekten haben keine Lobby. Man könnte provozierend fragen, wozu wir überhaupt Füchse oder Rehe brauchen. In den Augen eines Försters sicher weniger“, meint er.

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Aber niemand wisse, was passiert, wenn man das eine oder andere Tier nicht mehr vorfinden würde. „Das ist mehr eine philosophische Frage. Wir haben einfach nicht das Recht, Artensterben voranzutreiben“, womit sich die Pflicht ergäbe, sich für Artenschutz einzusetzen. Der Imker Sebastian Herb hat Verständnis für jeden Landwirt: „Natürlich gibt es verschiedene Ausprägungen von intensiver Landwirtschaft. Aber wir reden von Kollegen, die mit hohen Investitionen ihr Geschäftsfeld betreiben müssen.“ Die Wildbiene sei nur ein Teil des Problems Artensterben und für die Bestäubung etwa von Obstanbauflächen schon längst nicht mehr relevant.

Schon vor dem Winter abgearbeitet

Die längere Flugperiode von Bienen setze den Völkern auch in ganz anderer Hinsicht zu, erläutert der Vorsitzende des Bonndorfer Imkervereins, Siegmund Hirt: „Unsere Winterbienen sind schon abgearbeitet, wenn der Winter erst einmal anfängt. Denn die haben zwei Monate länger zu tun, in denen sie sonst bereits im Stock Kraft für das Frühjahr gesammelt haben.“ Das könnte eine Erklärung für Vereinsmitglied und Hobbyimker Max Nägele sein, der immer wieder hohe Verluste im Winter zu beklagen hat, an drei Standorten allerdings unterschiedlich. Wenn das so weiter ginge, würde er das untersuchen lassen, so Nägele. „Meinen Bienen geht es sehr gut“, freut sich Sebastian Herb. Das sei allerdings nicht allgemeingültig. „Nach manch einem Winter ist das eine Katastrophe, man weiß aber praktisch nie, woran das wirklich liegt.“