Peter Rosa

Endlich ist der Frühling da. Zweistellige Plusgrade und ergiebiger Sonnenschein erwecken die Natur zu neuem Leben. Überall summt, zwitschert und blüht es. Besonders in den Kleingartenanlagen, wie beim Kleingärtnerverein Waldshut-Tiengen am Tiengener Kaltenbach. Neben der Eigenversorgung mit Gemüse hat sich der Kleingarten in den vergangenen Jahren, besonders auch unter jungen Familien mit Kindern, immer mehr zu einem Freizeit- und Erholungsort entwickelt. Damit die eigene kleine Natur-Oase bald hübsch, gemütlich und voller ertragreicher Pflanzen ist, gibt es aber noch viel zu tun. Denn grundsätzlich besagt die Gartenordnung des Vereins, dass rund ein Drittel der Fläche Nutzgartenfläche sein soll.

Kräuter, Gewürze und Obst

Ursula Porz rammt ihre Hacke mit Schwung in das Erdreich. Damit in ihrem neuen Garten etwas wachsen kann, muss sie den stark verdichteten, lange vernachlässigten Boden erst einmal auflockern – eine der leidigen Pflichten eines jeden Kleingärtners zu Saisonbeginn. „Es braucht Geduld“, sagt die 58-jährige gelernte Fußpflegerin, die auf dem Tiengener Wochenmarkt regelmäßig ihre Kräuter und Gewürze anbietet. Ihren rund 260 Quadratmeter großen Garten hat sie erst vor vier Wochen bezogen. Anpflanzen will sie hier bald „querbeet“, angefangen beim Basilikum, über Beerenobst bis hin zur Heilpflanze Schisandra. Den Apfelbaum in der anderen Hälfte ihres Gartens will Ursula Porz stehenlassen, nur um den Rasen drumherum will sie sich mit Biodünger und Mäher noch kümmern. Und auch für die kleine Hütte hat die Kleingärtnerin schon die eine oder andere Renovierungsidee.

Ursula Porz kämpft in ihrem erst kürzlich bezogenen Garten gegen verfestigten Boden. Schon bald sollen hier verschiedenste Kräuter ...
Ursula Porz kämpft in ihrem erst kürzlich bezogenen Garten gegen verfestigten Boden. Schon bald sollen hier verschiedenste Kräuter gedeihen. Danach ist der Umbau der Laube dran. Bild: Peter Rosa

Tonfiguren und Wasserspiel

Lothar Schäuble hat auch in diesem Jahr viele Ideen für seinen Garten. „Ich gehe hauptsächlich auf Schönheit“, sagt der 62-jährige Disponent, während er gerade zwei Tonfiguren im Eingangsbereich platziert. Gleich dahinter hat er gerade erst den Bereich um sein Wasserspiel aufgeräumt und für den Frühling fit gemacht. Seinen rund 350 Quadratmeter großen Garten pachtet er bereits seit 27 Jahren. Als nächstes will er sich um den kleinen Pool kümmern, damit die Enkel darin spielen können. Das Wasser dafür kommt aus dem Grundwasserbrunnen, der, ebenso wie die Wasserspiele, mit Solarstrom betrieben wird. Ebenfalls steht die demnächst die Aussaat im kleinen Gemüsebeet an.

Tomaten und Feigen

Natale Santangelo weist mit Schaufel und Heckenschere die zu ehrgeizigen Gewächsen in seinem Beet in die Schranken: „Man muss alles wegschneiden, was sich zu sehr verbreitet“, erklärt der 71-Jährige. Der Rentner hegt und pflegt seinen rund 400 Quadratmeter großen Garten bereits seit zweieinhalb Jahren in Tiengen. Unkraut sei das zwar nicht, Ordnung müsse aber trotzdem sein. Als nächstes will er sich um das Lockern der Erde in seinen Beeten kümmern. Das kleine Tomatengewächshaus ist bereits startklar. Dort wachsen sogar schon die ersten Feigen. Der Grill steht auch schon bereit, falls Besuch vorbeikommt. Den Hobbygärtner und seine Lebensgefährtin findet man fast jeden Tag in ihrem kleinen Paradies an der Wutach.

Natale Santangelo geht in seinen Beeten dagegen vor, dass sich einzelne Pflanzenarten zu sehr ausbreiten. Bild: Peter Rosa
Natale Santangelo geht in seinen Beeten dagegen vor, dass sich einzelne Pflanzenarten zu sehr ausbreiten. Bild: Peter Rosa

Gärtnern nach dem Mondkalender

Peter Stoll, Vorsitzender des Kleingärtnervereins Waldshut-Tiengen, hat seine Frühlingsvorbereitungen fast abgeschlossen. „Ich richte mich in meinem Garten streng nach dem Mondkalender“, sagt der 64-jährige Logistiker. Das schönste für den leidenschaftlichen Gärtner ist es, Gemüse für den Eigenbedarf anzubauen, bei dem er genau weiß, wo es herkommt und was drin ist: „Bei mir ist alles 100 Prozent Bio.“ Bereits im Winter hat er die Hälfte seiner Beete umgegraben, in der anderen Hälfte wachsen seit der kalten Jahreszeit Rosenkohl, Feldsalat oder Zuckerhut. Im Sommer kommen dann Exoten wie kanarischer oder türkischer Kopfsalat hinzu. Bei den Vorbereitungen und auch dem Bewirtschaften seines Gartens habe aber jeder so seine eigene Philosophie. Besonders die unterschiedlichen Böden in der Kleingartenanlage, die von der früheren Nutzung als landwirtschaftliche Äcker herrühren, machen unterschiedliche Herangehensweisen notwendig.

Peter Stoll, Vorsitzender des Kleingärtnervereins Waldshut-Tiengen, hat mit Muskelkraft und Hacke bereits im Winter begonnen, seinen ...
Peter Stoll, Vorsitzender des Kleingärtnervereins Waldshut-Tiengen, hat mit Muskelkraft und Hacke bereits im Winter begonnen, seinen Gartenboden auf den Frühling vorzubereiten. Schon bald werden hier verschiedene Gemüsesorten wachsen. Bild: Peter Rosa
  • Geschichte der Kleingärtnerei: Die Entwicklung von Hobby- und Freizeitgärten geht auf Kloster- und Bauerngärten, die zur Selbstversorgung dienten. Vor allem während der industriellen Revolution am Anfang des vergangenen Jahrhunderts flüchteten sich meist vom Land stammende Arbeiter aus den schnell wachsenden Städten und urbanisierten Regionen in ihrer wenigen Freizeit in die kleine Idylle ihrer Gärten. Diese dienten auch hier wieder zur Selbstversorgung mit vitaminreicher Ernährung.
  • Heutige Nutzung von Kleingärten: Kleingärten entwickeln sich heute immer mehr zum familiären Erholungsort, während der Bedarf an Eigenversorgung mit selbstangebautem Obst und Gemüse allmählich in den Hintergrund rückt. Für die meisten Pächter gehört das Anbauen von Nutzpflanzen aber dazu. In der Regel schreiben Kleingartenvereine in ihren Gartenordnungen vor, dass ein bestimmter Teil der Fläche durch seinen Pächter für die Aufzucht von Nutzpflanzen zu verwenden ist.
  • Zahlen: Die Kleingartenanlage in Tiengen besitzt 104 Gärten zwischen 110 und 440 Quadratmetern Fläche mit rund 20 000 Quadratmetern Gesamtfläche. Der Verein wurde 1976 gegründet. Vorsitzender ist Peter Stoll.